Ukraine

Das Aus für Hammer und Sichel

YAROSLAVL, RUSSIA. FEBRUARY 24, 2015. A medal marking the 70th anniversary of the Victory in the Great Patriotic War (1941-1945) at the Russkiye Remesla Center in Yaroslavl. Sergei Savostyanov/TASS
Hammer und Sichel: Die Symbole des Kommunismus dürfen in der Ukraine nicht mehr verwendet werden. © picture alliance / dpa / Savostyanov Sergei
Von Florian Kellermann |
Mit einem neuen Gesetz will die Ukraine kommunistische Propaganda unterbinden. Wer nun den "kriminellen Charakter" des "kommunistischen Regimes" der Sowjetunion zwischen 1917 und 1991 leugnet, muss mit harten Strafen rechnen.
Schon seit über einem Jahr geht die ukrainische Regierung gegen die Kommunistische Partei im Land vor. Das Justizministerium sammelte Beweise dafür, dass die Partei die Separatisten im Osten unterstütze. So auch bei der sogenannten Volksabstimmung in den Bezirken Donezk und Luhansk im Mai 2014: Die Kommunistische Partei habe sie mitorganisiert - und damit gegen ukrainisches Recht verstoßen, so die Regierung.
Aber das Verbotsverfahren kommt nicht voran. Die Kiewer Gerichte schieben sich die Angelegenheit zu wie ein heißes Eisen. Gerade nahm das Bezirks-Verwaltungsgericht wieder eine Sitzung von der Tagesordnung - mit der Begründung, zuständig sei die höhere Instanz. Justizminister Pawlo Petrenko kommentierte: Das ukrainische Justizsystem sei eben korrupt, außerdem wolle kein Richter Verantwortung übernehmen. Doch seit heute sei das Gerichtsverfahren auch gar nicht mehr entscheidend, meint Petrenko.
"Das Parlament hat eine historische Entscheidung gefällt: Es hat einen Schlussstrich unter die kommunistische Vergangenheit der Ukraine gezogen. Das Gesetz über die Entkommunisierung verbietet auch die Kommunistische Partei. Sie verwendet ja die gleichen Symbole wie das totalitäre Sowjet-Regime, das einst in der Ukraine geherrscht hat. Das Verbotsverfahren, das ich als Justizminister angestoßen habe, ist damit hinfällig."
Umbenennen, anpassen, ändern
Das von Petrenko erwähnte Gesetz ist seit genau einem Monat in Kraft. So lange gab es den Parteien Zeit, sich umzubenennen, Symbole anzupassen und das politische Programm zu ändern. Die Kommunistische Partei der Ukraine jedoch tat nichts. Damit ist sie seit heute tatsächlich illegal.
Ein Skandal, meint der Parteivorsitzende Petro Simonenko:
"Die Regierung will uns verbieten, zu denken und einen eigenen Standpunkt zu vertreten. Viele Ukrainer sind heute ihrer Grundrechte beraubt. Sie haben zu wenig zu essen und nicht einmal ein Dach über dem Kopf. Sie können sich keinen Arzt leisten und nicht in den Urlaub fahren. Deshalb bekämpft die Regierung die Kommunistische Partei, die ein attraktives Angebot für die einfachen Bürger hat und eine ganz andere Ukraine schaffen könnte."
Bei der Parlamentswahl im vergangenen Jahr kam die Kommunistische Partei auf weniger als vier Prozent der Stimmen. Sie verpasste damit den Einzug ins Abgeordnetenhaus. Das lag jedoch auch daran, dass die Wahl in weiten Teilen der ostukrainischen Bezirke Donezk und Luhansk gar nicht stattfand, ebenso wenig auf der Halbinsel Krim. In diesen Regionen erzielen die Kommunisten traditionell ein überdurchschnittliches Ergebnis. Außerdem habe die Staatsmacht Aktivisten der Partei bedroht, unter Druck gesetzt und sogar verhaftet, so Simonenko.
Gegen das sogenannte Entkommunisierungsgesetz wandten sich nicht nur Sympathisanten der Kommunisten. Auch 70 internationale Wissenschaftler kritisierten es. Das Gesetz widerspreche der Meinungsfreiheit, schrieben sie in einem offenen Brief. Es spiele denjenigen in die Hände, die die Ukraine spalten und schwächen wollen.
Anderer Ansicht sind ehemalige sowjetische Dissidenten, so Josef Zissels, der viele Jahr in sowjetischen Gefängnissen verbringen musste:
"Die Kommunistische Partei war auch in den vergangenen Jahren nichts als eine Schande für unser Land. Ihre Abgeordneten haben ihre Stimmen nach links und rechts verkauft. Sie haben die Separatisten unterstützt und Russland, das einen Krieg gegen die Ukraine führt. Die Kommunisten hier haben sich schon immer widerwärtig verhalten und tun es weiterhin. Wenn wir diesen Ballast nicht von uns werfen, wird er uns immer bremsen."
Der Partei-Vorsitzende Simenko hat schon auf das Verbot reagiert: Mit Gleichgesinnten hat er eine neue Gruppierung gegründet. "Linker Marsch" heißt sie. Im Programm taucht jetzt das Wort "Sozialismus" auf, wo früher "Kommunismus" stand.
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