Uffizien klonen Kunstwerke

Ein digitaler Michelangelo für 140.000 Euro

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Ein Mann und eine Frau, beide tragen einen Mund-Nase-Schutz, stehen vor dem runden Gemälde "Tondo Doni" von Michelangelo in den Uffizien in Venedig. Es zeigt Maria, Joseph und das Christuskind.
Das Original hängt noch immer in den Uffizien. Doch eine digitale Kopie von Michelangelos Rundgemälde "Tondo Doni" kann man neuerdings auch kaufen - wenn man das nötige Kleingeld hat. © picture alliance / Photoshot
Anika Meier im Gespräch mit Max Oppel · 20.05.2021
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Wegen Corona kamen zuletzt kaum Besucher in die Uffizien, dem Museum in Florenz fehlt das Eintrittsgeld. Die Einnahmeausfälle gleicht es nun aus, indem es digitale Kopien berühmter Kunstwerke verkauft.
Museen weltweit leiden unter der Pandemie und den Gegenmaßnahmen, auch finanziell. Die Uffizien in Florenz haben jetzt einen Weg gefunden, unabhängig von Eintrittsgeldern und Besuchern, mit Kunst Kasse zu machen: Sie versilbern einfach berühmte Werke von Michelangelo oder Boticelli, indem sie eine digitale Reproduktion samt Zertifikat verkaufen – inklusive Unterschrift von Museumsdirektor Eike Schmidt persönlich. Eine Reproduktion des berühmten Tondi-Rundbilds von Michelangelo wurde auf diese Weise schon für 140.000 Euro verkauft.
Der digitale Klon eines Kunstwerks sehe so aus wie das Original, sei genauso groß wie das Original, und die Käufer könnten sich das "Digital Art Work" ins Wohnzimmer hängen, erklärt die Kunstwissenschaftlerin und Kuratorin Anika Meier. Von Michelangelos Rundbild gebe es beispielsweise insgesamt neun digitale Exemplare.

Plakat oder digitale Kopie? Je nach Geldbeutel

"Ich glaube, es geht hier sehr stark um Teilhabe", sagt Meier und verweist auf das typische Gedankenspiel bei einem Museumbesuch, welches Kunstwerk man sich denn gerne über die eigene Couch hängen würde. Das sei jetzt tatsächlich realisierbar – zumindest wenn man über das nötige Kapital verfüge. "Da werden sich viele wahrscheinlich eher eine Postkarte oder ein Plakat mit nach Hause nehmen."
Für Sammlerinnen und Sammler könnten diese Digital Art Works aber durchaus interessant sein, glaubt die Kuratorin. Zudem werde hier eine andere Käuferschicht angesprochen. Der Verkauf der digitalen Reproduktionen ist nicht nur für die Uffizien lukrativ. Die Firma, die die Kopien erstellt, erhält laut Meier 50 Prozent des Kaufpreises.

Die Uffizien hätten mit den Reproduktionen eine Möglichkeit gefunden, auf den Hype um digitale Kunstwerke aufzuspringen. Angesichts der eingebrochenen Besucherzahlen sei wahrscheinlich auch die Not da, zusätzliche Einnahmefelder aufzutun, vermutet die Kunstwissenschaftlerin. Museumsdirektor Eike Schmidt habe die Einkünfte aus den Verkäufen mit denen aus einem Museumsrestaurant verglichen.
(jfr)
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