Übungsfriedhof mit Blaskapelle
Es ist nicht leicht, einen Toten würdevoll unter die Erde zu bringen. Deshalb gibt es in Deutschland auch eine DIN-Vorschrift und eine Akademie, an der angehende Bestatter aus- und gestandene Bestatter fortgebildet werden.
Eine schöne Leich’ ist ein rechtes G’schäft. Und ein guter Bestatter hat’s gelernt. Darum fragt morgens um acht Heiko Mächerle: Was ist eine Leiche? Nennen Sie mir fünf sichere Anzeichen für einen Tod!
Mächerle: "Fünf sichere Zeichen des Todes …"
Abgetrennter Kopf, sagt ein Azubi mit Basecap. Hirntod, klinisch diagnostiziert, sagt eine mit Nasenpiercing. Auf den Tischen Federmäppchen und Schachteln mit Einmalhandschuhen. Mächerle selbst trägt schwarzes Sakko, weißes Hemd, Krawatte – er könnte auch in einer Sparkassenfiliale arbeiten, ist aber Bestatter in der dritten Generation, betreibt außerdem ein Institut für Thanatopraxie – Einbalsamierungen, Rekonstruktion nach Unfällen – und ist in Münnerstadt, um den Azubis im Bundesausbildungszentrum der Bestatter Hygienische Versorgung beizubringen.
Mächerle: "Die Vorgehensweise bei einer hygienischen Totenversorgung im Versorgungsraum: Ich hätte gern mal erklärt in einzelnen Schritten, wie wir uns vorbereiten. – Anlegen der Schutzkleidung …"
Mächerle: "Der Eindruck, den der Verstorbene hinterlässt, der entscheidet über längere Zeit über die Trauerbewältigung, das heißt so, wie man den Verstorbenen zuletzt sieht, im Sarg liegend, das begleitet einen das ganze Leben. Darum ist es wichtig, dass der Verstorbene ordentlich gewaschen, auch befreit von Flüssigkeiten, die austreten können, Urin oder Kot – dass das alles entfernt wird. Und dass der Verstorbene einen friedlichen und hygienisch einwandfreien Eindruck hinterlässt."
Auf dem Münnerstädter Stadtfriedhof beginnen unterdessen die Vorbereitungen für eine Beerdigung.
Klöffel: "Die typisch fränkische Bestattung ist die katholische oder evangelische Bestattung …"
Michaela Klöffel, Bestattermeisterin aus der nahen Ortschaft Niederlauer.
Klöffel: "Was bei uns ein ganz großes Plus ist: dass wir bei uns hier noch Zeit haben zum Bestatten. In den Großstädten sind zum Teil im 20-Minuten-Takt die Aussegnungshallen belegt. Bei uns ist vor der Beerdigung oder vor der Kirche schon eine Stunde Zeit, um sich zu verabschieden – das heißt, es ist an sich oft ein ganzer Nachmittag Zeit, um diesen Menschen in Ruhe zu bestatten."
Mörser: "Schauen Sie, das ist jetzt die offene Aufbahrung einer älteren Dame …"
Zur gleichen Zeit unterrichtet Waltraud Mörser Aufbahrung und Dekoration.
Mörser: "Könnten Sie mir dazu etwas sagen?"
Ein Beamer wirft das Bild einer aufgebahrten Toten an die Wand. Hinten im Raum Särge, rechts eine Kollektion Urnen, ein Poster, das einen Leichenwagen zeigt: schwarz glänzend und schnittig in Szene gesetzt wie ein Maserati. Ein Mann mittleren Alters meldet sich, sagt: Das Dekorationstuch steckt mit zwei Zipfeln im Sarg, das ist unhygienisch. Die Dozentin nickt zufrieden. Deutet auf die gefalteten Hände der Verstorbenen.
Mörser: "Wer würde da noch etwas zu sagen können? – Stimmen im Raum …"
Falsch gefaltet, sagt jemand, mit der linken Hand fängt man an.
Mörser: "Das will ich jetzt mal dahingestellt sein lassen. Aber was mir absolut nicht gefällt, ist das hier, schaut mal …"
Die Dame im Sarg trägt eine Jacke, darunter eine Bluse. Unter einer Manschette blitzt der Blusenärmel einen Zentimeter hervor, unter der anderen drei Zentimeter.
Mörser: "Das ist nicht unser Stil, das wollen wir nicht."
Im dritten Kurs an diesem Tag – drei Kurse können parallel stattfinden in dem lichtdurchfluteten, 2005 eröffneten Schulhaus – im dritten Kurs lernen Meisterschüler sprechen.
Budinger: "Zum Beratungsgespräch: Inhalte müssen übermittelt werden."
Rolf Budinger ist Kommunikationstrainer. Lehrt frei zu sprechen, klug zu sprechen, mitfühlend und mit der nötigen professionellen Distanz.
Budinger: "Es gibt Floskeln, die gern benutzt werden: Das Leben geht weiter … Das hilft ja keinem Angehörigen. Zum Beispiel hilft in so einem Fall zu sagen: Ich kann das verstehen, ich habe so einen Fall selbst erlebt, in meiner Familie war das, da ist ein Kind zu Tode gekommen durch einen Verkehrsunfall, ich kann Ihre Situation sehr gut verstehen. Also diese Einfühlsame dann einzusetzen. Das machen andere Verkäufer auch: Ich habe mit dem Gerät gute Erfahrungen gemacht – und er hat es nicht selbst, aber ein Nachbar, ein anderer Kunde hat berichtet. Also ich kann das ja etwas verallgemeinern."
Die sieben Meisterschüler haben Erfahrung mit weinenden, verzweifelten Angehörigen. Doch wie berät man ein Halbwüchsigen, dessen Vater sich zu Tode getrunken hat? Was sagt man einer Mutter, die ihr Kind verloren hat? Auf Fragen wie diese suchen in Münnerstadt viele eine Antwort.
Niehus: "Ich bin anfangs recht schnell ins kalte Wasser geschmissen worden."
Daniela Niehus aus Mühlheim an der Ruhr, 25 und kurz vor ihrer Prüfung zur Bestattungsfachkraft.
Niehus: "Wir haben noch eine zweite Filiale, da hab ich gesessen, weil da in der Regel kein Kundenverkehr ist. Ausgerechnet an dem Tag kam jemand rein – und da niemand telefonisch erreichbar war aus der Firma, musste ich natürlich das Beratungsgespräch führen. Man kennt die Abläufe ungefähr, aber man möchte auch nichts falsch machen, deshalb ist man in dem Moment sehr unsicher. Ich konnte froh sein, dass das ein alter Herr war, der sehr locker drauf war und sich gefreut hat, dass ich zum ersten Mal mitmachen kann."
Knasel: "Ne Ausnahmesituation war mal, als wir ein Baby abgeholt haben …"
Martin Knasel aus Zweibrücken, 19 Jahre, zweites Lehrjahr.
Knasel: "… ich den Sarg nach draußen getragen habe in unser Bestattungsfahrzeug und die Mutter mir hinterhergerufen hat: Hilfe, der nimmt mein Kind weg! Gut, da muss man straight weitergehen und dann noch mal zurückgehen, eventuell den Pfarrer oder einen Seelsorger einschalten."
Brandt: "Ich finde es immer schwierig bei Paaren, wenn jemand verstirbt, so ab 75, 80 Jahren, und der andere noch rüstig ist. Ohh, da komme ich überhaupt nicht mit klar."
Christian Brandt aus Alzey, 28, Meisterschüler.
Brandt: "Der Mann hat am Grab gestanden, war eigentlich immer relativ gefasst, da sind auch nur ein paar Tränen geflossen, sehr in sich gekehrt… – das finde ich schlimm. Da hab ich mehr mit zu kämpfen, als wenn, was auch tragisch ist, jemand mitten aus dem Leben gerissen wird. Da bleibe ich professionell, aber das andere, wenn ich das sehe… – es gibt nichts, was mir mehr leid getan hat als der ältere Herr, wie er da am Grab gestanden hat."
Die Beschäftigung mit Toten ist oft eine Beschäftigung mit den Lebenden. Sie sind in einer Extremsituation, sagt der Kommunikationstrainer: Vermitteln Sie Sicherheit, vermeiden Sie den Konjunktiv. Wir sind Teil des deutschen Handwerks, sagt der Geschäftsführer des Bundesverbands Deutscher Bestatter, Rolf Lichtner: Da braucht man Knowhow und "Humankompetenz".
Lichtner: "Man muss verantwortlich mit den Menschen in einer schwierigen Situation umgehen können. Ich will nicht sagen, dass der Klempner und der Bäcker nicht auch eine gewisse Kundenpsychologie entwickeln müssen, aber sie erleben die Menschen in ihrem Alltag, während der Bestatter sie immer in einer Ausnahmesituation erlebt."
Eine schöne Leich’ – ist ein rechtes G’schäft.
Der Geschäftsmann, der an diesem Tag auf dem Münnerstädter Stadtfriedhof beigesetzt wird, hat – nicht "ist"! – eine schöne Leich’: 14 Uhr Requiem, anschließend Trauerfeier – schon jetzt ist die Kapelle voller Kränze und Blumen, ein Kondolenzbuch liegt aus und Sterbebildchen.
Klöffel: "Sterbebildchen sind in unserer Gegend sehr weit verbreitet, in der Hauptsache bei den katholischen Christen."
Michaela Klöffel, Bestatterin in zweiter Generation.
Klöffel: "Es ist ein kleines Bildchen ungefähr von der Größe A 6, das wird zusammengefaltet, und wenn man es aufklappt, hat man auf der einen Seite ein Foto des Verstorbenen, darunter steht in der Regel Name und das Geburts- und Sterbedatum. Auf der gegenüberliegenden Seite steht ein schöner Text, manchmal mit einem christlichen Symbol dazu, ein Text, der das Leben des Verstorbenen etwas beschreibt. Das liegt aus am Friedhof, jeder kann sich da eines mitnehmen. In der Regel wird’s dann ins Gesang- oder Gebetbuch reingelegt, und wenn dann die Enkelkinder das Buch aufschlagen: Ah, das war die Oma. Es ist wirklich ein sehr schöner Brauch und wir hoffen, dass der auch erhalten bleibt."
Vöth: "Pilze … Krankheitsbilder …"
Mittagszeit. Im Hygienekurs doziert Mächerles Kollege Robert Vöth über Infektion und Desinfektion.
Knasel: "Bei mir ist es so: Mein Vater ist Pfarrer, evangelischer …"
Martin Knasel.
Knasel: "… und dadurch kommt man ja automatisch mit Trauerfällen in Berührung. Als Kind habe ich schon mitgeholfen, Gräber auszuheben und das Kreuz zu tragen – und so kam das dann."
Fuhrmann: "Ich arbeite gern mit Menschen."
Falk Fuhrmann, 37, aus Dresden.
Fuhrmann: "Ich arbeite gern mit Menschen, und in dem Fall quatschen die mich nicht voll, die lassen mich in Ruhe. Ich mache in meinem Betrieb die Heimbürgenarbeiten – der Heimbürge ist im Prinzip der, der die Verstorbenen fertigmacht."
Fuhrmann – groß, breitschultrig, das Haar millimeterkurz und Tattoos am Arm – fragte sich schon früh: Was passiert, wenn ein Mensch gestorben ist? In der DDR habe er sich seinen Beruf nicht aussuchen können, sei darum Gießereifacharbeiter geworden. Seit zwei Jahren schult er um.
Fuhrmann: "Die ersten Male, als ich bei uns gearbeitet habe, war es so, dass ich mir viele Verstorbene angeguckt habe. Da war ich sehr neugierig, sehr vorsichtig im Umgang. Ich hab die nicht angefasst – ich hab die gestreichelt."
Vöth doziert über Bakterien, Viren, Pilze, über Individualhygiene und Sozialhygiene. Läuft herum, gestikuliert, sagt "alles klärchen" und "hau rein", streicht sich über den kahlen Schädel und erklärt den Hygieneplan nach DIN EN 15017. Auch nach dem Tod ist das Leben voller Regeln und Vorschriften.
Suckfüll: "In den früheren Jahren war das so: Da gab’s einen Schreiner vor Ort, der hat erst ausgemessen und hat danach den Sarg gemacht."
Gerhard Suckfüll, Michaela Klöffels Vater, fing vor 35 Jahren in Niederlauer als Grabmacher an; heute bietet das Unternehmen Dienstleistungen von Vorsorge bis Seebestattung.
Suckfüll: "Die Leute sind hergegangen, Nachbarschaft oder Verwandte, die haben das Grab ausgehoben. Der eine hat dem geholfen, der anderen hat dem geholfen. Das ist nicht mehr so der Fall, die Arbeit will auch keiner mehr machen. Dann dürfen Sie eines nicht verkennen: Es gab nicht einmal Kühlung! Man hat im Haus aufgebahrt, indem man hergegangen ist und Eisblöcke genommen hat, meist bei Brauereien, hat zwei Stühle genommen und hat eine Decke drüber gegeben und unten drunter hat man eine Wanne mit Kühlblöcken gestellt, dass der Leichnam nicht übergeht in den Sommertagen.
Getragen haben entweder örtliche Vereine, Feuerwehr oder Sportverein. Frauen waren meist nicht drin, da hat die Nachbarschaft getragen oder Verwandte, es sind genug Enkel da gewesen. Ist heute auch noch Gang und Gäbe, und da legen wir auch Wert drauf, dass sich die Kultur bei uns in der Rhön so hält - wenn heute die Feuerwehr trägt oder die Nachbarschaft trägt, ist das selbstverständlich."
Doch merken sie auch hier, dass der Markt sich wandelt. Es schneller gehen muss, billiger sein soll. In immer mehr Familien geht nicht mehr die Oma und gießt das Grab und zupft Unkraut. Bundesweit gibt es einen Trend zu anonymen Bestattungen. Hinterbliebene können die Asche ihrer Lieben auf Wiesen verstreuen, ins Weltall schießen oder zu Diamanten pressen lassen. Und jeder, der einen Gewerbeschein besitzt, kann mitmischen in diesem Geschäft. Theoretisch, sagt Rolf Lichtner.
Lichtner: "Faktisch geht es heute im Bestattungsgewerbe nur noch voran, wenn man eine fundierte Ausbildung hat. Es sind heute über 90 Prozent der Bestatter von morgen, die hier herkommen, und die bekommen eine Ausbildung mit, mit der sie sich dann auch im Markt behaupten können."
Ins unterfränkische Münnerstadt kam die Akademie, weil das Städtchen vor Jahren einen Übungsfriedhof für die bayerischen Bestatter zur Verfügung gestellt hatte. Seit die Ausbildung 2001 bundesweit geregelt wurde, kommen sie aus dem ganzen Land. Und aus dem Ausland: Delegationen aus Norwegen, Russland, China. Es gibt Kurse in Trauerpsychologie, Trauerreden, Sozialamtsproblematik, Etikette und Englisch. Allein was die Unterbringung betrifft, so Lichtner, sei man zum Wirtschaftsfaktor geworden. Die Bestatter – sie beleben Münnerstadt.
Nach dem Mittagessen laufen Azubis in grünen Kitteln durch den Flur. Es riecht nach Desinfektionsmittel. Vor der Tür parkt ein Leichenwagen.
Im Hygieneraum drei Edelstahltische. Auf dem ersten liegt ein Sargdeckel, auf dem zweiten ein Leichnam. Ein Azubi sortiert Instrumente.
Kursteilnehmer: "Eine chirurgische Pinzette, dann eine anatomische Pinzette – verschiedene Längen für verschiedene Sachen: Reinigung der Mundhöhle, Reinigung der Nase …"
Ruhig und gelassen wirkt Jan Kneiphof aus Unna.
Kursteilnehmer: "Das geht noch, das ist noch in Ordnung. Das ist ’ne normale Sache."
Alle tragen Gummihandschuhe, einige Mundschutz, einer eine Gesichtsmaske. Einer liest den Fußzettel: Der Tote wurde 1960 geboren … Neunundvierzig, gar nicht so alt. Im Nebenraum ziehen Azubis eine tote Frau aus. Ihr Kopf ist kahl, die linke Brust fehlt.
Mächerle: "Und? Todesbescheinigung Einsicht genommen?"
Heiko Mächerle stellt sich ans Kopfende des Tischs. Gummischuhe, ein grüner Kittel, am Oberarm ein Tattoo; nun sieht er nicht mehr nach Sparkasse aus. Er fragt: Warnhinweise? Infektionsgefahr? Herzschrittmacher? Nein, sagen die Azubis.
Mächerle: "Dann beginnen wir hier mit der Arbeit …"
Zwei junge Frauen lösen Pflaster und Verbände, sprühen Desinfektionsmittel, seifen die Tote mit Schwämmen ein, heben Arme, Beine. Wasser rinnt über den seltsam gelb verfärbten Körper. Auf einem Rolltisch ein Fön, Modellierwachs, Haarspray, Bühnen-Make-up. Eine Nierenschale, darin zwei goldene Ohrringe und ein Ehering.
Paulick: "Das mit dem Tod ist eigentlich so ein Nebeneffekt – für mich ist sehr wichtig der Umgang mit den Angehörigen, den Angehörigen in der schwierigen Situation zu helfen."
Richard Paulick aus Münster. Hat Praktika als Gärtner und Tierarzt gemacht und war Zivi in einem Altenheim. Auch ein schöner Beruf, sagt er, aber ich möchte später Familie haben, ein Haus, das kann man sich als Altenpfleger kaum leisten. Nun wird er Bestatter.
Paulick: "Weil ich selbst für mich auch bestimmte Vorstellungen habe, wie ich später beigesetzt werden möchte, möchte ich das für andere auch so schön machen, wie es geht. Ich möchte auf jeden Fall, dass ich in meinen Lieblingsklamotten im Sarg liege. Und ich bin auch großer Fan von Musik, deswegen möchte ich mit MP3-Player… – na, das ist meine Wunschvorstellung, was natürlich nicht geht, weil man kann den nicht da reinlegen, weil er nicht verrottet. Aber das wäre mein Wunsch, dass bevor der Sarg geschlossen wird, mir die Stöpsel in die Ohren gesteckt werden und dann die Musik angemacht wird."
Auf dem Münnerstädter Stadtfriedhof drängen sich unterdessen die Trauergäste, so zahlreich, dass der Pfarrer die Trauerfeier vor der Kapelle hält. Gesang, ein Meer von Blumen, Gebete.
Dann zieht der Trauerzug zum Grab. Salutschüsse. Und der Musikverein spielt.
Suckfüll: "In Norddeutschland gibt’s Trägerhandschuhe, weiße Handschuhe, die werden übergezogen und dann mit ins Grab gelegt. Hier bei uns nimmt man Taschentücher. Die werden an die Griffe rangemacht, dass man die Griffe nicht anpackt, und dann nimmt man die Taschentücher und trägt den Sarg hin. Bevor er abgelassen wird, kommen die Tücher weg, und es steckt dann jeder sie ein. Das ist traditionsmäßig übergeben."
Am Rand des Stadtfriedhofs, hinter einer Hecke, liegt der Übungsfriedhof; Auszubildende lernen dort Gräber auszuheben, zu verschalen, beizusetzen. Es gibt eine Sargwerkstatt und eine Probekapelle; verstreuen Sie bloß keine Rosenblüten, sagt die Dekorationslehrerin, da rutschen die Sargträger bloß aus. Im Kommunikationskurs fragt der Trainer: Wie finden Sie den passenden Sarg?
Budinger: "Setzten Sie das an den Anfang des Gesprächs? – Nee …"
Martin Knasel fragt die Angehörigen: Wie sieht’s zu Hause aus? Oft hat der Verstorbene in Eiche gelebt. Und wenn jemand Ikea-Möbel hatte?
Knasel: "Dann kann man mit dem Ansatz kommen: Gehen wir davon aus, der Vater ist gestorben – wir suchen jetzt das letzte Zuhause für deinen Vater aus. Was wäre für ihn angemessen? Worin würde er sich wohlfühlen? Da entwickelt sich das Gespräch dann schon von ganz allein."
Am späten Nachmittag Stühlerücken in der Hohen Schule der Bestattung. Müde Gesichter. Eine schöne Leich’ ist ein rechtes G’schäft.
Schulte: "Wenn man keine Erfahrung hat, wird irgendwas schief gehen. Und das nehmen die Leute einem sehr übel. Weil eine Beerdigung eine einmalige Sache ist – die kann man nicht wiederholen, und darum gehen die Leute zu den Leuten, die Ahnung haben."
Mächerle: "Fünf sichere Zeichen des Todes …"
Abgetrennter Kopf, sagt ein Azubi mit Basecap. Hirntod, klinisch diagnostiziert, sagt eine mit Nasenpiercing. Auf den Tischen Federmäppchen und Schachteln mit Einmalhandschuhen. Mächerle selbst trägt schwarzes Sakko, weißes Hemd, Krawatte – er könnte auch in einer Sparkassenfiliale arbeiten, ist aber Bestatter in der dritten Generation, betreibt außerdem ein Institut für Thanatopraxie – Einbalsamierungen, Rekonstruktion nach Unfällen – und ist in Münnerstadt, um den Azubis im Bundesausbildungszentrum der Bestatter Hygienische Versorgung beizubringen.
Mächerle: "Die Vorgehensweise bei einer hygienischen Totenversorgung im Versorgungsraum: Ich hätte gern mal erklärt in einzelnen Schritten, wie wir uns vorbereiten. – Anlegen der Schutzkleidung …"
Mächerle: "Der Eindruck, den der Verstorbene hinterlässt, der entscheidet über längere Zeit über die Trauerbewältigung, das heißt so, wie man den Verstorbenen zuletzt sieht, im Sarg liegend, das begleitet einen das ganze Leben. Darum ist es wichtig, dass der Verstorbene ordentlich gewaschen, auch befreit von Flüssigkeiten, die austreten können, Urin oder Kot – dass das alles entfernt wird. Und dass der Verstorbene einen friedlichen und hygienisch einwandfreien Eindruck hinterlässt."
Auf dem Münnerstädter Stadtfriedhof beginnen unterdessen die Vorbereitungen für eine Beerdigung.
Klöffel: "Die typisch fränkische Bestattung ist die katholische oder evangelische Bestattung …"
Michaela Klöffel, Bestattermeisterin aus der nahen Ortschaft Niederlauer.
Klöffel: "Was bei uns ein ganz großes Plus ist: dass wir bei uns hier noch Zeit haben zum Bestatten. In den Großstädten sind zum Teil im 20-Minuten-Takt die Aussegnungshallen belegt. Bei uns ist vor der Beerdigung oder vor der Kirche schon eine Stunde Zeit, um sich zu verabschieden – das heißt, es ist an sich oft ein ganzer Nachmittag Zeit, um diesen Menschen in Ruhe zu bestatten."
Mörser: "Schauen Sie, das ist jetzt die offene Aufbahrung einer älteren Dame …"
Zur gleichen Zeit unterrichtet Waltraud Mörser Aufbahrung und Dekoration.
Mörser: "Könnten Sie mir dazu etwas sagen?"
Ein Beamer wirft das Bild einer aufgebahrten Toten an die Wand. Hinten im Raum Särge, rechts eine Kollektion Urnen, ein Poster, das einen Leichenwagen zeigt: schwarz glänzend und schnittig in Szene gesetzt wie ein Maserati. Ein Mann mittleren Alters meldet sich, sagt: Das Dekorationstuch steckt mit zwei Zipfeln im Sarg, das ist unhygienisch. Die Dozentin nickt zufrieden. Deutet auf die gefalteten Hände der Verstorbenen.
Mörser: "Wer würde da noch etwas zu sagen können? – Stimmen im Raum …"
Falsch gefaltet, sagt jemand, mit der linken Hand fängt man an.
Mörser: "Das will ich jetzt mal dahingestellt sein lassen. Aber was mir absolut nicht gefällt, ist das hier, schaut mal …"
Die Dame im Sarg trägt eine Jacke, darunter eine Bluse. Unter einer Manschette blitzt der Blusenärmel einen Zentimeter hervor, unter der anderen drei Zentimeter.
Mörser: "Das ist nicht unser Stil, das wollen wir nicht."
Im dritten Kurs an diesem Tag – drei Kurse können parallel stattfinden in dem lichtdurchfluteten, 2005 eröffneten Schulhaus – im dritten Kurs lernen Meisterschüler sprechen.
Budinger: "Zum Beratungsgespräch: Inhalte müssen übermittelt werden."
Rolf Budinger ist Kommunikationstrainer. Lehrt frei zu sprechen, klug zu sprechen, mitfühlend und mit der nötigen professionellen Distanz.
Budinger: "Es gibt Floskeln, die gern benutzt werden: Das Leben geht weiter … Das hilft ja keinem Angehörigen. Zum Beispiel hilft in so einem Fall zu sagen: Ich kann das verstehen, ich habe so einen Fall selbst erlebt, in meiner Familie war das, da ist ein Kind zu Tode gekommen durch einen Verkehrsunfall, ich kann Ihre Situation sehr gut verstehen. Also diese Einfühlsame dann einzusetzen. Das machen andere Verkäufer auch: Ich habe mit dem Gerät gute Erfahrungen gemacht – und er hat es nicht selbst, aber ein Nachbar, ein anderer Kunde hat berichtet. Also ich kann das ja etwas verallgemeinern."
Die sieben Meisterschüler haben Erfahrung mit weinenden, verzweifelten Angehörigen. Doch wie berät man ein Halbwüchsigen, dessen Vater sich zu Tode getrunken hat? Was sagt man einer Mutter, die ihr Kind verloren hat? Auf Fragen wie diese suchen in Münnerstadt viele eine Antwort.
Niehus: "Ich bin anfangs recht schnell ins kalte Wasser geschmissen worden."
Daniela Niehus aus Mühlheim an der Ruhr, 25 und kurz vor ihrer Prüfung zur Bestattungsfachkraft.
Niehus: "Wir haben noch eine zweite Filiale, da hab ich gesessen, weil da in der Regel kein Kundenverkehr ist. Ausgerechnet an dem Tag kam jemand rein – und da niemand telefonisch erreichbar war aus der Firma, musste ich natürlich das Beratungsgespräch führen. Man kennt die Abläufe ungefähr, aber man möchte auch nichts falsch machen, deshalb ist man in dem Moment sehr unsicher. Ich konnte froh sein, dass das ein alter Herr war, der sehr locker drauf war und sich gefreut hat, dass ich zum ersten Mal mitmachen kann."
Knasel: "Ne Ausnahmesituation war mal, als wir ein Baby abgeholt haben …"
Martin Knasel aus Zweibrücken, 19 Jahre, zweites Lehrjahr.
Knasel: "… ich den Sarg nach draußen getragen habe in unser Bestattungsfahrzeug und die Mutter mir hinterhergerufen hat: Hilfe, der nimmt mein Kind weg! Gut, da muss man straight weitergehen und dann noch mal zurückgehen, eventuell den Pfarrer oder einen Seelsorger einschalten."
Brandt: "Ich finde es immer schwierig bei Paaren, wenn jemand verstirbt, so ab 75, 80 Jahren, und der andere noch rüstig ist. Ohh, da komme ich überhaupt nicht mit klar."
Christian Brandt aus Alzey, 28, Meisterschüler.
Brandt: "Der Mann hat am Grab gestanden, war eigentlich immer relativ gefasst, da sind auch nur ein paar Tränen geflossen, sehr in sich gekehrt… – das finde ich schlimm. Da hab ich mehr mit zu kämpfen, als wenn, was auch tragisch ist, jemand mitten aus dem Leben gerissen wird. Da bleibe ich professionell, aber das andere, wenn ich das sehe… – es gibt nichts, was mir mehr leid getan hat als der ältere Herr, wie er da am Grab gestanden hat."
Die Beschäftigung mit Toten ist oft eine Beschäftigung mit den Lebenden. Sie sind in einer Extremsituation, sagt der Kommunikationstrainer: Vermitteln Sie Sicherheit, vermeiden Sie den Konjunktiv. Wir sind Teil des deutschen Handwerks, sagt der Geschäftsführer des Bundesverbands Deutscher Bestatter, Rolf Lichtner: Da braucht man Knowhow und "Humankompetenz".
Lichtner: "Man muss verantwortlich mit den Menschen in einer schwierigen Situation umgehen können. Ich will nicht sagen, dass der Klempner und der Bäcker nicht auch eine gewisse Kundenpsychologie entwickeln müssen, aber sie erleben die Menschen in ihrem Alltag, während der Bestatter sie immer in einer Ausnahmesituation erlebt."
Eine schöne Leich’ – ist ein rechtes G’schäft.
Der Geschäftsmann, der an diesem Tag auf dem Münnerstädter Stadtfriedhof beigesetzt wird, hat – nicht "ist"! – eine schöne Leich’: 14 Uhr Requiem, anschließend Trauerfeier – schon jetzt ist die Kapelle voller Kränze und Blumen, ein Kondolenzbuch liegt aus und Sterbebildchen.
Klöffel: "Sterbebildchen sind in unserer Gegend sehr weit verbreitet, in der Hauptsache bei den katholischen Christen."
Michaela Klöffel, Bestatterin in zweiter Generation.
Klöffel: "Es ist ein kleines Bildchen ungefähr von der Größe A 6, das wird zusammengefaltet, und wenn man es aufklappt, hat man auf der einen Seite ein Foto des Verstorbenen, darunter steht in der Regel Name und das Geburts- und Sterbedatum. Auf der gegenüberliegenden Seite steht ein schöner Text, manchmal mit einem christlichen Symbol dazu, ein Text, der das Leben des Verstorbenen etwas beschreibt. Das liegt aus am Friedhof, jeder kann sich da eines mitnehmen. In der Regel wird’s dann ins Gesang- oder Gebetbuch reingelegt, und wenn dann die Enkelkinder das Buch aufschlagen: Ah, das war die Oma. Es ist wirklich ein sehr schöner Brauch und wir hoffen, dass der auch erhalten bleibt."
Vöth: "Pilze … Krankheitsbilder …"
Mittagszeit. Im Hygienekurs doziert Mächerles Kollege Robert Vöth über Infektion und Desinfektion.
Knasel: "Bei mir ist es so: Mein Vater ist Pfarrer, evangelischer …"
Martin Knasel.
Knasel: "… und dadurch kommt man ja automatisch mit Trauerfällen in Berührung. Als Kind habe ich schon mitgeholfen, Gräber auszuheben und das Kreuz zu tragen – und so kam das dann."
Fuhrmann: "Ich arbeite gern mit Menschen."
Falk Fuhrmann, 37, aus Dresden.
Fuhrmann: "Ich arbeite gern mit Menschen, und in dem Fall quatschen die mich nicht voll, die lassen mich in Ruhe. Ich mache in meinem Betrieb die Heimbürgenarbeiten – der Heimbürge ist im Prinzip der, der die Verstorbenen fertigmacht."
Fuhrmann – groß, breitschultrig, das Haar millimeterkurz und Tattoos am Arm – fragte sich schon früh: Was passiert, wenn ein Mensch gestorben ist? In der DDR habe er sich seinen Beruf nicht aussuchen können, sei darum Gießereifacharbeiter geworden. Seit zwei Jahren schult er um.
Fuhrmann: "Die ersten Male, als ich bei uns gearbeitet habe, war es so, dass ich mir viele Verstorbene angeguckt habe. Da war ich sehr neugierig, sehr vorsichtig im Umgang. Ich hab die nicht angefasst – ich hab die gestreichelt."
Vöth doziert über Bakterien, Viren, Pilze, über Individualhygiene und Sozialhygiene. Läuft herum, gestikuliert, sagt "alles klärchen" und "hau rein", streicht sich über den kahlen Schädel und erklärt den Hygieneplan nach DIN EN 15017. Auch nach dem Tod ist das Leben voller Regeln und Vorschriften.
Suckfüll: "In den früheren Jahren war das so: Da gab’s einen Schreiner vor Ort, der hat erst ausgemessen und hat danach den Sarg gemacht."
Gerhard Suckfüll, Michaela Klöffels Vater, fing vor 35 Jahren in Niederlauer als Grabmacher an; heute bietet das Unternehmen Dienstleistungen von Vorsorge bis Seebestattung.
Suckfüll: "Die Leute sind hergegangen, Nachbarschaft oder Verwandte, die haben das Grab ausgehoben. Der eine hat dem geholfen, der anderen hat dem geholfen. Das ist nicht mehr so der Fall, die Arbeit will auch keiner mehr machen. Dann dürfen Sie eines nicht verkennen: Es gab nicht einmal Kühlung! Man hat im Haus aufgebahrt, indem man hergegangen ist und Eisblöcke genommen hat, meist bei Brauereien, hat zwei Stühle genommen und hat eine Decke drüber gegeben und unten drunter hat man eine Wanne mit Kühlblöcken gestellt, dass der Leichnam nicht übergeht in den Sommertagen.
Getragen haben entweder örtliche Vereine, Feuerwehr oder Sportverein. Frauen waren meist nicht drin, da hat die Nachbarschaft getragen oder Verwandte, es sind genug Enkel da gewesen. Ist heute auch noch Gang und Gäbe, und da legen wir auch Wert drauf, dass sich die Kultur bei uns in der Rhön so hält - wenn heute die Feuerwehr trägt oder die Nachbarschaft trägt, ist das selbstverständlich."
Doch merken sie auch hier, dass der Markt sich wandelt. Es schneller gehen muss, billiger sein soll. In immer mehr Familien geht nicht mehr die Oma und gießt das Grab und zupft Unkraut. Bundesweit gibt es einen Trend zu anonymen Bestattungen. Hinterbliebene können die Asche ihrer Lieben auf Wiesen verstreuen, ins Weltall schießen oder zu Diamanten pressen lassen. Und jeder, der einen Gewerbeschein besitzt, kann mitmischen in diesem Geschäft. Theoretisch, sagt Rolf Lichtner.
Lichtner: "Faktisch geht es heute im Bestattungsgewerbe nur noch voran, wenn man eine fundierte Ausbildung hat. Es sind heute über 90 Prozent der Bestatter von morgen, die hier herkommen, und die bekommen eine Ausbildung mit, mit der sie sich dann auch im Markt behaupten können."
Ins unterfränkische Münnerstadt kam die Akademie, weil das Städtchen vor Jahren einen Übungsfriedhof für die bayerischen Bestatter zur Verfügung gestellt hatte. Seit die Ausbildung 2001 bundesweit geregelt wurde, kommen sie aus dem ganzen Land. Und aus dem Ausland: Delegationen aus Norwegen, Russland, China. Es gibt Kurse in Trauerpsychologie, Trauerreden, Sozialamtsproblematik, Etikette und Englisch. Allein was die Unterbringung betrifft, so Lichtner, sei man zum Wirtschaftsfaktor geworden. Die Bestatter – sie beleben Münnerstadt.
Nach dem Mittagessen laufen Azubis in grünen Kitteln durch den Flur. Es riecht nach Desinfektionsmittel. Vor der Tür parkt ein Leichenwagen.
Im Hygieneraum drei Edelstahltische. Auf dem ersten liegt ein Sargdeckel, auf dem zweiten ein Leichnam. Ein Azubi sortiert Instrumente.
Kursteilnehmer: "Eine chirurgische Pinzette, dann eine anatomische Pinzette – verschiedene Längen für verschiedene Sachen: Reinigung der Mundhöhle, Reinigung der Nase …"
Ruhig und gelassen wirkt Jan Kneiphof aus Unna.
Kursteilnehmer: "Das geht noch, das ist noch in Ordnung. Das ist ’ne normale Sache."
Alle tragen Gummihandschuhe, einige Mundschutz, einer eine Gesichtsmaske. Einer liest den Fußzettel: Der Tote wurde 1960 geboren … Neunundvierzig, gar nicht so alt. Im Nebenraum ziehen Azubis eine tote Frau aus. Ihr Kopf ist kahl, die linke Brust fehlt.
Mächerle: "Und? Todesbescheinigung Einsicht genommen?"
Heiko Mächerle stellt sich ans Kopfende des Tischs. Gummischuhe, ein grüner Kittel, am Oberarm ein Tattoo; nun sieht er nicht mehr nach Sparkasse aus. Er fragt: Warnhinweise? Infektionsgefahr? Herzschrittmacher? Nein, sagen die Azubis.
Mächerle: "Dann beginnen wir hier mit der Arbeit …"
Zwei junge Frauen lösen Pflaster und Verbände, sprühen Desinfektionsmittel, seifen die Tote mit Schwämmen ein, heben Arme, Beine. Wasser rinnt über den seltsam gelb verfärbten Körper. Auf einem Rolltisch ein Fön, Modellierwachs, Haarspray, Bühnen-Make-up. Eine Nierenschale, darin zwei goldene Ohrringe und ein Ehering.
Paulick: "Das mit dem Tod ist eigentlich so ein Nebeneffekt – für mich ist sehr wichtig der Umgang mit den Angehörigen, den Angehörigen in der schwierigen Situation zu helfen."
Richard Paulick aus Münster. Hat Praktika als Gärtner und Tierarzt gemacht und war Zivi in einem Altenheim. Auch ein schöner Beruf, sagt er, aber ich möchte später Familie haben, ein Haus, das kann man sich als Altenpfleger kaum leisten. Nun wird er Bestatter.
Paulick: "Weil ich selbst für mich auch bestimmte Vorstellungen habe, wie ich später beigesetzt werden möchte, möchte ich das für andere auch so schön machen, wie es geht. Ich möchte auf jeden Fall, dass ich in meinen Lieblingsklamotten im Sarg liege. Und ich bin auch großer Fan von Musik, deswegen möchte ich mit MP3-Player… – na, das ist meine Wunschvorstellung, was natürlich nicht geht, weil man kann den nicht da reinlegen, weil er nicht verrottet. Aber das wäre mein Wunsch, dass bevor der Sarg geschlossen wird, mir die Stöpsel in die Ohren gesteckt werden und dann die Musik angemacht wird."
Auf dem Münnerstädter Stadtfriedhof drängen sich unterdessen die Trauergäste, so zahlreich, dass der Pfarrer die Trauerfeier vor der Kapelle hält. Gesang, ein Meer von Blumen, Gebete.
Dann zieht der Trauerzug zum Grab. Salutschüsse. Und der Musikverein spielt.
Suckfüll: "In Norddeutschland gibt’s Trägerhandschuhe, weiße Handschuhe, die werden übergezogen und dann mit ins Grab gelegt. Hier bei uns nimmt man Taschentücher. Die werden an die Griffe rangemacht, dass man die Griffe nicht anpackt, und dann nimmt man die Taschentücher und trägt den Sarg hin. Bevor er abgelassen wird, kommen die Tücher weg, und es steckt dann jeder sie ein. Das ist traditionsmäßig übergeben."
Am Rand des Stadtfriedhofs, hinter einer Hecke, liegt der Übungsfriedhof; Auszubildende lernen dort Gräber auszuheben, zu verschalen, beizusetzen. Es gibt eine Sargwerkstatt und eine Probekapelle; verstreuen Sie bloß keine Rosenblüten, sagt die Dekorationslehrerin, da rutschen die Sargträger bloß aus. Im Kommunikationskurs fragt der Trainer: Wie finden Sie den passenden Sarg?
Budinger: "Setzten Sie das an den Anfang des Gesprächs? – Nee …"
Martin Knasel fragt die Angehörigen: Wie sieht’s zu Hause aus? Oft hat der Verstorbene in Eiche gelebt. Und wenn jemand Ikea-Möbel hatte?
Knasel: "Dann kann man mit dem Ansatz kommen: Gehen wir davon aus, der Vater ist gestorben – wir suchen jetzt das letzte Zuhause für deinen Vater aus. Was wäre für ihn angemessen? Worin würde er sich wohlfühlen? Da entwickelt sich das Gespräch dann schon von ganz allein."
Am späten Nachmittag Stühlerücken in der Hohen Schule der Bestattung. Müde Gesichter. Eine schöne Leich’ ist ein rechtes G’schäft.
Schulte: "Wenn man keine Erfahrung hat, wird irgendwas schief gehen. Und das nehmen die Leute einem sehr übel. Weil eine Beerdigung eine einmalige Sache ist – die kann man nicht wiederholen, und darum gehen die Leute zu den Leuten, die Ahnung haben."