Ulrich Grillo: China darf Rohstoffexporte nicht blockieren
Der Vizevorsitzende des Bundes der Deutschen Industrie (BDI), Ulrich Grillo, hat die chinesischen Exportbeschränkungen für besonders nachgefragte Rohstoffe kritisiert. Kanzlerin Angela Merkel müsse China klarmachen, dass das Land an die Regeln des Welthandels gebunden sei.
Marietta Schwarz: China ist als Handelspartner für Deutschland und die EU nicht mehr wegzudenken, als Absatzmarkt für Produkte made in Germany - vor allem Autos -, aber eben auch als Rohstofflieferant. Metallische Rohstoffe werden fast ausschließlich aus China importiert, ähnlich sieht es bei den immer wichtiger werdenden seltenen Erden aus, die man für die Produktion von Hightech-Produkten dringend benötigt. Die Abhängigkeit ist also groß und das Reich der Mitte hält sich nicht an die Spielregeln der Welthandelsorganisation. Heute reist Bundeskanzlerin Angela Merkel nach China. Anfang der Woche forderte die WTO erneut, dass China seine Exportrestriktionen abbauen müsse, und quasi zeitgleich gaben deutsche Unternehmen die Gründung einer Allianz zur Rohstoffsicherung bekannt. Das Konzept dafür stammt vom BDI, und dessen Vizepräsident Ulrich Grillo ist jetzt am Telefon. Guten Morgen!
Ulrich Grillo: Guten Morgen, Frau Schwarz!
Schwarz: Herr Grillo, die deutsche Industrie befürchtet Versorgungsengpässe. Welchen Anteil trägt denn China an diesen Sorgen?
Grillo: Ja, China trägt einen größeren Anteil an diesen Sorgen sicherlich. Wir dürfen nicht vergessen: Deutschland ist ein Industrieland und soll es bleiben. Für die industrielle Produktion brauchen wir Rohstoffe, ohne Rohstoffe stehen in Deutschland die Räder still. Und wir sind nun mal gerade bei metallischen Rohstoffen und seltenen Erden stark von Rohstoffimporten abhängig. Die kommen bei Weitem nicht nur aus China, allerdings bei den seltenen Erden, die gerade für die Energiewende wichtig sind, für die erneuerbaren Energien, da kommen derzeit 97 Prozent der seltenen Erden aus China. Insofern ist das schon ein wesentliches Thema.
Schwarz: Gibt es denn Alternativen zu chinesischen Rohstoffvorkommen?
Grillo: Ja, es ist abhängig, von welchen Rohstoffen wir reden. Wenn wir von Zink, von Kupfer, von Aluminium reden, dann gibt es sicherlich vielfältige Zugangsmöglichkeiten in der ganzen Welt, seltenen Erden derzeit eben rund 95 Prozent in China, das ändert sich aber relativ schnell, da auch in anderen Ecken, Australien, Nordamerika, Osteuropa auch neue Vorkommen seltener Erden angegangen werden, die werden in zwei, drei Jahren die Versorgung etwas ausgleichen.
Schwarz: China ist im Besitz dieser Rohstoffe, die gebraucht werden, rückt sie aber offenbar ungern raus. Hat denn die WTO, die Welthandelsorganisation, Druckmittel bei solchen Regelverstößen in der Hand?
Grillo: Ja, China ist ja nun WTO-Mitglied und wir sind sehr froh, dass das WTO-Urteil gegen China gerade, Anfang der Woche, bestätigt wurde. Es gibt chinesische Exportbeschränkungen bei neuen Rohstoffen, die wurden als WTO-widrig eingestuft. Wir haben beim BDI mal eine Liste gemacht über Handelsbeschränkungen, das sind über tausend und die kommen mehrheitlich aus China. Insofern muss sich China daran halten, muss das Verhalten ändern. Und das ist auch ein Ziel der Reise jetzt nach China mit der Kanzlerin, dort klarzumachen, dass es auch im Interesse von China ist, mittel- bis langfristig wieder WTO-fähig, im Sinne der WTO zu handeln. Denn auch China wird irgendwann vom Rohstoffimport abhängig sein. Und insofern muss es eigentlich an funktionierendem Handel interessiert sein.
Schwarz: Was versucht denn die neu gegründete sogenannte Allianz zur Rohstoffsicherung jetzt gegen dieses Problem der Engpässe zu tun?
Grillo: Ja, wir haben natürlich erkannt auch in großen Diskussionen mit der Politik, dass wir von Rohstoffen abhängig sind, dass wir da was tun müssen. Vor 20, 30 Jahren funktionierte der Rohstoffhandel, die deutsche Industrie konnte die Rohstoffe problemlos zukaufen. Das geht heute leider nicht mehr so einfach. Insofern, nach dem Motto "Gemeinsam sind wir stärker" haben wir uns zusammengetan - derzeit zwölf Unternehmen, aber das ist offen, es können weitere Unternehmen dazustoßen -, eine sogenannte Rohstoffallianz zu gründen. Wir werden gemeinsame Rohstoffprojekte im Ausland angehen, aufbauen mit dem Ziel, die Versorgungssicherheit der deutschen Industrie bei kritischen Rohstoffen zu verbessern. Und vor allen Dingen auch als Ansprechpartner für die Politik, die sich nicht daran beteiligen wird, die uns aber positiv begleitet - Frau Merkel, Herr Rösler sind sehr angetan von der Idee -, die uns positiv begleitet und insofern ihr Scherflein auch dazu beitragen kann zur Rohstoffsicherung.
Schwarz: Diese Projekte werden dann aber nicht nur in China stattfinden?
Grillo: Nein, nein, das ist weltweit, das hat nicht nur China, das ist selbstverständlich weltweit. Ob das, wie gesagt, Südamerika ist oder Nordamerika, Australien, das hat damit nichts zu tun. Das ist nicht eine direkte Antwort auf China, das ist eine Antwort auf die grundsätzliche Rohstoffversorgung in Deutschland und die Sicherung derselben.
Schwarz: Deutsche Unternehmen werden also selbst aktiv. Kritische Stimmen sagen: Na endlich, das hätte ja schon vor Jahren passieren können! Inzwischen hat sich ja China - Sie haben das selbst erwähnt - viele Rohstoffrechte schon längst auch in anderen Ländern gesichert. Sind Sie also ein bisschen spät dran?
Grillo: Ja, da sagt der eine oder andere, wir sind spät dran. Aber ich würde es nicht so sehen. Natürlich gibt es Vorbilder, die Japaner haben eine ähnliche Organisation im Grunde, schon vor 40 Jahren. Da waren es vielleicht andere Voraussetzungen, bei uns ist erst in den letzten Jahren das Thema Rohstoffknappheit sehr viel mehr in den Mittelpunkt des Interesses gekommen. Ich glaube, wir sind aber zum richtigen Zeitpunkt. Es gibt sicherlich noch sehr viele Möglichkeiten, sehr viele Länder, die auch Interesse haben, gerade mit Deutschland sich zusammenzutun. Wir haben gerade Rohstoffpartnerschaften auch auf Vermittlung der Politik mit der Mongolei abgeschlossen, wir werden jetzt im Februar mit Kasachstan abschließen, es gibt zahlreiche andere Länder, die Interessen haben. Man darf nicht vergessen, dass die deutsche Industrie vielleicht nicht dafür bekannt ist, dass sie so große Kassen, so ein großes Portemonnaie für die Chinesen hat, aber unsere Verlässlichkeit, unser Know-how, unser Ansehen, unsere technische Fähigkeit in der Welt sind doch sehr angesehen. Also, insofern arbeitet man gerne mit uns zusammen.
Schwarz: Was muss denn die Politik tun, um diese Engpässe zu vermeiden?
Grillo: Ja, die Politik soll uns flankieren, positiv begleiten. Das Geschäft des Rohstoffeinkaufs ist immer mehr ein politisches. Die Rohstoffversorgung selber ist natürlich Aufgabe der Unternehmen, aber immer mehr kümmert sich die Politik darum. Das ist nicht nur bei uns so, das ist nicht nur in China so, das ist bei den Japanern, Koreanern, auch die Franzosen fangen an, überall hilft die Politik bei der Rohstoffsicherung. Und insofern wird das auch in Deutschland so sein. Und diese Rohstoffallianz ist ein sehr gutes Instrument, was auch die politische Flankierung dann zielführend umsetzen kann.
Schwarz: Ulrich Grillo, Vizepräsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie, danke Ihnen für das Gespräch!
Grillo: Sehr gerne, vielen Dank!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Ulrich Grillo: Guten Morgen, Frau Schwarz!
Schwarz: Herr Grillo, die deutsche Industrie befürchtet Versorgungsengpässe. Welchen Anteil trägt denn China an diesen Sorgen?
Grillo: Ja, China trägt einen größeren Anteil an diesen Sorgen sicherlich. Wir dürfen nicht vergessen: Deutschland ist ein Industrieland und soll es bleiben. Für die industrielle Produktion brauchen wir Rohstoffe, ohne Rohstoffe stehen in Deutschland die Räder still. Und wir sind nun mal gerade bei metallischen Rohstoffen und seltenen Erden stark von Rohstoffimporten abhängig. Die kommen bei Weitem nicht nur aus China, allerdings bei den seltenen Erden, die gerade für die Energiewende wichtig sind, für die erneuerbaren Energien, da kommen derzeit 97 Prozent der seltenen Erden aus China. Insofern ist das schon ein wesentliches Thema.
Schwarz: Gibt es denn Alternativen zu chinesischen Rohstoffvorkommen?
Grillo: Ja, es ist abhängig, von welchen Rohstoffen wir reden. Wenn wir von Zink, von Kupfer, von Aluminium reden, dann gibt es sicherlich vielfältige Zugangsmöglichkeiten in der ganzen Welt, seltenen Erden derzeit eben rund 95 Prozent in China, das ändert sich aber relativ schnell, da auch in anderen Ecken, Australien, Nordamerika, Osteuropa auch neue Vorkommen seltener Erden angegangen werden, die werden in zwei, drei Jahren die Versorgung etwas ausgleichen.
Schwarz: China ist im Besitz dieser Rohstoffe, die gebraucht werden, rückt sie aber offenbar ungern raus. Hat denn die WTO, die Welthandelsorganisation, Druckmittel bei solchen Regelverstößen in der Hand?
Grillo: Ja, China ist ja nun WTO-Mitglied und wir sind sehr froh, dass das WTO-Urteil gegen China gerade, Anfang der Woche, bestätigt wurde. Es gibt chinesische Exportbeschränkungen bei neuen Rohstoffen, die wurden als WTO-widrig eingestuft. Wir haben beim BDI mal eine Liste gemacht über Handelsbeschränkungen, das sind über tausend und die kommen mehrheitlich aus China. Insofern muss sich China daran halten, muss das Verhalten ändern. Und das ist auch ein Ziel der Reise jetzt nach China mit der Kanzlerin, dort klarzumachen, dass es auch im Interesse von China ist, mittel- bis langfristig wieder WTO-fähig, im Sinne der WTO zu handeln. Denn auch China wird irgendwann vom Rohstoffimport abhängig sein. Und insofern muss es eigentlich an funktionierendem Handel interessiert sein.
Schwarz: Was versucht denn die neu gegründete sogenannte Allianz zur Rohstoffsicherung jetzt gegen dieses Problem der Engpässe zu tun?
Grillo: Ja, wir haben natürlich erkannt auch in großen Diskussionen mit der Politik, dass wir von Rohstoffen abhängig sind, dass wir da was tun müssen. Vor 20, 30 Jahren funktionierte der Rohstoffhandel, die deutsche Industrie konnte die Rohstoffe problemlos zukaufen. Das geht heute leider nicht mehr so einfach. Insofern, nach dem Motto "Gemeinsam sind wir stärker" haben wir uns zusammengetan - derzeit zwölf Unternehmen, aber das ist offen, es können weitere Unternehmen dazustoßen -, eine sogenannte Rohstoffallianz zu gründen. Wir werden gemeinsame Rohstoffprojekte im Ausland angehen, aufbauen mit dem Ziel, die Versorgungssicherheit der deutschen Industrie bei kritischen Rohstoffen zu verbessern. Und vor allen Dingen auch als Ansprechpartner für die Politik, die sich nicht daran beteiligen wird, die uns aber positiv begleitet - Frau Merkel, Herr Rösler sind sehr angetan von der Idee -, die uns positiv begleitet und insofern ihr Scherflein auch dazu beitragen kann zur Rohstoffsicherung.
Schwarz: Diese Projekte werden dann aber nicht nur in China stattfinden?
Grillo: Nein, nein, das ist weltweit, das hat nicht nur China, das ist selbstverständlich weltweit. Ob das, wie gesagt, Südamerika ist oder Nordamerika, Australien, das hat damit nichts zu tun. Das ist nicht eine direkte Antwort auf China, das ist eine Antwort auf die grundsätzliche Rohstoffversorgung in Deutschland und die Sicherung derselben.
Schwarz: Deutsche Unternehmen werden also selbst aktiv. Kritische Stimmen sagen: Na endlich, das hätte ja schon vor Jahren passieren können! Inzwischen hat sich ja China - Sie haben das selbst erwähnt - viele Rohstoffrechte schon längst auch in anderen Ländern gesichert. Sind Sie also ein bisschen spät dran?
Grillo: Ja, da sagt der eine oder andere, wir sind spät dran. Aber ich würde es nicht so sehen. Natürlich gibt es Vorbilder, die Japaner haben eine ähnliche Organisation im Grunde, schon vor 40 Jahren. Da waren es vielleicht andere Voraussetzungen, bei uns ist erst in den letzten Jahren das Thema Rohstoffknappheit sehr viel mehr in den Mittelpunkt des Interesses gekommen. Ich glaube, wir sind aber zum richtigen Zeitpunkt. Es gibt sicherlich noch sehr viele Möglichkeiten, sehr viele Länder, die auch Interesse haben, gerade mit Deutschland sich zusammenzutun. Wir haben gerade Rohstoffpartnerschaften auch auf Vermittlung der Politik mit der Mongolei abgeschlossen, wir werden jetzt im Februar mit Kasachstan abschließen, es gibt zahlreiche andere Länder, die Interessen haben. Man darf nicht vergessen, dass die deutsche Industrie vielleicht nicht dafür bekannt ist, dass sie so große Kassen, so ein großes Portemonnaie für die Chinesen hat, aber unsere Verlässlichkeit, unser Know-how, unser Ansehen, unsere technische Fähigkeit in der Welt sind doch sehr angesehen. Also, insofern arbeitet man gerne mit uns zusammen.
Schwarz: Was muss denn die Politik tun, um diese Engpässe zu vermeiden?
Grillo: Ja, die Politik soll uns flankieren, positiv begleiten. Das Geschäft des Rohstoffeinkaufs ist immer mehr ein politisches. Die Rohstoffversorgung selber ist natürlich Aufgabe der Unternehmen, aber immer mehr kümmert sich die Politik darum. Das ist nicht nur bei uns so, das ist nicht nur in China so, das ist bei den Japanern, Koreanern, auch die Franzosen fangen an, überall hilft die Politik bei der Rohstoffsicherung. Und insofern wird das auch in Deutschland so sein. Und diese Rohstoffallianz ist ein sehr gutes Instrument, was auch die politische Flankierung dann zielführend umsetzen kann.
Schwarz: Ulrich Grillo, Vizepräsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie, danke Ihnen für das Gespräch!
Grillo: Sehr gerne, vielen Dank!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.