Polizei löst Proteste in Kiew gewaltsam auf
Zum Abschluss des EU-Gipfels sah sich der Präsident der Ukraine, Viktor Janukowitsch, an den Rand gedrängt. Und daheim in Kiew wurden die Pro-EU-Protestler von der Polizei auseinander getrieben.
Nach dem Gipfel in Vilnius sind wir in einem anderen Land aufgewacht, erklärte heute einer der Oppositionsführer der Ukraine, Arseni Jazeniuk von der Timoschnko-Partei Vaterland.
Gemeint hat er nicht nur die Blockadehaltung von Präsident Viktor Janukowitsch, sondern - aus aktuellem Anlass - die gewaltsame Auflösung der Proteste auf dem Maidan-Platz in Kiew. Es war das erste Mal seit dem Beginn der Proteste vor neun Tagen, das Sicherheitskräfte gegen die Aktivisten vorgingen.
Am Morgen kurz nach vier Uhr hatte die Sondereinheit Berkut Schlagstöcke gegen Demonstranten eingesetzt. Um fünf Uhr war dann der Platz geräumt, zahlreiche Menschen verletzt und in Polizei-Gewahrsam genommen worden.
"Die wichtigste Aufgabe ist jetzt, diese Leute wieder freizubekommen",
sagte Jazeniuk, der wie Vitali Klitschko von Udar und Oleg Tjanibok von Svoboda direkt von Vilnius aus zu den Demonstranten gekommen war.
Die Oppositionsführer hatten sich in der litauischen Hauptstadt aufgehalten, um am Rande des Gipfels für den Teil der Ukraine zu sprechen, der zu Europa gehören möchte:
"Wie warten schon seit längerer Zeit, seit 22 Jahren, seitdem wir unabhängig sind. Wie lange müssen wir noch warten? Wir wollen unsere Chance nicht verlieren."
Janukowitsch musste ganz außen Platz nehmen
Nachdem sie vom Maidan vertrieben wurden, versammeln sich die Demonstranten nun auf dem Michailowski-Platz, wo sie von Mönchen des Klosters mit heißem Tee versorgt werden.
In der ukrainischen Tageszeitung "Kommersant" wird heute auf das Ausmaß der Enttäuschung auf EU-Seite verwiesen. Janukowitsch sei bei der gestrigen Unterzeichnungszeremonie ganz außen, weit weg von der EU-Spitze platziert worden.
Er hatte nach dem Treffen Dreier-Gespräche zwischen Russland und der EU vorgeschlagen, in denen die Ukraine vermitteln möchte, um "die Blockade der Strategischen Partnerschaft zwischen der EU und Russland aufzulösen."
Janukowitsch: "Wir müssen Lösungen finden für unsere finanziellen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten und die Blockade auflösen, die die Unterschrift unter die Strategische Partnerschaft zwischen Russland und der Europäischen Union bislang verhindert hat sowie alles für die dreiseitigen Beziehungen zwischen der EU, Russland und der Ukraine tun. Das ist jetzt unsere Pflicht." So der ukrainische Präsident.
Ratschläge aus Litauen für den Umgang mit Russland
Dass sich die EU demnächst ausgerechnet der Ukraine als Vermittler bedient, darf bezweifelt werden. Kommissionspräsident Barroso hatte Janukowitsch schon gestern in Vilnius eine Abfuhr erteilt, bei bilateralen Verträgen benötige die EU kein drittes Land.
Nach dem Gipfel in Vilnius soll Janukowitsch zudem den Wunsch geäußert haben, noch eine gemeinsame Erklärung mit der EU zu verabschieden, obwohl er die Unterschrift unter das Assoziierungsabkommen verweigert hatte. Die EU-Vertreter lehnten sein Begehren ab.
Die Gastgeberin, Litauens Präsidentin Dalia Grybauskaite, hatte ihm hinterhergeschickt, dass kein Land seine eigenen Entscheidungen entschuldigen könne mit dem Druck, den ein anderes Land ausübe. Wenn es einen politischen Willen gäbe, würde man dem Druck auch standhalten.