Fish & Chips und viele britische Pfunde
Die Briten sind die dicksten Europäer. Auch wenn das auf der Insel seit Jahren bekannt ist und Politiker den Röllchen ihrer Mitbürger mit gesunden Speiseplänen zu Leibe rücken – durchschlagenden Erfolg hatten sie bislang nicht.
"Ich habe jede Diät versucht, Cambridge-Diät, Weight Watchers und ich habe 10 bis 12 Kilo runter, aber weil ich fettleibig bin, müsste ich die Hälfte meines Gewichts verlieren. Ich hasse es, raus zu gehen, ich gucke immer nach unten. Ich mache mir Vorwürfe und fühle mich schuldig. Ich bin 27 und wiege 27 Stones."
Das entspricht immerhin 170 Kilo und damit ist Katie doch noch eine Ausnahme in Großbritannien. Allerdings gehören die Briten in Europa zu den beleibtesten und die Schotten stehen sogar an zweiter Stelle weltweit.
Insgesamt bringen zwei von drei Briten zuviel Kilos auf die Waage. Folge mangelnder Bewegung und des Siegeszugs von Snacks und Fast Food – ob Schokolade, süße Drinks Burger oder Fish and Chips. Und nur 25 Prozent der Männer und 29 Prozent der Frauen nehmen die von den Gesundheitsbehörden empfohlene Menge an Früchten und Gemüse zu sich.
Ausgerechnet Institutionen wie Krankenhäuser helfen keineswegs, sondern gehen oft mit schlechtem Beispiel voran.
"Snacks, die in Verkaufsmaschinen angeboten werden, enthalten viel Zucker und Fett und wenig sonst. Ein gutes Beispiel dafür, was wir eben nicht Patienten geben sollten. Heute morgen kam hier ins Krankenhaus ein Patient mit Angina Pectoris und Brustschmerzen – was hat er mittags bekommen: Makkaroni und Kartoffelbrei."
kritisiert der Glasgower Ernährungswissenschaftler Professor Mike Lean.
Jamie Oliver kämpft seit über zehn Jahren gegen schlechtes Schulessen
Starkoch Jamie Oliver wirbt schon seit über einem Jahrzehnt für eine ausgewogenere Ernährung der Kinder in Schulen. Damals, so sagt er, habe es mehr Vorschriften für Hundefutter gegeben als für Schulmahlzeiten. Das habe sich zwar geändert, doch:
"Ein Viertel der Kinder unter zehn Jahren ist übergewichtig und ein Drittel aller Kinder über elf. Wir sind die am wenigsten gesunden in Europa. Das kostet uns allein wegen der Fettleibigkeit fünf Milliarden Euro im Jahr, Diabetes kostet 12 Milliarden jährlich. Das können wir uns nicht leisten und ich bin wirklich besorgt."
Denn Jamie Olivers Erfolge sind bislang bescheiden. "Wir haben die dicksten Mädchen in Europa", titelte die Times Ende Mai. Und noch denkt jeder dritte Grundschüler, dass Käse aus Pflanzen gemacht wird.
Die neunjährige Martha Payne wurde vor zwei Jahren zum Internetstar mit sechs Millionen Lesern, als sie in ihrem Blog Fotos und Bewertungen ihrer Schulspeisen veröffentlichte: drei von zehn Punkten vergab sie für einen Löffel Mais, einen Löffel Reis und drei Frühlingsrollen.
"Ich startete meinen Blog, weil ich die Schulspeisen bewerten wollte, die niemandem wirklich schmeckten. Jetzt ist es jetzt leckerer geworden und es gibt es auch größere Portionen. Eine große Verbesserung."
Die Regierung tröstet sich damit, dass inzwischen der Anteil der übergewichtigen Kinder am Ende der Grundschule von 33,9 auf 33,3 gesunken sei; eine Erfolgsmeldung, die Tam Fry vom Nationalen Dickleibigkeits-Forum nicht überzeugt.
"Wir hatten schon 2008 eine kurzfristige Verbesserung. Und alle hofften, aber das wars dann auch. Gute Nachrichten also nur für den Moment."
Experten reicht die Reform nicht
Nachdem Bildungsminister Michael Gove zum Ärger von Jamie Oliver zunächst die Nährwertvorschriften der Schulen aufweichen wollte, ist er inzwischen umgeschwenkt und schreibt ab kommendem Januar sogar strengere Standards vor: Schokolade wird verbannt; zu jeder Schulmahlzeit muss Gemüse oder Salat gereicht werden, als Nachtisch vor allem Obst, keine überzuckerten Fruchtsäfte mehr, sondern halbfette Milch und nur noch zweimal pro Woche Paniertes aus der Fritteuse.
Vielen Experten reicht die Reform bei der Schulspeisung nicht. Kevin Watkins meint:
"Es sind meist die ungesunderen Lebensmittel, die am billigsten sind. Weißbrot ist billiger als dunkles, Produkte mit gesättigten Fettsäuren sind billiger als die gesünderen Alternativen. Das müssen Industrie und Regierung zusammen lösen."
Noch aber schreckt die konservativ-liberale Koalition vor einer höheren Besteuerung ungesunder Lebensmittel zurück und setzt auf freiwillige Maßnahmen der Industrie. Doch Gesundheitsminister Jeremy Hunt droht bereits:
"Supermärkte und die Lebensmittelproduzenten müssen verstehen, dass wir das Problem von 30 Prozent übergewichtigen oder fettleibigen Kindern über elf nicht einfach wegwischen können. Und wenn wir nicht vorankommen und unsere Ziele erreichen, dann müssen wir über die Gesetzgebung nachdenken."