Ukraine-Konflikt

Krisensitzung in Kiew einberufen

Trotz massiver Bewachung erstürmten pro-russische Kräfte in Charkiv öffentliche Gebäude
Trotz massiver Bewachung erstürmten pro-russische Kräfte in Charkiv öffentliche Gebäude © dpa / Sharifulin Valery
Von Sabine Adler |
In zwei Metropolen der Ostukraine sind öffentliche Gebäude von Gegnern der ukrainische Regierung besetzt worden. Die Sorgen in Kiew sind groß, dass Moskau nach der Krim nun auch nach der Ostukraine greift.
In Donezk und Charkiw sind die Gebäude der Gebietsverwaltungen nach wie vor besetzt, in Lugansk der Sitz des Geheimdienstes. Dort sind pro-russische Kräfte in die Waffenkammer eingebrochen und haben sie geplündert. Die Polizei hat die Zufahrtswege in die Stadt gesperrt.
Präsident Oleksandr Turtschinow hat seine Litauen-Reise abgesagt und eine Dringlichkeitssitzung des Nationalen Sicherheitsrates einberufen. Premierminister Arseni Jazeniuk wandte sich an die Bevölkerung im Osten des Landes. Dort werde der anti-ukrainische Plan umgesetzt, der Plan gegen Donezk, gegen Charkow, gegen Lugansk für die Destabilisierung der Region, der Plan, dass ausländische Truppen die Grenze überqueren und unser Territorium besetzen, was wir nicht zulassen werden, sagte der Regierungschef heute morgen in Kiew.
Referendum, Referendum riefen einige hundert Demonstranten gestern hier in Lugansk, aber auch in Charkow, Donezk und Dneprpetrowsk.
Aufrufe zu einer Föderalisierung der Ukraine seien Versuche, den ukrainischen Staat zu vernichten, und Szenarien, die in der Russischen Föderation geschrieben worden sind, sagte Jazeniuk. Das Territorium der Ukraine solle verwandelt werden in ein Gebiet der Sklaverei unter dem Diktat Russlands, so der ukrainische Kabinettschef.
Politologe: Bevölkerungsstruktur in der Ostukraine nicht mit der Krim vergleichbar
Jazeniuk stellte in Abrede, dass Russland Truppen von der ukrainischen Grenze abgezogen habe. Sie befänden sich innerhalb der 30-Kilometer-Zone.
Jazeniuk hatte selbst in den Osten reisen wollen. Stattdessen sind jetzt Vize-Premier Jarema in Donezk, der Innenminister Awakow in Charkow. Geheimdienstchef Naliwaitschenko und der Chef des Nationalen Sicherheitsrates Parubij in Lugansk.
Der ukrainische Politologe Andrij Portnow hat Zweifel an der Wiederholung des Krim-Szenarios. Auf der Krim lebten überwiegend Russen, die auch vor dem Referendum nicht zur Ukraine gehören wollten, das gelte in Donezk und anderen östlichen Städten nur für eine Minderheit:
„Es geht um eine sehr bevölkerungsreiche Region, allein der Donbass, das Kohlerevier um Donezk, hat über fünf Millionen Einwohner, die Krim im Vergleich nur 2 Millionen. Für Russland würde es schwer werden, dieses Gebiet zu finanzieren.“
Ein Truppeneinmarsch würde Russland international weiter isolieren. Vielmehr glaubt der Wissenschaftler aus Dneprpetrowsk, solle mit der Föderalisierung der Ukraine Einfluss auf künftige Entscheidungen der Regierung genommen werden.
"Bei Putins Projekt der Föderalisierung ist geplant, die örtliche Elite vom Kreml zu kontrollieren und in Kiew Entscheidungen zu blockieren, die Moskau nicht passen, auch außenpolitische. Wenn zum Beispiel die weiteren Kapitel des Assoziierungsabkommen mit der EU unterschrieben werden sollen, könnte die Region Donezk das Projekt scheitern lassen, indem sie ihren Widerspruch anmeldet.“
Präsidentschaftskandidatin Julia Timoschenko nannte die Besetzung der Gebietsverwaltungen in Donezk und Charkow sowie des Geheimdienstgebäudes in Lugansk die Fortsetzung der Aggressionen Russlands gegen die Ukraine. Timoschenko will sich selbst ein Bild in Donezk verschaffen. Vitali Klitschko forderte die Schließung der Grenze zu Russland.
64 Prozent der Ukrainer, das ergab eine Umfrage, seien für den Erhalt ihres Landes in der jetzigen Form, die Krim eingeschlossen, 14 Prozent wollten eine Föderalisierung, Zehn Prozent könnten sich damit abfinden, auf die Krim zu verzichten. Ein Prozent sagte, die Ukraine solle in mehrere Teile gespalten werden.
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