Schwere Kämpfe in Region um Donezk und Lugansk
Im ostukrainischen Konfliktgebiet Donezk sind erneut heftige Gefechte aufgeflammt. Aufgrund der unklaren Sicherheitslage will die Niederlande nun zunächst keine bewaffneten Einheiten zur Sicherung der abgestürzten Zivilmaschine schicken.
Donezk und Lugansk sind derzeit die am meisten umkämpften Städte in der Ostukraine.
Dabei werden die Bewohner von Donezk im Internet aufgefordert, keinesfalls auf die Straße zu gehen, wenn sie in Vierteln am Stadtrand wohnen. Wer die Stadt nicht verlassen kann, soll versuchen, weiter im Stadtzentrum unterzukommen. Unter der ukrainischen blau-gelben Flagge würden die Separatisten Wohnviertel unter Beschuss nehmen, um die Regierungstruppen zu diskreditieren, warnen Armeesprecher.
"Mit wessen Granaten auf unsere Häuser geschossen wird, ist nicht mehr wichtig, wenn sie am Ende zerstört sind", kommentierte eine nach Kiew geflohene Einwohnerin aus Donezk die Warnung der Armee.
In etlichen Wohngebieten von Donezk ist die Energieversorgung ausgefallen, die Wasserversorgung ist seit Wochen immer wieder unterbrochen. Die Bahn fährt nicht, nur mit sogenannten Marschrutkas, Sammeltaxen, kann man die Stadt verlassen.
Der Sprecher der Armee, Andrej Lisenko, meldet hier mehrere Tote und verletzte Soldaten, als er über die Verluste seitens der Regierungstruppen informierte. Die Rebellen würden junge Männer zwingen, sich ihnen anzuschließen, berichten Einwohner aus Donezk übereinstimmend mit offiziellen Verlautbarungen von Regierungsseite.
In Lugansk, wo über 400.000 Menschen leben, sind seit Freitag ebenfalls mehrere Zivilisten getötet und verletzt worden.
Angriffe der ukrainischen Armee - Kämpfe gefährden Sicherung der Absturzstell von MH-17
Die ukrainische Armee startete nach eigenen Angaben am Sonntag großangelegte Angriffe mitten im Gebiet der prorussischen Separatisten. Bei Beschuss auf die Stadt Gorlowka sollen demnach 13 Menschen getötet worden sein, wie die Gebietsverwaltung von Donezk mitteilte. In den Städten Debalzewo, Schachtarsk, Tores und Sneschnoje wurde nach verschiedenen Angaben ebenfalls gekämpft.
Damit wurde auch die Absturzstelle der malaysischen Boeing 777-200 zur Kampfzone. Die ukrainischen Angriffe von Norden und Süden könnten das Separatistengebiet in zwei Teile teilen und den Ring um die Millionenstadt Donezk schließen. Unabhängige Berichte zu den Kämpfen gab es nicht.
In Reaktion auf die Kämpfe beschloss die niederländische Regierung am Sonntagnachmittag in einer Eilsitzung, vorerst keine bewaffnete Schutztruppe zur Absturzstelle zu schicken. Das teilte der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte in Den Haag mit. Die neu aufgeflammten Kämpfe zwischen der ukrainischen Armee und prorussischen Rebellen machten einen solchen Einsatz zur Zeit unmöglich, erklärte Rutte nach einer Dringlichkeitssitzung seines Kabinetts.
Kämpfe machen Versorgung schwierig
Im gesamten Bezirk ist die Stromversorgung zusammengebrochen. Die Bewohner hoffen, dass ein Stromproduzent wie angekündigt wenigstens stundenweise Energie liefert.
Neun Bergwerke haben die Kohleförderung eingestellt, die ohne Energieversorgung nicht mehr sicher ist. Zwei Hochspannungsleitungen sind durch die Kämpfe beschädigt worden, 3000 Bergleute unter Tage mussten daraufhin die Schächte verlassen bzw. dürfen nicht hinunter. Vor gut zwei Wochen hatten bereits vier Gruben wegen der bewaffneten Auseinandersetzungen in unmittelbarer Nähe die Arbeit eingestellt, ein Bus mit Bergleuten war in die Luft gesprengt worden, ein anderer wurde beschossen. Derzeit steht die Kohleförderung damit im gesamten Lugansker Gebiet still.
Trauer in Krementschug
In Krementschug, wo gestern der Bürgermeister erschossen worden ist, legten viele Bürger am Tatort Blumen nieder.
"Es ist so traurig, dass man so jemanden tötet. Das war so ein junger und energiegeladener Mann. Er hat so viel für unsere Stadt getan. Wir beerdigen ihn wie einen nahen Verwandten."
Warum der Bürgermeister Oleg Babajew, der gerade in sein Auto steigen wollte, getötet wurde, ist unklar. Er soll gute Chancen gehabt haben, demnächst Gouverneur der Region zu werden.
Mit Informationen von dpa