Pablo Neruda: "Buch der Fragen"

Auf der Suche nach einer Ordnung der Welt

10:46 Minuten
Der chilenische Dichter Pablo Neruda (1904 - 1973) lehnt an der Reling eines Schiffes. Er trägt eine Mütze.
Pablo Neruda veröffentlichte sein "Buch der Fragen" nicht zu Lebzeiten. Es erschien erst 1974, ein Jahr nach seinem Tod. © Getty Images / New York Times / Sam Falk
Susanne Lange im Gespräch mit Frank Meyer |
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Pablo Neruda ist einer der bedeutendsten Dichter Lateinamerikas. Ständig notierte er Fragen zur Unvolkommenheit der Welt. Susanne Lange hat diese Rätselhaftigkeit Nerudas besonders interessiert, als sie sein „Buch der Fragen“ übersetzt hat.
"In welche Grübeleien fällt die Erde stets im Herbst" - das ist eines der Rätsel, vor denen der chilenische Dichter Pablo Neruda steht. In seinem "Buch der Fragen" teilt er diese Rätsel. Die Übersetzerin Susanne Lange hat das Werk ins Deutsche übertragen und sagt, dass dies nicht nur ein Auftrag gewesen sei, sondern dass in diesen Arbeiten Nerudas auch ihr besonderes Interesse an ihm lag: "Mich interessiert der verrätselte, frühere Neruda."

Keiner bestimmten Schaffensperiode zuzuordnen

Der chilenische Dichter Pablo Neruda (1904–1973) gehört zu den bedeutendsten Autoren Lateinamerikas. Er erhielt 1971 den Nobelpreis für Literatur.
Versehen mit Illustrationen wurden Nerudas "Buch der Fragen" nun neu ins Deutsche übersetzt noch einmal herausgebracht. "Es ist bislang einfach noch nicht ins Bewusstsein gerückt, dass es dieses Buch überhaupt gibt. Es ist ja eine kuriose Sache, ein Buch nur aus Fragen zusammenzustellen", so Lange.
Diese Fragen seien auch nicht einer bestimmten Schaffensperiode Nerudas zuzuordnen, so Übersetzerin Susanne Lange: "Sie sind ja erst posthum herausgegeben worden, aber ich glaube schon, dass er ihnen auch diese Form gegeben hat, die sie hier nun in diesem Buch haben. Aber zum ersten Mal erschienen ist es erst ein Jahr nach seinem Tod in Argentinien."

Ein extrem anschauliches Buch

In vielen der Verse steche eine "surrealistische Metaphorik" heraus, so Susanne Lange. "Es ist ein extrem anschauliches Buch." Es gelinge Neruda hier, Bild und Klang zusammenzubringen.
Die Arbeit der Übersetzung sei auch sehr schwierig, weil es eben keine freien Zeilen seien, sondern Verse mit einem Versmaß. "Hier sind es Neunsilber, die meistens auch eine bestimmte Zäsur haben in der Mitte und dafür musste man eben auch im Deutschen eine Form finden. Ich habe gesagt: 'Okay, ich werde mich jetzt für jambische Drei- oder Vierheber entscheiden." Das allerdings habe ihr in der Übersetzung natürlich auch Fesseln angelegt.

Manche Fragen geben die Antwort vor

Die Suche nach einer Ordnung in den Fragen sei sehr schwierig, so Lange: "Manche sind einfach sehr surrealistische Fragen, etwa 'Wie viele Bienen hat der Tag?' Dann gibt es wieder rein rhetorische Fragen: 'War es wirklich ein Taube aus Amethyst, der Meteor?'– Da ist die Antwort schon von ihm vorgegeben."
Viele Verse aber seien auch Fragen Nerudas, mit denen er sich an die Unvollkommenheit der Welt richte. "Aber es sind auch sehr philosophische Fragen." Für Lange besteht darin genau die Absicht Nerudas: die Welt aus einen anderen Blickwinkel zu betrachten.

Pablo Neruda: "Das Buch der Fragen"
Übersetzt von Susanne Lange
Luchterhand, München 2022
104 Seiten, 18 Euro

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