Krieg in der Ukraine

Wie erkennen Factchecker Desinfomationen?

07:34 Minuten
Von Granatbeschuss beschädigtes Gebäude in der Region Donetsk
Ein Fall für den Faktencheck? Die Separatisten in der Region Donezk behaupten, dass dieses Haus von der ukrainischen Armee beschossen wurde. © picture alliance / TASS / Alexander Ryumin
25.02.2022
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Seit Russlands Angriff sieht man viele Videos und Fotos von Explosionen und zerstörten Gebäuden. In sozialen Medien werde oft versucht, solche Bilder "als Fake zu bezeichnen", sagt Factcheckerin Alice Echtermann, die Open-Source-Recherchen betreibt.
Welche Informationen aus der Ukraine sind derzeit glaubwürdig und welche nicht? Um das herauszufinden, werden Open-Source-Recherchen immer wichtiger, um sich ein möglichst genaues Bild von den Geschehnissen in diesem Krieg zu machen. Die Methode, Informationen aus frei verfügbaren, offenen Quellen zu sammeln, etwa im Internet, wird mit dem Akronym OSINT bezeichnet, es steht für Open Source Intelligence.
"Bevor Russland die Ukraine offen angegriffen hat, haben wir eine andere Art von irreführenden Informationen gesehen als jetzt", sagt Alice Echtermann, die beim Recherchezentrum Correctiv als Faktencheckerin arbeitet und auch Open-Source-Recherchemethoden verwendet. Zuvor seien nur vereinzelte Beiträge unterwegs gewesen, etwa die Videos von den Separatisten in der Ostukraine, die über die Notwendigkeit der Evakuierung sprachen – "da wurde anhand der Metadaten der Videos nachgewiesen, dass das schon zwei Tage vorher aufgezeichnet wurde". Damit habe die aktuelle Dringlichkeit einer Evakuierung in Zweifel gestanden.
Seit Donnerstag hingegen sehe man andere Arten von Bildern: Luftangriffe, Explosionen, Einschläge. "Das alles wird immer dokumentiert von Menschen", sagt Echtermann. "Was wir jetzt sehen, ist vor allen Dingen, dass diese Fotos in Frage gestellt werden, also dass versucht wird, diese Fotos und Videoaufnahmen als Fake zu bezeichnen."

Viele Metadaten von Videos werden gelöscht

Um der Wahrheit nahe zu kommen, müsse man aufpassen und sich ein gewisses Hintergrundwissen aneignen, warnt Echtermann. Das Problem mit den Metadaten der Videos sei, dass bestimmte soziale Netzwerke, Facebook zum Beispiel, die Metadaten von hochgeladenen Videos entfernen oder unbrauchbar machen. "Man kann leicht falsche Schlüsse ziehen. Es ist schon momentan so, dass einige Fakes entdeckt werden."

Aber sehr viel häufiger sehen wir gerade, dass Dinge, die gar nicht Fake sind, als Fake bezeichnet werden, um zu versuchen, diese Angriffe Russlands auf die Ukraine kleinzureden oder wegzureden.

Ein Beispiel ist laut Echtermann ein bombardiertes Wohngebäude im Osten der Ukraine, von dem sämtliche Nachrichtenagenturen Bilder verbreiteten. "Da wurde auf Telegram im Nachhinein versucht zu konstruieren, dass die Aufnahmen eigentlich von einer Gasexplosion 2018 stammen würden." Dies sei eine ganz perfide Art, Verwirrung zu stiften, "denn gerade wir als Faktenchecker weisen ja oft darauf hin, dass es genau solche Desinformation auch gibt, dass man alte Fotos oder Videos von irgendwo nimmt und einfach behauptet, das hier war jetzt ein aktueller Anschlag, ein aktueller Angriff." Hier sei es umgekehrt, das sei gefährlich.

Experten auf Twitter geben glaubwürdige Infos

Telegram spiele in Deutschland eine sehr große Rolle bei der Verbreitung bestimmter Narrative über den Ukraine-Krieg, sagt Echtermann." Auch auf TikTok passiere sehr viel, auf Facebook sei hingegen erstaunlich wenig zu finden.
Als vergleichsweise zuverlässigen Social-Media-Kanal sieht Echtermann Twitter an, weil dort eine sehr aktive Community von Russland-Experten und Journalisten mit sehr glaubwürdigen Informationen zu finden sei: "Twitter ist gerade für Kriegsberichterstattung die Hauptplattform, wo viele sehr gute Informationen unterwegs sind – was nicht heißt, dass nicht dort auch Fakes dazwischen sein können."

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