Das "Gold der Skythen" geht nicht zurück auf die Krim
Die Ukraine hat einen Etappensieg im Streit um die auch als "Krimgold" titulierten Kunstschätze errungen. Ein niederländisches Gericht hat sie als Teil des kulturellen Erbes der Ukraine bezeichnet − doch die Exponate bleiben vorerst in Amsterdam.
Es ging um rund 2.000 Exponate, viele von ihnen aus Gold und kunstvoll gearbeitet. Schmuckstücke und verzierte Gebrauchsgegenstände wie die Scheide eines Schwerts oder ein Helm, ihre Oberflächen zeigten Krieger und Fabelwesen, Raubkatzen mit Flügeln und angsteinflößende Fratzen. Vor weit über 2.000 Jahren waren sie im Besitz der Skythen, eines Reitervolks, das auf dem Gebiet der heutigen Ukraine und Südrusslands lebte.
Die Amsterdamer Richterin verkündete die lange erwartete Entscheidung:
"Die Artefakte müssen in die Ukraine zurückgebracht werden, denn sie sind Teil des kulturellen Erbes der Ukraine. Sie bleiben aber so lange in den Niederlanden, wie die Parteien gegen die Entscheidung Rechtsmittel einlegen können."
Die Ukraine ist also Siegerin in einem Rechtsstreit, in dem es von Anfang an nur vordergründig um Kunstobjekte ging.
"Wir können unser Erbe nicht beschützen"
Für beiden Seiten war dies eine hochpolitische Auseinandersetzung, es ging um nicht mehr und nicht weniger als die Halbinsel Krim. Russland hatte sie annektiert, kurz nachdem die Ausstellung "Das Krimgold und die Geheimnisse des Schwarzen Meeres" in Amsterdam angelaufen war. Die Ukraine forderte das Amsterdamer Museum deshalb auf, die Exponate nicht auf die Krim zurückzuschicken. Denn dort könne die Ukraine, als ihre Eigentümerin, derzeit nicht für deren Sicherheit garantieren.
Den ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko ließ die Entscheidung in Amsterdam triumphieren. Er ließ erklären: "Nicht nur das Skythengold gehört der Ukraine, auch die Krim. Die Krim ist unser und Punkt." So äußerte sich auch die stellvertretende ukrainische Kulturministerin Swetlana Fomenko, die nach Amsterdam gereist war:
"Die Krim ist von der Russischen Föderation besetzt, wir haben dort keinen Zugang, um unser kulturelles Erbe dort zu beschützen. Deshalb haben wir beschlossen, das Besitzrecht an den Objekten auf das Museum der ukrainischen Geschichte in Kiew zu übertragen. Sobald die Besetzung der Krim zu Ende ist, werden die Objekte natürlich auf die Halbinsel zurückkehren."
"Museen sind älter als der ukrainische Staat"
Verlierer sind die Museen der Krim. Sie hatten darauf geklagt, dass ihnen die Gegenstände zurückgegeben werden. Sie argumentierten nicht nur, dass sie den Leihvertrag mit dem Allard Pierson Museum abgeschlossen hatten. Sie wiesen auch auf international anerkannte Grundsätze hin. Dazu gehört, dass die Menschen auf der Krim ein Recht darauf haben, Zugang zu ihrem kulturellen Erbe zu bekommen. Auch das Prinzip, das Kulturgegenstände dort aufbewahrt werden sollten, woher sie stammen, führten die Krim-Museen an.
Andrej Malgin, Direktor des Tauris-Museums in Simferopol:
"Die Entscheidung des Gerichts macht den Staat zum alleinigen Entscheider über die Objekte, die ein Museum besitzt. Dabei sind diese Museen der Krim älter als der ukrainische Staat. Deshalb sind wir mit dem Gericht nicht einverstanden."
Wie groß die Enttäuschung in Russland war, zeigte die Berichterstattung. Die Reporterin eines Kreml-nahen Fernsehsenders unterstellte der Ukraine gar, dass sie die Kunstgegenstände jetzt möglicherweise verkaufen werde, um Auslandsschulden zu bezahlen. Olga Kwitidi, Mitglied im Verteidigungsausschuss des russischen Föderationsrats, nannte das Urteil ein politisches Verdikt:
"Das Gericht ist damit der antirussischen Hysterie erlegen, die es in einigen Ländern gibt. Das Skythengold gehört den Bewohnern der Krim. Es ist ihr kulturelles Erbe. Die Exponate sollten dahin zurückkehren, wo sie schon immer waren."
Das Urteil werde nicht ohne Folgen bleiben, drohen Vertreter russischer Museen und Kulturinstitute. Künftig würden es sich russische Museen zweimal überlegen, bevor sie Exponate zu Ausstellungen in die Niederlande schicken, erklärten sie.