Deutschland als Lebensthema
Als französischer Germanistikstudent lebte Alain Lance ein Jahr in Leipzig. Später übersetzte er Christa Wolf, Volker Braun und Ingo Schulze in seine Muttersprache. Deutschland wurde zu seinem Lebensthema - und Alain Lance zum Kulturvermittler und Brückenbauer.
"Allemagne", Deutschland, von seinem Vater hörte Alain Lance dieses Wort zum ersten Mal. Da war der Zweite Weltkrieg schon ausgebrochen. Dennoch entwickelte Deutschland für Alain Lance später eine ganz eigene Anziehungskraft. Deutschland wurde zu seinem Lebensthema.
Der spätere Lyriker und Übersetzer deutscher Lyrik und Prosa studierte in der DDR, weil es ihm Anfang der 1960er-Jahre als das antifaschistische Deutschland erschien. Die Bundesrepublik dagegen war für ihn nur schwer erträglich, weil er dort Menschen ganz selbstverständlich über die angeblich allzu große Macht von Juden im Staatsapparat im Jahr 1933 und die Verdienste von Adolf Hitler sprechen hörte.
40 Kilo Bücher im Gepäck
Deshalb entschied er sich gegen die BRD, als er im Rahmen seines Studiums ein Jahr als Sprachassistent in Deutschland absolvieren musste:
"Das war so schlimm. Ich fragte mich, Mensch, wie könnte ich solche Sätze vertragen? Dann hörte ich von der Möglichkeit, ein Stipendium zu beantragen an der Karl-Marx-Universität Leipzig. Da habe ich den Antrag gemacht und das Stipendium für ein Jahr bekommen. Und dann habe ich die DDR entdeckt vom November 1962 bis September 1963."
Er sei nie so oft im Konzert oder in der Oper gewesen wie in Leipzig. "Ich kam aus Leipzig zurück mit einem Koffer mit 40 Kilo Büchern."
Kulturvermittler und Brückenbauer
Alain Lance übersetzte aber nicht nur Christa Wolf und Volker Braun ins Französische, sondern auch persische Lyrik. Anstelle seines Militärdienstes verpflichtete Lance sich am Ende seines Lehramtsstudiums der Germanistik in den 1960er-Jahren, für zwei Jahre nach Persien zu gehen, um von dort aus die kulturelle Zusammenarbeit mit Frankreich zu fördern.
"Im Iran habe ich eine neue Beziehung zur französischen Lyrik entwickelt. Wichtig war auch die Bedeutung der Lyrik in diesem Land. Oft ist es mir passiert, dass ich mit einem iranischen Lyriker-Freund in einem Café war und der Kellner kam und hat den Lyriker erkannt – und gleich auswendig ein Gedicht von ihm vorgetragen."
Von 1985 bis 1995 leitete Alain Lance die französischen Kulturinstitute in Frankfurt am Main und Saarbrücken. Bis heute wirkt er als Kulturvermittler und Brückenbauer und ist auch mit 77 Jahren seiner Aufgaben nicht müde geworden.