Über die Sehnsucht zu glauben

Von Susanne Mack |
Den Leipziger Maler Michael Triegel titulieren manche als "den jungen Raffael". Doch die altmeisterliche Schönheit seiner Bilder kommt mit irritierenden Botschaften daher. Irritierend für Betrachter, die sich in ihrem Glauben allzu sicher fühlen. Aber auch für solche, die meinen, gänzlich ohne Glauben auszukommen.
Sankt Laurentius zu Ebern, eine Pfarrkirche im Fränkischen. In einem Seitenschiff ein Flügelaltar, altmeisterlich schön. Auf den ersten Blick – das sieht aus wie 16. Jahrhundert. Italien. Caravaggio hatte solche Farben. Aber dieser Altar hier ist neu.

Wir machen Halt vor einem Bild, das uns sogleich bezaubert. Bezaubert und entsetzt zugleich. Denn dieses Bild ist wundervoll, voll der Wunder nämlich. Und dieses Bild ist brutal.

" Tief in der Nacht auf einem Felsen. Abraham, ein sympathischer Greis mit schwarzgrauen Locken und traurigen Augen, hat seinen Sohn Isaak zum Richtplatz geführt. Ein wohlgestalteter junger Mann, dem Vater in Demut ergeben. Er reckt ihm den nackten Hals entgegen, bereit, den Todesstoß zu empfangen. - Doch Abraham gleitet der Dolch aus den Händen, von einer unsichtbaren Macht entführt."

Triegel: " Zum einen ist es ja für uns heute fast das Unglaublichste, was von einem verlangt werden kann: Wenn Du an mich glaubst, dann töte Dein Kind."

Michael Triegel. Vater einer Tochter. Er hat dieses Bild gemalt:

" Und da fragt man sich natürlich sofort, wie es natürlich häufig im Alten Testament ist: Was ist das für’n Gott, der so was verlangen kann ? Ist das tatsächlich ein Gott der Liebe, der diese Forderung stellt? Könnte ich das jetzt erfüllen? Könnt’ ich natürlich nicht. "

Michael Triegel hat nicht nur dieses Gemälde von Abrahams Opfer geschaffen, sondern alle Bilder des neuen Altars in Sankt Laurentius zu Ebern. - Früher stand an dessen Stelle ein Kunstwerk aus den Zeiten des Barock. Das ist im Winter 2004 verbrannt.

Lessen: " In der nachweihnachtlichen Zeit haben fromme Seelen auf diesem Altar Kerzen entzündet. Und mit dem trockenen Tannengrün gab es eben eine Entzündung des Altares, und er brannte ab. Frömmigkeit führt nicht immer zum gewünschten Erfolg."

Jürgen Lenssen. Er ist Domkapitular von Würzburg und außerdem Referent für Kunst und Kirchenbau in dieser Diözese:

" Und dann war die Frage, was nun geschehen soll. Meine Position war, einen Künstlerwettbewerb auszuschreiben. Und dann zu dieser Ausstattung der Eberner Pfarrkirche, die von der Gotik bis in das 19. Jahrhundert reicht, nun ein Werk auch des 21. Jahrhunderts hinzuzufügen. Die Gemeinde hat Künstlerinnen und Künstler aufgetan. Das ging bis zu einer Abiturientin, die Leistungskurs Kunst hatte in Ebern oder in Haßfurt. Einige wurden aus dem Internet herausgezogen, unter anderem der Lüftel - Maler von der Frauenkirche in Dresden, der sie so schön innen ausgemalt hat, so dass sie ausschaut wie eine holländische Dreh-Leierorgel in ihrer Bemalung, und ich habe Michael Triegel in’s Spiel gebracht. Es wurde eine Jury gegründet, wie es bei uns üblich ist, und es war dann sehr schnell klar, wer den Auftrag bekommt: Michael Triegel."Gottes Wort". Dieses Thema hat die Eberner Gemeinde dem Künstler übermitteln lassen. Mit der Bitte, es für den Altar in’s Bild zu setzen. - Michael Triegel:

" Man hatte sich eigentlich was anderes gedacht als ich am Ende ausgeführt hab’. Man dachte, aus der Bergpredigt was darstellen zu lassen. Das wäre mir aber zu narrativ, illustrativ gewesen. Ich dachte, ich nehm’ das tatsächlich beim Wort: Szenen, welche Auswirkungen das Wort zeitigen kann."

Abraham, der im Begriff ist, seinen Sohn zu schlachten - weil Gottes Wort es so will. Die Eberner fürchtete, das was dem Künstler da vorschwebt, wird ein unerträgliches Bild.

Jürgen Lenssen: " Und in der Gemeinde hat es dann etwas rumort. Die Stimmung wurde besser, sie schlug um, als eine Abordnung der Gemeinde bei ihm war. "

Michael Triegel: " Heutzutage ist man ja nicht nur in der Gesellschaft, sondern, wie ich vermute, auch in der Kirche geneigt, alles etwas zu entschärfen. Es bestünde, glaub’ ich die Gefahr, dass es am Ende zu so ’ner Kuscheltheologie kommt: "Wir sind so karitativ, wir sind so gut!". Das ist alles auch wichtig, nur, ich glaube, wenn Religiosität funktionieren soll, dann muss sie die Gänze des Lebens irgendwo abdecken und, ähnlich wie die antike Tragödie, das, was eigentlich nicht zu ertragen ist, thematisieren. Wenn ich da manchen Gottesdienst erlebe, das ist alles sehr schön und mag alles sehr aufbauend sein, aber ich glaube, so die elementare Wucht, die Glaube auch sein könnte, die vermisse ich da oft genug. Und das war irgendwo der Versuch, darauf einzugehen."

Lenssen: " Nur, man darf nicht vergessen, dass diese Bilder - das ist ja auch ein Bild, diese Opferung des Isaak durch Abraham - dass diese Bilder von Menschen geschaffen worden sind. Als Deutungsgeschichten, als Verweisgeschichten. Dass es hier gar nicht so sehr um Historie geht, sondern um das Bemühen, diesem Mysterium Gottes irgendwo auf die Spur zu kommen, und es ist ein widersprüchlicher Gott. "

… dessen Wege für uns oft genug im Dunkeln liegen. Sich erst im Rückblick erhellen. Vor diesem Altar fällt’s einem wieder ein. – Und wieweit geht Dein Vertrauen in die die Güte Gottes? Was taugt schon Vertrauen als halbes Vertrauen, Abraham jedenfalls hatte ganzes Vertrauen. - Glauben. Heißt das vielleicht: ganzes Vertrauen haben, was immer auch geschieht? - Gedanken vor einem Altarbild von Michael Triegel. Das ist erschütternde Kunst. – Gott sei Dank ! meint Jürgen Lenssen:

" Wenn dieser Altar die Wirkung hätte, dass er die Gemüter beruhigen würde, hätte er seinen Namen nicht verdient."

Triegel: " Es mag vielleicht sogar angefangen haben aus ’ner kunstgeschichtlichen Vorliebe heraus, die ich immer hatte. Also, ich hab’ immer das 16. Jahrhundert für mich sehr geliebt und geschätzt. "

Der Künstler über seine ursprüngliche Begegnung mit dem Christentum, die eine Begegnung mit christlicher Kunst gewesen ist. - In Sachen "Kirche" spricht Triegel als ein Außenstehender:

Triegel: " Na klar, aber vielleicht gerade deshalb mit etwas klarerem Blick. Ich bin nicht getauft, ich hab’ natürlich meine Sympathien, und insofern war natürlich auch der Auftrag von ’ner katholischen Kirche, während ich letztes Jahr für die evangelische Kirche schon ’nen Altar gemalt hatte, mir sehr lieb, und ich war natürlich sehr glücklich, das machen zu können. "

Auch die Auftraggeber in Ebern dürfen sich glücklich schätzen, Michael Triegel für diese Arbeit gewonnen zu haben. Der Künstler aus Leipzig ist ein gefragter Mann. Nicht nur in Deutschland. Seine Werke bereichern Privatsammlungen in ganz Europa und in den USA. Auch zahlreiche öffentliche Museen schmücken sich inzwischen mit Triegel-Bildern, vom Dommuseum in Würzburg bis hin zum Minneapolis Institute of Art in Minnesota.

Auch im großen "Museum der bildenden Künste" zu Leipzig kann man neuerdings Bilder von Michael Triegel besichtigen. Endlich. Der musste sich erst in New York einen Namen machen, bevor die Heimat ihn zu schätzen wusste. Leipzig ist die Stadt, wo der 38jährige mit seiner Familie lebt. Und auch sein Studium absolviert hat. An einer Kunst-Akademie, die schon zur Goethe-Zeit geschätzt wurde: der Hochschule für Graphik und Buchkunst.

Triegel: " Naja, als ich anfing zu studieren, war gerade die Wende. Und da war natürlich auch an der Hochschule ’ne große Verunsicherung, die Frage zu stellen: Können wir überhaupt noch gegenständlich heutzutage arbeiten? Verlangt nicht der Kunstmarkt ganz andere Dinge von uns? Uns kennt keiner. "

Triegel hat sich nicht beirren lassen. Er ist beim Gegenständlichen geblieben, abstrakte Kunst ist seine Sache nicht. Wer seine Zeichnungen und seine Kupferstiche sieht, denkt unwillkürlich an Dürer oder an da Vinci.

Triegel: " Und da hatt’ ich wiederum mit meinen Lehrern letztlich großes Glück. Also, schon im ersten Studienjahr sagte der Ulrich Hachulla zu mir : "Ja, das was Sie machen…" find’ er gut, aber ich muss ’nen ziemlichen Dickkopf haben, um das dass durchzuhalten. Und ich bin ja dann im Fachstudium zum Arno Rink gegangen, und er war insofern ein ganz hervorragender Lehrer, dass er versucht hat, aus jedem seiner Schüler das herauszukitzeln, was eben unmittelbar diese Person ausmachte. Und da sind ganz unterschiedliche Künstler aus seiner Schule hervorgegangen. Also, die so genannte "Leipziger Schule", das sind ja fast alles Rink-Schüler, und eben von so unterschiedlichen Positionen, sei es Neo Rauch oder eben ich, wir haben von Rink unterschiedliche Sachen gelernt. Und da bin ich sehr glücklich, dass er einem freie Hand gelassen hat und einen etwas geleitet hat, aber nicht versucht hat, " kleine Arno Rinks " zu verfertigen. "

Vaitl: " Michael Triegel als Person hat mir einen sehr großen Eindruck gemacht. Denn so die Frische und Lebendigkeit, mit der er an sehr interessante, möchte ich manchmal schon sagen: sehr verstaubte Themen herangeht, die hat mir ausgesprochen zugesagt. Er geht zwar von der Tradition aus, aber dann kommt schon das Augenzwinkern hinein und eine ganz scharfe Ironie, und das macht natürlich seine Bilder für mich hoch spannend. "

Dieter Vaitl. Er ist Professor für klinische Psychologie, dazu ein Kenner und Sammler bildender Kunst. Michael Triegel hat ein Triptychon für ihn gemalt. Drei Tafeln zu einem Thema - "Prometheus".

Vaitl: " Ja, wir haben uns über verschiedene Dinge unterhalten, und da meinte ich, es wär’ doch ganz interessant, wenn er dieses schillernde antike Figur mal irgendwie versinnbildlichen, in ein Gemälde bannen könnte. Prometheus gefällt mir. Wegen der enormen Gespaltenheit, wegen der unglaublichen Frechheit. Es heißt ja, er ist der Vorausdenkende, und der, der das Zukünftige im Blick hat, insofern ist es für mich eigentlich eine Symbolfigur für die Wissenschaft auch. "

Triegel: " Der Bezug ist ja schon angedeutet in der linken Prometheustafel, wo er das Feuer bringt. "

Eine brennende Fackel in der Hand, schwebt Prometheus vom leuchtenden Himmel zur dunklen Erde nieder. Mitten unter die Menschen. Doch niemand weiß sie zu schätzen: diesen Göttersohn und sein himmlisches Geschenk. Ein junger Mann verschläft die Ankunft des göttlichen Feuers. Ein zweiter schlägt die Hände vor die Augen, das Licht ist ihm unangenehm. Nur eine Frau ist auf die Knie gesunken um dieses Feuer anzubeten, allerdings mit verbundenen Augen.

Vaitl: " Man versucht natürlich, Licht irgendwo hineinzubringen. Ob das den Menschen gefällt oder nicht. Und ich als Psychologe kann ja da manchmal ein Lied davon singen, also, wie verstockt Menschen sein können, auch, wie dumm sie sind, und dass sie nicht unbedingt erleuchtet werden wollen. Auf der einen Seite will man was Gutes tun, aber das kann fürchterlich daneben gehen, insofern ist das für mich ein ganz entscheidender Punkt bei dieser Figur. "

Griechische Helden. Römische Götter. Christliche Märtyrer. Opulente Faltenwürfe, Lilien, Messer, Pferdeschädel : Tiegel liebt das surreale Arrangement. Aber er ist auch gefragter Portrait- Maler : Die Äbtissin des Klosters von Helfta hat Triegel ebenso Modell gesessen wie Mode-Macher Wolfgang Joop.

Weil aber christliche Gemeinden Triegels Ideenkosmos besonders schätzen, wird er von manchen schon als Kirchenmaler gehandelt :

Triegel: " Ja, das ist natürlich lustig, (lacht) dass gerade ich das hören muss, als armes Heidenkind ! - Gott, Caravaggio und Raffael waren auch Kirchenmaler, und insofern bin ich nicht in der allerschlechtesten Gesellschaft."

Merkwürdig, dass einer, der sich offen als "armes Heidenkind" titulierte, einen Altarbild nach dem anderen malen darf – für evangelische wie auch für katholische Kirchen.

Wir fragten Jürgen Lenssen, den Domkapitular von Würzburg: Wie finden Sie’s, wenn Triegel sagt: "Ich bin ein armes Heidenkind ." Nehmen sie ihm das ab?

Lenssen: " Nein. Aber ich hab’ auch Respekt vor Heiden. – Nein, schauen Sie, im Bereich der Kunst darf ich nie die Gretchenfrage stellen. Die Kunst wird nicht dadurch besser oder schlechter, dass einer religiös sozialisiert ist oder nicht, sondern entscheidend ist ganz allein, ich sag’ das mal ’n bisschen flabsig, dass er den Durchblick hat. Dass er hinter die Dinge schaut, und das, was nicht schaubar ist, zumindest so sichtbar machen kann, dass es neugierig macht, dieser Spur zu folgen. Das, was vordergründig vor Augen steht, muss diese Tiefe haben, muss diesen Spuren-Charakter haben : dann ist es Kunst. Und das versteht er fantastisch, und er ist religiöser als er denkt, er weiß es glaub’ ich auch, aber er kokettiert damit natürlich. "

Vor kurzem hat Triegel, das "arme Heidenkind", im Bistum Würzburg für einen handfesten Skandal gesorgt. Mit einem Ölgemälde von Christi Auferstehung.

" Christus. Ein schöner Mann in Siegerpose, nackt, wie der HERR ihn geschaffen hat. Eine leuchtende Gestalt in einem nachtschwarzen Raum. Zu seinen Füßen verschläft ein Jüngling das Ereignis dieser Zeitenwende. Er trägt einen Kranz von Weinlaub im Haar, wahrscheinlich Dionysos, der griechische Gott des Rausches. Zwei Frauen – Maria Magdalena und Martha vielleicht, in Trauer und Gebet versunken, nehmen dieses Gotteswunder ebenfalls nicht wahr. Einzig ein Geier begreift, was hier geschehen ist und macht sich enttäuscht davon. Im Vordergrund des Bildes ein aufgeschlagenes Buch, die letzten Seiten sind noch unbeschrieben. Ein Federkiel, von unsichtbarer Hand geführt, malt kunstvoll den ersten Buchstaben des "Neue Testaments". "

Das Bild hat ein Frankfurter Privatsammler gekauft und dem Museum am Dom in Würzburg gestiftet. Bis Anfang 2005 war es dort ausgestellt, zusammen mit einigen anderen Gemälden von Triegel. Dann haben die Würzburger ein neuer Bischof gewählt: Friedhelm Hofmann. Der verfügte noch vor Antritt seines Amtes: der Triegels Christus ist aus dem Dommuseum zu entfernen. Begründung: Die Nacktheit des Auferstandenen auf diesem Bild werde von vielen Christen als "anstößig" empfunden. Jürgen Lenssen, Kunstreferent der Diözese, musste sich der Anordnung seines Bischofs fügen - widerwillig, wie er sagt:

" Wenn die Nacktheit Anstoß erregt, der bloße Mensch, dann muss ich wahrscheinlich irgendwo Schwierigkeiten mit dem Menschen haben, und muss sehr viele Ängste haben. Aber es kamen natürlich auch kirchliche Stimmen, oder von bestimmten kirchlichen Gruppierungen. Ich konnte dann immer sehr ruhig auf den Vatikan verweisen. Der Vatikan hat von Eduard Bernard, etwa um 1925 entstanden, ein Bild eines Auferstandenen, das er in der ständigen Sammlung auch zeigt. Auf diesem Bild ist auch dieser Auferstandene vom Fußnagel bis zur Haarspitze und allem was dazwischen liegt, gezeigt. Also, befinden wir uns doch in guter, vatikanischer Tradition. "

"Wahr Mensch und wahrer Gott" – so erscheint Christus auf Triegels Gemälde von der Auferstehung. Muss es nicht lustvoll sein für einen Künstler, als "grand provocateur" zwischen den "Schwarzröcken" zu wandeln?

Dieter Vaitl, der Psychologe: " Wenn ein Künstler kein Provokateur ist, dann denk’ ich, hat er seine Mission verfehlt. Und Michael Triegel ist ja eigentlich so.., würd’ ich sagen vielleicht: verschmitzt – heimtückisch. Es werden wunderschöne Situationen dargestellt, nehm’ ich grad mal die religiösen Themen, wo man eigentlich so in die Knie’ sinken und die Hände falten möchte. Aber in dem Augenblick, wo man das tut… ja, merkt man: Moment ! Da gibt es ja noch irgendetwas, ja. Und dann löckt natürlich das Ganze wider den Stachel. Mich provoziert es insofern als es mich anregt, über ganz bestimmte Dinge nachzudenken. "

Triegel: " Ich mal’ ja wirklich nicht aus einer Provokation heraus. Es ist verrückt, dass es zuweilen doch sehr provozieren kann, was ich tue, und es erfreut mich auch, das zu sehen. Während oft genug zeitgenössischen Kunst sich auf die Fahnen geschrieben hat: "Jetzt werden wir’s erstmal denen allen zeigen, wie wir provozieren können!", will ich das ja gar nicht per se als Provokation verstanden wissen. Dass es am Ende manchmal provoziert, hab’ ich eigentlich gar nicht so intendiert. "

Anstelle seines Bildes von der Auferstehung ist im Würzburger Dommuseum jetzt ein kräftiger Wand-Haken zu besichtigen, umgeben von einem großflächigen Nichts. - Stummer Protest der Triegel – Enthusiasten unter den Freunden des Museums. - Triegels "Auferstehung" – im Magazin verstaubt und schon vergessen ? Im Gegenteil ! Der Bannfluch des Bischofs hat das Bild erst interessant gemacht. Nun wird es oft und gern von Ausstellungsmachern landauf landab erbeten.

Jürgen Lenssen: " Es hängt zurzZeit in Frankfurt. In einer Ausstellung mit Werken von Michael Triegel. - Wir zeigen es. Wir zeigen es zur Zeit nicht am Ort, aber ich darf vielleicht auf das Alte Testament verweisen, auf das Buch Kohelet, und da heißt es: "Alles hat seine Zeit." Das heißt, dass es nicht auf ewig draußen ist. "

Vaitl: " Hinter Michael Triegels Bildern, so wie ich ihn kenne, und was ich von ihm kenne, hab’ ich doch den Eindruck, es ist ein Versuch, irgendetwas in eine Form zu bringen, die einem hilft, das, was man an Sehnsüchten in sich spürt, auch greifbar zu machen. Und was ich immer wieder entdecke, ist, dass er diese Jungschen Archetypen bedient. Und die kommen ja aus einem tiefen seelischen Urgrund hervor, und bestimmen das, was uns gefällt, bestimmen, wovor wir Angst haben. "

Triegel : " Also, ich hätte schon die ungeheure Sehnsucht nach einem tiefen Glauben, der mir irgendwo auch Stütze sein könnte, das hab’ ich noch nicht, mein Damaskus-Erlebnis. Ich hoffe darauf, dass das vielleicht irgendwo stattfinden kann, aber ich thematisiere eigentlich die Sehnsucht danach. Und vielleicht ist das sogar für manchen Christen das, was es spannend macht, was ich hier so tue."

Lenssen: " Ja. - Ja, das nehm’ ich ihm ab. Und .. wer hat schon sein Damaskus-Erlebnis? Da kann man einen Paulus beneiden. Ich hab’ auch kein Damaskus-Erlebnis gehabt. Umso mehr ist man aber herausgefordert wie Abraham. Im Hebräer-Brief 8 heißt es: "Er wanderte, ohne zu wissen, wohin es ging."

Paulus und seine Damaskus-Vision. Michael Triegel hat eben dieses Thema gewählt für die Mitteltafel des Altars in Ebern.

" Ein kräftiges Pferd wirbelt durch die Luft, die Hufe gen Himmel gestreckt. Der Reiter liegt unten im Staub. Paulus. In Legionärs-Uniform. Geblendet schlägt er die linke Hand vor Gesicht. Mit der rechten wehrt er einer schwebenden Gestalt. Sanfte Züge und machtvoller Gestus - Christus. "

Vielleicht sind echter Zweifel und echter Glaube gar nicht so weit voneinander entfernt. Und echten Unglauben gibt es dort, wo Gott "kein Thema" ist. Wo man ganz selbstverständlich nicht glaubt. Aber auch dort, wo man ganz selbstverständlich glaubt.

Lenssen: " Ich habe mal in einer Predigt gesagt, hier im Dom: "Trau’ keinem Frommen. Man weiß nie, wo er das Messer hat und wann er es zückt! " Damit mein’ ich natürlich nicht den Menschen, der um diesen Gott ringt, sondern den, der sich brüstet, er sei gläubig, und er sei sich dieses Gottes sicher. - Paulus hatte eine Überzeugung, aber nicht diese endgültige Sicherheit, die manche , die vermeintlich religiös oder gläubig sind, vorgeben. Denn die wollen nur Gott im Kasten haben, und dann wird Gott instrumentalisiert. Paulus hat Gott nie instrumentalisiert. Er hat sich immer aus der Distanz, die wir Menschen haben, auf diesen Gott eingelassen. Und es zeichnet Michael Triegel und sein Werk aus, dass diese Distanz auch wahrgenommen werden kann. Und ich denke, dass er ein Maler unserer Zeit ist, der wie kaum ein anderer - vielleicht noch manche, die in abstrahierender Weise arbeiten – ein Spuren - Schenker ist , und das, was Gott anhaftet, nämlich Geheimnis zu sein, am besten, oder mit am besten, ins Bild setzt."