Über die Suche nach Liebe und Sinn
In Tschechows realistischem Sinnsucher- und Liebesleidstück "Die Möwe" stecken eine traurige Komödie und eine groteske Tragödie zugleich. Regisseur Jürgen Gosch hat in seiner Inszenierung am Deutschen Theater keine neue, originelle Interpretation versucht, sondern ist dem Stück und dem Menschen mit den Mitteln der Ausdruckskunst auf den Grund gegangen.
Der szenische Vorführort ist diesmal keiner dieser hellbraunen, leeren Kästen, in denen Jürgen Gosch sonst seine Schauspieler auf der Bühne in dauernder Anwesenheit ausstellt, wie zuletzt in seinem umjubelten "Onkel Wanja", sondern eine schmale, wiederum leere Vorbühne dicht am Publikum, deren hohe schwarze Rückwand die eigentliche Bühne und deren Breite und Tiefe verschließt. Auch diesmal sind alle Darsteller stets präsent, allerdings sitzen sie auf einer Bank an der Wand und beobachten das Lebensspiel der anderen äußerst aufmerksam.
Damit verdeutlicht Jürgen Gosch gleich zweierlei: dass es in diesem Stück immer auch um die Kunst und deren Wahrnehmung geht, und dass, wie Tschechow gegen die einfühlend atmosphärischen Inszenierungen Stanislawskis eingewandt hat, bei ihm weniger die Figuren ausdrücken, wer sie sind oder sein wollen, sondern dass sich die Menschen stets im Blick der anderen verdeutlichen.
Die berühmte Schauspielerin Arkadina und ihr junger Geliebter Trigorin, ein Schriftsteller, ihr sich schriftstellerisch versuchender Sohn Konstantin und die von ihm geliebte Nachbarstochter Nina, die Schauspielerin werden will, Mascha, die Tochter des Gutsverwalters, die Konstantin unerwidert liebt und die schließlich den wiederum sie unerwidert liebenden Lehrer heiratet, sie und die anderen suchen nach Liebe und Sinn, sie denken groß und handeln doch immer wieder klein.
Tschechows realistisches Sinnsucher- und Liebesleidstück ist ein theatralischer Seelenzergliederungsapparat, in dem eine traurige Komödie und eine groteske Tragödie zugleich stecken. Jürgen Gosch nun verliert sich keinen Augenblick in atmosphärischer Poesie, sondern er führt einfach Menschen vor, so wie es Tschechow geschrieben hat: "Wir beschreiben das Leben so wie es ist und weiter weder piep noch pup." So sehen wir Vorführtheater als Menschentheater.
Zu Beginn, wenn Nina Konstantins Stück vorführt, wird ein Felsbrocken auf die Bühne getragen. Auf diesem Stein balancierend, intoniert Nina mit schwerem, hohlen Pathos den Endzeit-Text Konstantins so, dass dessen angeblich neue Formen komisch verblasen wirken. Wie in dieser Inszenierung nun nicht etwa als-ob-Theater gespielt wird, wie also nicht Figuren vorgeführt, sondern Menschen transparent gemacht werden, das ist ein schauspielerisch-inszenatorisches Wunderwerk. Wenn Kathleen Morgeneyer ihrer Nina eine zarte Verletzlichkeit und jungmädchenhafte Linkischheit, aber in all deren Schwärmerei auch eine Resolutheit gibt, so entsteht eine anrührend durchscheinende Figur.
Maike Droste als Mascha, Alexander Khuon als Trigorin, Jirka Zett als Konstantin und das gesamte Ensemble sind einfach wunderbar, weil es Jürgen Gosch gelungen ist, alle Schauspieler zu enormer Präsenz in einem menschlichen Da-Sein zu bringen, deren Wahrhaftigkeit über ihr Bühnendasein hinauszureichen scheint. Hier werden Gefühle durchaus heftig, ja handgreiflich ausgedrückt, man fasst sich an, schlägt sich, zerrt sich an den Haaren, kugelt auf dem Boden übereinander, atmet schwer oder brüllt und drückt seine Gefühle auch im Gesang aus. Indem die Aufführung dabei vor allem hochkomödiantisch ist, macht sie die Tragik der scheiternden Menschen besonders deutlich.
Wenn die Gesellschaft am Schluss vom Selbstmord Konstantins erfährt, erstarren alle für Minuten bewegungslos. Erst der Darsteller Konstantins, der wieder auf die Bühne kommt, zum Schlussapplaus, beendet diesen bestürzenden Schlussakkord einer wunderbaren Inszenierung, die keine neue, originelle Interpretation versucht, sondern dem Stück und dem Menschen mit den einfachen Mitteln der Darsteller-Ausdruckskunst auf den Grund geht.
Damit verdeutlicht Jürgen Gosch gleich zweierlei: dass es in diesem Stück immer auch um die Kunst und deren Wahrnehmung geht, und dass, wie Tschechow gegen die einfühlend atmosphärischen Inszenierungen Stanislawskis eingewandt hat, bei ihm weniger die Figuren ausdrücken, wer sie sind oder sein wollen, sondern dass sich die Menschen stets im Blick der anderen verdeutlichen.
Die berühmte Schauspielerin Arkadina und ihr junger Geliebter Trigorin, ein Schriftsteller, ihr sich schriftstellerisch versuchender Sohn Konstantin und die von ihm geliebte Nachbarstochter Nina, die Schauspielerin werden will, Mascha, die Tochter des Gutsverwalters, die Konstantin unerwidert liebt und die schließlich den wiederum sie unerwidert liebenden Lehrer heiratet, sie und die anderen suchen nach Liebe und Sinn, sie denken groß und handeln doch immer wieder klein.
Tschechows realistisches Sinnsucher- und Liebesleidstück ist ein theatralischer Seelenzergliederungsapparat, in dem eine traurige Komödie und eine groteske Tragödie zugleich stecken. Jürgen Gosch nun verliert sich keinen Augenblick in atmosphärischer Poesie, sondern er führt einfach Menschen vor, so wie es Tschechow geschrieben hat: "Wir beschreiben das Leben so wie es ist und weiter weder piep noch pup." So sehen wir Vorführtheater als Menschentheater.
Zu Beginn, wenn Nina Konstantins Stück vorführt, wird ein Felsbrocken auf die Bühne getragen. Auf diesem Stein balancierend, intoniert Nina mit schwerem, hohlen Pathos den Endzeit-Text Konstantins so, dass dessen angeblich neue Formen komisch verblasen wirken. Wie in dieser Inszenierung nun nicht etwa als-ob-Theater gespielt wird, wie also nicht Figuren vorgeführt, sondern Menschen transparent gemacht werden, das ist ein schauspielerisch-inszenatorisches Wunderwerk. Wenn Kathleen Morgeneyer ihrer Nina eine zarte Verletzlichkeit und jungmädchenhafte Linkischheit, aber in all deren Schwärmerei auch eine Resolutheit gibt, so entsteht eine anrührend durchscheinende Figur.
Maike Droste als Mascha, Alexander Khuon als Trigorin, Jirka Zett als Konstantin und das gesamte Ensemble sind einfach wunderbar, weil es Jürgen Gosch gelungen ist, alle Schauspieler zu enormer Präsenz in einem menschlichen Da-Sein zu bringen, deren Wahrhaftigkeit über ihr Bühnendasein hinauszureichen scheint. Hier werden Gefühle durchaus heftig, ja handgreiflich ausgedrückt, man fasst sich an, schlägt sich, zerrt sich an den Haaren, kugelt auf dem Boden übereinander, atmet schwer oder brüllt und drückt seine Gefühle auch im Gesang aus. Indem die Aufführung dabei vor allem hochkomödiantisch ist, macht sie die Tragik der scheiternden Menschen besonders deutlich.
Wenn die Gesellschaft am Schluss vom Selbstmord Konstantins erfährt, erstarren alle für Minuten bewegungslos. Erst der Darsteller Konstantins, der wieder auf die Bühne kommt, zum Schlussapplaus, beendet diesen bestürzenden Schlussakkord einer wunderbaren Inszenierung, die keine neue, originelle Interpretation versucht, sondern dem Stück und dem Menschen mit den einfachen Mitteln der Darsteller-Ausdruckskunst auf den Grund geht.