Polizei fahndet nach Janukowitsch
Die ukrainische Übergangsregierung verstärkt ihre Bemühungen bei der Suche nach Viktor Janukowitsch. Nach dem gestürzten Präsidenten wird polizeilich gefahndet - offenbar wegen "Massenmordes". Das teilte der kommissarische Innenminister Arsen Awakow am Montag bei Facebook mit.
Am Montag war jedoch immer noch völlig unklar, wo sich der Politiker derzeit aufhält. Zuletzt hieß es, der Flüchtige sei auf der Krim-Halbinsel gesehen worden. Diese Meldung basiert jedoch nur auf Augenzeugenberichten und ist nicht offiziell bestätigt.
Zuvor warnte Interimspräsident Alexander Turtschinow vor der Zahlungsunfähigkeit des Landes. Mehrere westliche Länder sagten finanzielle Unterstützung zu, während Russland den Geldhahn zudrehte.
"Wir müssen zur Familie der europäischen Nationen zurückkehren"
Die Ukraine muss in diesem Jahr rund 13 Milliarden Dollar an Schulden begleichen - und hat dieses Geld nicht. Übergangspräsident Alexander Turtschinow beschuldigte seinen aus dem Amt gejagten Vorgänger Viktor Janukowitsch, das Land ruiniert zu haben.
Nun richtet sich das Augenmerk vieler Ukrainer auf den Westen, der neue Präsident hat sich auch entsprechend für eine Wiederannäherung ausgesprochen: "Wir müssen zur Familie der europäischen Nationen zurückkehren", sagte er am Sonntagabend.
Die Abkehr vom Westen hatte die monatelangen Proteste in der Ukraine ausgelöst: Ex-Präsident Janukowitsch hatte ein zuvor mit der EU ausgehandeltes Assoziierungsabkommen überraschend aufgekündigt und sich dann Russland zugewandt.
Swoboda: EU-Hilfen nur gegen Reformen
Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton reist heute nach Kiew, um über Hilfen der EU zur politischen und wirtschaftlichen Stabilisierung des Landes zu beraten. Diese sollten aber an Reformen geknüpft werden, fordert Hannes Swoboda. Swoboda sagte im Deutschlandradio Kultur, es müsse strikt darauf geachtet werden, dass die Korruption im Land gebändigt und die Macht der Oligarchen eingeschränkt werde.
Außerdem müsse die Einheit des Landes gewahrt bleiben. Nach der Machtübernahme durch die Opposition wurde Stimmen laut, die sich über eine mögliche Abspaltung des pro-russischen Ostteils der Ukraine sorgten.
US-Finanzminister Jack Lew signalisierte Unterstützung von Seiten der USA. Er forderte die Regierung in Kiew auf, zügig auf den Internationalen Währungsfonds zuzugehen, um Finanzhilfen zu beantragen.
Der Finanzbedarf liegt bei insgesamt 35 Milliarden Dollar. "Die Situation ist wirklich sehr ernst", betont unsere Korrespondentin Sabine Adler in Kiew. Die Renten könnten nicht ausgezahlt werden, und wenn man zusätzlich zu den politischen Spannungen nicht auch noch soziale Verwerfungen riskieren möchte, sollte schnell gehandelt werden.
Die Rückkehr Timoschenkos in die Politik
Der amtierende Interimspräsident Turtschinow ist ein enger Vertrauter der früheren Regierungschefin Julia Timoschenko. Diese war am Samstag nach zwei Jahren Haft durch einen Parlamentsbeschluss freigekommen. Eine Kandidatur als Ministerpräsidentin schließt die 53-Jährige aus. Vermutlich wird sie aber für das Präsidentenamt kandidieren, sagt unsere Korrespondentin Sabine Adler.
Ihre Rückkehr auf die politische Bühne wird im Westen des Landes eher kritisch gesehen. Dort ist insgesamt das Vertrauen in die alte politische Garde gestört. Im Westen will man die Annäherung an die EU schneller vorantreiben, berichtet Henryk Jarczyk aus Lemberg.
abu