Ukrainischer Theaterintendant zum Krieg

"Putin hat die russische Kultur als Waffe benutzt"

08:55 Minuten
Im Zuschauerraum eines Theatersaals haben sich Gefluechtete notdürftig mit Tischen und Betten eingerichtet.
Keine Proben, keine Aufführungen: Theater in Lwiw haben ihre Räume Geflüchteten zur Verfügung gestellt. © AFP / STR / Yuriy Dyachyshyn
Dmitro Zahozhenko im Gespräch mit Vladimir Balzer · 30.03.2022
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Theater in Lwiw sind zu Notunterkünften für Geflüchtete umfunktioniert worden. Die künstlerische Arbeit ist eingestellt. Russland müsse in der Ukraine gestoppt werden, um Schlimmeres zu verhindern, sagt Dmitro Zahozhenko, Intendant des Lesi Teatr.
Im westukrainischen Lwiw landen viele Menschen, die aus den Kriegsgebieten geflohen sind. Das Lesi Teatr ist das größte Theaterhaus der Stadt und bietet neben anderen Häusern nun Geflüchteten Schutz. Seit Kriegsbeginn wird nicht mehr künstlerisch gearbeitet. Die Versorgung der Menschen steht im Vordergrund.
Lwiw habe zurzeit doppelt oder dreimal so viele Bewohner als vorher, sagt Intendant Dmitro Zahozhenko. Man tue, was man kann, um den Geflüchteten zu helfen.

Die Zerstörer von Aleppo zerstören nun Mariupol

Noch hat Zahozhenko keinen Einberufungsbefehl bekommen. "Ich weiß, wie man Theater macht, aber ich weiß nicht, wie man schießt. Aber wenn die Zeit kommt, dann nehme ich die Waffe in die Hand und gehe zur Front. Das ist klar."
Eine Verständigung mit Russland werde es nicht geben, sagt Zahozhenko. "Der Krieg wird noch dauern. Vor Jahren hat Russland Aleppo zerstört. Jetzt sind es dieselben Leute, die die Zerstörung von Mariupol befehlen."
Er begrüßt die Unterstützung und Solidarität aus Westeuropa, befürchtet aber, dass der Krieg noch schlimmer werden könne. Deswegen wünscht er sich mehr Hilfe.

"Ein dritter Weltkrieg könnte hier gestoppt werden. Denn wenn Russland in der Ukraine erfolgreich ist, dann nimmt es sich als nächstes Moldau oder die baltischen Staaten. Wenn sie sehen, dass Gewalt funktioniert, dann werden sie weitermachen. Hier in der Ukraine werden jetzt wichtige Entscheidungen getroffen."

Theatermacher Dmitro Zahozhenko

Abwendung von russischer Kultur

Obwohl er sehr gut Russisch spricht, hat Zahozhenko darauf bestanden, das Gespräch auf Englisch zu führen, denn Putin habe die russische Kultur getötet, sagt er.

"Die russische Kultur gehörte immer zu mir. Ich bin mit ihr groß geworden und fühle mich jetzt verraten. Ich werde nie wieder Tschechow inszenieren. Nie wieder Dostojewski. Ich will nie wieder etwas damit zu tun haben."

Theatermacher Dmitro Zahozhenko

Putin habe viele Unterstützer, sagt Zahozhenko. Hinter ihm stehe ein ganzes System und er habe die russische Kultur als Waffe in Kriegen benutzt und sie damit zerstört.
(rja)
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