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Lage an der polnisch-ukrainischen Grenze
Die meisten der mehr als 400.000 ukrainischen Flüchtlinge suchen den Ausweg nach Polen und werden dort ohne bürokratische Hürden aufgenommen. © picture alliance / Pixsell Armin Durgut
"Die Solidarität der Polen ist enorm"
06:08 Minuten
Über 400.000 Menschen haben die Ukraine auf der Flucht vor dem Krieg verlassen, sagt der Sprecher des UN-Flüchtlingskommissariats UNHCR, Chris Melzer. Die meisten Menschen flohen nach Polen. Dort gebe es beeindruckende Gesten der Solidarität, so Melzer.
Für die mehr als 400.000 Flüchtlinge aus der Ukraine, die zunächst vor allem in Polen Schutz suchen, werden derzeit vor allem die nötigsten Dinge benötigt, sagt der Sprecher des UN-Flüchtlingskommissariats, Chris Melzer.
Gefragt sei derzeit alles, was angesichts des Winters mit Wärme zu tun habe: Decken, Schlafsäcke, Mützen und Mäntel. Außerdem benötigten viele Menschen ein Dach über dem Kopf und müssten Aufnahme finden.
Wer helfen wollte, sollte am besten Geld spenden. Melzer befindet sich derzeit in Dorohusk, im Südosten Polens an der Grenze zur Ukraine. Hier ein Auszug aus dem Interview:
Liane von Billerbeck: Sie sind direkt an der polnisch-ukrainischen Grenze. Was für Szenen erleben Sie da?
Chris Melzer: Die Bilder sind im Grunde seit vier Tagen die gleichen. Es sind lange Schlangen mit Autos, zum Teil auch lange Schlangen von Menschen, die zu Fuß über die Grenze kommen. Es sind fast ausschließlich Frauen und Kinder, teilweise haben sie 60 Stunden gewartet in ihren Autos. Natürlich auch nachts und das bei Minustemperaturen. Die Menschen sind erschöpft, sie sind hungrig, sie haben auch seit Tagen keine Toilette gesehen und kein warmes Essen gehabt. Sie sind jetzt vielleicht nicht glücklich, aber erleichtert, dass sie in Sicherheit sind.
Liane von Billerbeck: Können Sie einschätzen, wie viele Flüchtlinge da nach Polen kommen oder schon gekommen sind?
Chris Melzer: Die Gesamtzahl der Menschen, die die Ukraine verlassen haben als Flüchtlinge, liegt jetzt etwa bei 422.000 und davon ist der größte Teil, 150.000-160.000, hier in Polen angekommen. Es gibt hier acht Grenzübergänge und an allen sind jetzt Schlangen von vielen, vielen Kilometern. Die offiziellen Zahlen sind bei 16, 18 oder 20 Kilometern je nach Grenzübergang. Tatsächlich sind es wahrscheinlich eher 30 Kilometer. Wie gesagt, die Menschen stehen hier tagelang in diesen Schlangen.
Liane von Billerbeck: Wie erleben Sie denn die Aufnahmebereitschaft in Polen?
Chris Melzer: Die ist enorm. Zum einen ist die Regierung sehr offen. Es wird tatsächlich jeder Ukrainer hier reingelassen. Es werden zwar die Dokumente festgehalten, das erklärt auch die langen Schlangen. Aber die Leute werden nicht abgewiesen.
Die Solidarität der Polen ist enorm. Was man da sieht, ist wirklich beeindruckend. Direkt hinter der Grenze stehen Menschen, die Telefonkarten verschenken, die warme Sachen verschenken. Wir sehen auch Männer, die stehen mit Pappschildern da, auf denen auf Ukrainisch steht "Sag mir, wo Du hin willst? Warschau, Posen. Ich fahre Dich da hin." Manche nehmen ganze Familien auf und transportieren sie durch halb Polen zu irgendwelchen Verwandten.
Liane von Billerbeck: Können Sie auch in der Ukraine selbst helfen?
Chris Melzer: Wir sind eine der wenigen Hilfsorganisationen, die noch da sind und werden dort auch nicht weggehen. Das ist schließlich unser Job. Wir haben etwa 120 Kollegen in der Ukraine, wir haben in den letzten Wochen unsere Lagerbestände dort aufgestockt und verteilen jetzt das, was man ganz dringend braucht: Decken, Schlafsäcke, Kanister, Hygieneartikel für Frauen und Ähnliches.
Auf der anderen Seite muss man natürlich sagen, das ist ein Land mit 42 Millionen Einwohnern mit Hunderttausenden Vertriebenen innerhalb des Landes. Da sind unsere Möglichkeiten da natürlich sehr begrenzt, zumal wir auch dramatisch unterfinanziert sind.