Kathrin Klingner: "Über Spanien lacht die Sonne"
Reprodukt, Berlin 2020
128 Seiten, 20 Euro
Ein Comic über Hasskommentare im Netz
06:57 Minuten
Hass, Stuss, Gepöbel: Wer Online-Kommentare moderiert, ist alldem ständig ausgesetzt – so wie die Zeichnerin Kathrin Klingner. Sie hat über ihren belastenden Nebenjob ein Comic verfasst. Dort zeigt sie aber auch die anderen Seiten ihrer Arbeit.
Seit 2013 arbeitet die Comiczeichnerin Kathrin Klingner als Kommentarmoderatorin. Nun hat sie über die Erfahrungen in ihrem Nebenjob das Comic "Über Spanien scheint die Sonne" veröffentlicht. Dieser spielt im Jahr 2015, als die Flüchtlingsbewegung stattfand und sich massenhaft Hasskommentare im Netz entluden. Das Buch sei somit "eine Art historischer Comic der neueren Geschichte", so Klingner.
Eine Katze namens Kitty
Die Hauptfigur des Comic ist eine minimalistisch gezeichnete Katze mit dem Namen Kitty. Auch andere Rollen werden als Phantasiewesen dargestellt. Damit habe sie vermeiden wollen, dass die Figuren gleich nach Alter oder Herkunft eingeordnet werden könnten, sagt Klingner. Dies sei auch ein Signal an den Leser: "Nicht alles, was hier gezeigt wird, ist hundertprozentig autobiografisch."
Doch vieles im Comic sei aus ihrem Arbeitsleben, über das sie schon länger eine Geschichte verfassen wollte, sagt Klingner. Denn sie wollte zeigen, "was für unglaubliche Jobs es gibt, die man sich vor zehn Jahren nicht hätte vorstellen können – und wie Leute damit umgehen".
Vieles in "Spanien scheint die Sonne" sei fiktional, anderes, wie etwa die Kommentare, aber real. Um die Internetkommentare sei es ihr aber nicht gegangen. Hätte sie in den vergangenen Jahren einen anderen Job gemacht, wäre daraus ein Comic entstanden, versichert die Zeichnerin.
Nicht die Mehrheitsmeinung
"Dieser Job des Kommentare Moderierens ist ein extremes Beispiel, weil es gleichzeitig so zeitgenössisch und so schrecklich ist." Doch versuchten die Beschäftigten in der Branche, sich den Alltag schön zu machen oder lustig zu gestalten, berichtet Klingner. Dadurch entstehe in ihrem Comic ein Kontrast zwischen dem teilweise banalen Büroalltag und den Inhalten der Kommentare, die mitunter ein Bürgerkriegsszenario zeichneten.
Das Moderieren sei zunehmend belastend für sie, räumt die Zeichnerin ein. Doch habe es ihr geholfen zu wissen, dass sie daraus ein Comic machen würde. "Deswegen konnte ich das immer auch mit Distanz betrachten." Außerdem sei ihr bewusst, dass die massenhaften extremen Meinungen im Internet nicht der Mehrheitsmeinung in der der Gesellschaft entsprächen.
(rzr)