Chaos im Parlament
Der ukrainische Premierminister Mykola Asarow hat die Entscheidung, das Abkommen mit der Europäischen Union auf Eis zu legen, mit strategischen Gründen erklärt. Die Opposition wollte davon nichts wissen.
"Wir kämpfen für eine europäische Ukraine", spornte Vitali Klitschko in Kiew die Demonstranten an. Es war die erste Protestveranstaltung, weitere sogenannte Euro-Maidan-Demos sollen folgen. Am besten eine Wiederholung der Orangenen Revolution, wozu auch Julia Timschenko aus der Haft heraus aufrief. Im Parlament jedenfalls beherrschte die Opposition heute das Geschehen.
"Setzen Sie sich", sagt Parlamentspräsident Rybak, "ich erteile dem Premierminister das Wort, setzen sie sich, lassen Sie uns zuhören."
Die Opposition in weißen und roten T-Shirts strömt stattdessen in Richtung Premier, der nicht am Pult, sondern von der Bank aus spricht. Der betagte Regierungschef Mykola Asarow beginnt zu erklären, dass das Ende des Assoziierungsprozesses das einzig Mögliche ist in der gegenwärtigen Situation der Ukraine, doch er findet kein Gehör. "Hören Sie zu, hören Sie ihren Premierminister an", ruft er, vergebens.
Die Entscheidung habe ausschließlich wirtschaftliche Gründe und sei nur eine taktische. An der strategischen Richtung der Ukraine werde sich nichts ändern. Als er sagt, die Ukraine strebe normale, gute Beziehungen zur Russischen Föderation an, das sei die Abkehr von Europa, rufen die Oppositionsabgeordneten.
Der Premier rechtfertigt sich: der EU seien Dreiergespräche mit Russland und der Ukraine vorgeschlagen worden. Er dringt nicht durch, fragt ob er nun weiterreden soll oder nicht, die Abgeordneten beruhigen sich nicht. "Schande, Schande", rufen sie. Asarow verlässt den Saal, die Sitzung wird abgebrochen.
Vor dem Sitzungssaal verteidigt der Fraktionschef der Partei der Regionen von Präsident Viktor Janukowitsch, warum die Regierung aus dem Assoziierungsprozess ausgestiegen ist.
Es war der Druck aus Moskau.
"In den vergangen neun Monaten, genau genommen in den letzten drei Monaten, seitdem Russland mit seinen Handlungen begann, haben wir einen Handelsverlust von fünfeinhalb Milliarden Dollar erlitten. Der Maschinen, Waggon und Schiffsbau stehen seit seitdem. Deshalb wollte die Regierung eine Pause und eine Wiederherstellung der Beziehungen zu unserem Hauptpartner. Wieso sollten wir als Staat nicht entscheiden, mit wem wir welche Beziehungen unterhalten wollen. Und was haben wir von der EU auf die Frage, wer diese Verluste kompensiert, gehört: Lasst Timoschenko frei, dann werden wir reden."
Die EU hätte den großen ukrainischen Markt bekommen, die Ukraine dagegen ihren wichtigsten Partner verloren. Die Entscheidung eine Woche vor dem Gipfel sei nicht überraschend, denn der Premier hätte immer auf die Risiken der Integration hingewiesen.