Auf Demos nur mit Security
Mehr als zwei Dutzend Übergriffe auf Journalisten wurden im vergangenen Jahr in Sachsen dokumentiert. Auf rechten Demonstrationen ist die Berichterstattung mittlerweile besonders riskant - und ohne Personenschutz kaum noch umsetzbar.
Nein, dieser Beitrag beginnt nicht mit einer Lügenpresse-Atmo. Wie die klingt, und wie die Menschen aussehen, die diese Parole auf rechten Demos skandieren, dürfte inzwischen bekannt sein. Stattdessen eine Zahl: 25. So viele Übergriffe auf Journalisten in Sachsen hat das Dresdner Medienmagazin Funkturm 2015 dokumentiert. Von Pöbeleien, Sachbeschädigungen bis zu Faustschlägen und Angriffen ganzer Demonstranten-Gruppen auf Kamerateams und Fotografen.
Wer als Journalist in Sachsen von rechten Demonstrationen berichtet, riskiert seine körperliche Unversehrtheit. Ine Dippmann, Hörfunkjournalistin beim Mitteldeutschen Rundfunk und Vorsitzende des Journalistenverbandes Sachsen.
"Als Journalisten müssen wir lernen, mit einer großen Aggressivität auf diesen Demonstrationen umzugehen lernen. Das heißt, man muss neben seiner Arbeit auch das Umfeld beobachten und beachten. Also einfach schauen, dass man sich in Menschenmengen möglichst mit anderen Kollegen zusammentut. Beim MDR ist es inzwischen so, dass Security mitgeschickt wird."
Berichten von Pegida unter Personenschutz? Mittlerweile Alltag
Gerade die gut erkennbaren Kameraleute und Techniker sind oft Zielscheibe von Gewalt geworden. Auch beim ZDF besteht ein Team inzwischen nicht mehr aus drei, sondern aus fünf Personen. Berichten von Pegida unter Personenschutz? Inzwischen Alltag für Studioleiter Carsten Thurau, der vor seiner Zeit in Sachsen für das ZDF aus Südamerika berichtet hat.
"Man kann als Journalist immer in eine gefährliche Situation kommen und sollte natürlich auf sich und sein Team gut aufpassen und nichts machen was sich selbst und eben auch andere gefährdet. Das ist immer ganz wichtig. Aber ich habe es noch nie erlebt, dass man selbst zur Zielscheibe des Angriffs wurde. Dass sich der Hass und die Wut, dieser Menschen gegen Journalisten richten. Wir waren früher Beobachter, haben das dargestellt, mussten auch aufpassen. Aber das ist eine neue Qualität, die mich sehr erschreckt."
Die Täter: nicht immer männlich, nicht immer Hooligans
Und die sich 2016 fortsetzt. Nicht nur in Sachsen, in Magdeburg attackierte ein Demonstrant auf einer AfD-Kundgebung ein Kamerateam mit Pfefferspray. Die Täter sind dabei nicht nur Männer aus der Hooliganszene. Das hat die DJV-Sachsen-Vorsitzende Dippmann erfahren, die im Januar auf einer Legida-Demonstration von einer Demonstrantin geschlagen wurde.
"Und die Frau, die mir da den Schlag ins Gesicht verpasst hat, die hätte vom Äußeren her genauso in der Nikolaikirche beim Friedensgebet sitzen können. Also dass diese Hasstiraden, die auf diesen Demonstrationen auf die Leute losgelassen werden, tatsächlich in die Hirne einsickern, das ist das was mir große Sorge bereitet, und das ist eine neue Qualität."
Anfang Februar debattierte der sächsische Landtag über Gewalt gegen Journalisten. Redner aller Fraktionen verurteilten Gewalt, einen Antrag der Linken zu diesem Thema lehnte die CDU-SPD-Regierung aber ebenso ab wie die AfD. Noch diesen Monat will sich CDU-Innenminister Markus Ulbig mit Vertretern des DJV treffen, um über einen besseren Schutz von Journalisten zu beraten.