Die Lage ist dramatisch
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Die ukrainische Identität auszulöschen, ist offenbar ein Kriegsziel der russischen Seite. Die Invasoren plünderten Museen, verbrächten Kulturgüter in die Donezk-Region und verschleppten leitendes Personal, berichtet der Historiker Peter Haslinger.
Der Krieg in der Ukraine vernichtet Menschenleben, aber auch Kulturschätze. Zahlreiche Einrichtungen wie Museen und Bibliotheken seien stark beschädigt oder zerstört worden, sagt Peter Haslinger vom Herder-Institut für historische Ostmitteleuropaforschung. Das Institut hat nun gemeinsam mit der Deutsch-Ukrainischen Historikerkommission die Onlineveranstaltung "S.O.S. Ukrainisches Kulturgut im Krieg" organisiert, in der besprochen werden soll, wie bedrohte Kulturgüter geschützt werden können.
Der Bedarf an Hilfe ist vielfältig
Die Rettung ist bereits im Gang: "Die Zerstörung wird durch verschiedene onlinegestützte Projekte dokumentiert", erläutert Haslinger. "Es gibt Sammlungen, die nicht mehr existieren. In der Südukraine werden Regionalmuseen geplündert, Kunst in den Donezk verbracht und leitendes Personal verschleppt. Sobald der Krieg in dem jeweiligen Ort ankommt, wird es auch für die Kultureinrichtungen existenziell und dramatisch."
Durch Hilfsgelder aus Deutschland können Kulturgüter in Sicherheit gebracht oder Archivgut gescannt werden, sagt Haslinger. Die Zusammenarbeit fände dabei auf Augenhöhe statt. Bei einem Treffen mit ukrainischen Kollegen habe er deswegen eine große Dankbarkeit gegenüber Deutschland vernommen.
Doch auch für das Personal von Kultureinrichtungen müsse etwas getan werden. Viele Angestellte erhielten zurzeit nur Notgehälter oder gar kein Einkommen, sagt Haslinger. Auch abseits der Kriegsschauplätze greife Verelendung und existenzielle Nöte um sich.
Gute Vernetzung innerhalb der Ukraine
Er sei begeistert von der Eigeninitiative, der Kreativität und dem Grad der Vernetzung unter seinen ukrainischen Kollegen, sagt Haslinger. "Das ist eine höchst lebendige und gut funktionierende Community, die aber mehr Unterstützung hinsichtlich der Ressourcen, der Logistik und auch der politischen Sichtbarkeit gebrauchen könnte."
(rja)