Ulrich Khuon über die Rolle der Theaterchefs

Intendanten sind keine Autokraten

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Ulrich Khuon, seit 2009/2010 Intendant des Deutschen Theaters und Präsident des Deutschen Bühnenvereins. © Arno Declair/Deutscher Bühnenverein
Moderation: Sigrid Brinkmann |
Entmachtet die Theater-Intendanten, fordert die Vereinigung ensemble-Netzwerk. Ulrich Khuon, Präsident des Deutschen Bühnenvereins und selbst Intendant, widerspricht: Wenn das gesamte Ensemble alles mitbestimmen könne, werde dieses Modell an einer Überforderung aller scheitern.
Reformstau, halbleere Kassen trotz "Überproduktion": Dies beschreibt den Zustand an vielen Stadttheatern. Kürzlich traf sich das ensemble-netzwerk mit Intendanten und Künstlern, um über Arbeitsmodelle zu sprechen, die allen Beteiligten mehr Freiraum und Planungsperspektive geben. Im Theaterportal nachtkritik formulierte Thomas Schmidt,, der in Frankfurt das Fach Theater- und Orchestermanagement lehrt, seine Vorstellungen von ein Stufenmodell, das allen Theaterbeschäftigten mehr Mitbestimmung bringen und die Intendanten entmachten soll.

Bisherige Versuche sind gescheitert

Ist einem Theater tatsächlich damit geholfen, wenn das gesamte Ensemble die Regie übernimmt? Ulrich Khuon, Intendant des Deutschen Theaters in Berlin und Präsident des Deutschen Bühnenvereins, meint: Bereits in den 70er Jahren habe es Versuche in diese Richtung gegeben, die aus seiner Sicht aber gescheitert seien – "an der Überforderung aller".
"Sie werden ein Ensemble ja nie gestalten können, wenn Sie nicht Lust haben, es mitzunehmen. Das heißt aber gleichzeitig natürlich nicht, dass man jede Entscheidung, beispielsweise jede Gagenentscheidung, mit dem Ensemble teilt. Zumal das ja individuelle Entscheidungen sind – das will nicht jeder Schauspieler, dass seine Gage kommuniziert wird."

Eingebunden in ein Kontrollsystem

Alles andere – der regelmäßige Austausch mit dem Ensemble über die Ausrichtung und den aktuellen Spielplan des Hause – sein für ihn "eine Selbstverständlichkeit, ohne die ich Theater überhaupt nicht für machbar halte."
Es sei jedenfalls "Quatsch zu behaupten, dass die Intendanten autokratisch alles selbst entscheiden". Intendanten seien in ein System aus Geschäftsführer und Aufsichtsrat, aus Gesetzen und Tarifen, den Medien und dem Publikum eingespannt.
Das ensemble-netzwerk kritisiert zudem, der Deutsche Bühnenverein habe "kurfürstliche Strukturen" und tue zu wenig, um Bühnen in Krisensituationen zu schützen. Ein aktueller Fall ist Mecklenburg-Vorpommern, wo sechs regionale Bühnen zu zwei Theaterkombinaten fusioniert werden sollen. Khuon meint dazu: Der Bühnenverein habe sich immer wieder vergeblich dazu eingebracht.
"Beim Thema ‚Stralsund – Greifswald‘, das ja mit Neubrandenburg und Neu-Strelitz fusioniert werden soll, ist es komplizierter. Die Frage ist, ob diese Häuser, die auf engen Raum möglicherweise als Einzelhäuser überfordert sind, ob die nicht im Zusammenwirken wirksamer sein könnten. Das ist auf jeden Fall eine Frage, die man (…) zusammen mit der Politik vertiefen muss."
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