Ulrich Khuon zum Unionsstreit

Eine Mischung aus Shakespeare und Nibelungen

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht mit Horst Seehofer (CSU), Bundesminister für Inneres, Heimat und Bau, vor Beginn der Sitzung des Bundeskabinetts im Kanzleramt
Innenminister Seehofer und Bundeskanzlerin Merkel: der "Großmeister der Kränkung" und "Siegfried" © dpa / Michael Kappeler
Moderation: Mirjam Kid |
Der erbitterte Streit zwischen CDU und CSU: ein Drama à la Shakespeare? Ulrich Khuon, Intendant des Deutschen Theaters in Berlin, erkennt zumindest Parallelen bei den Motiven der Akteure: Kränkungen, Eifersucht, Auslöschung.
Nein, ganz so wie bei Shakespeare sei es in der realen Politik nicht, meint Khuon: Bei dem Dramatiker gehe es immer um Leben und Tod, "immer um sich weiter zeugende Morde, wie bei der Mafia". Aber: "Es geht natürlich auch um Auslöschung oder um Leute-Wegkippen - sie werden nicht getötet, aber sie sind dann weg. Die Diskussion im Moment wird schon sehr zugespitzt: Es geht um Angela Merkel."

Seehofer als Großmeister der Kränkung

Doch ähnlich wie bei Shakespeare seien auch hier persönliche Kränkungen im Spiel:
"Seehofer ist ein Großmeister der Kränkung, er hat Söder jahrelang gekränkt. Er muss sich nicht wundern, dass sich da jetzt ein höchst komplexes, kompliziertes Verhältnis aufbaut. Das entlastet er, indem er selber zum Angriff übergeht."
Ulrich Khuon, Intendant am Deutschen Theater und Präsident des Deutschen Bühnenvereins
Ulrich Khuon, Intendant am Deutschen Theater© dpa / picture alliance / Bernd von Jutrczenka

Die Nibelungen bieten auch Deutungsmöglichkeiten

Noch hilfreicher bei der Deutung des gegenwärtigen Streits findet Khuon auch die Nibelungen: Zwei Königinnen, Kriemhild und Brunhild, würden sich "permanent gegenseitig kränken", Siegfried sei der Held, der "im Grunde an dieser Demütigung beteiligt" sei. "In unserer Realität würde ich auch sagen: Es gibt eine große Eifersuchtskoppelung zwischen Söder und Seehofer." Für ihn, Khuon, sei Angela Merkel eher Siegfried, "an dem das abgearbeitet wird".
Und die Achillesferse? Das sei der Krach, den die CSU am Ende "nicht wollen wird, weil sie auch selber überhaupt nicht weiß, wo sie da hinsteuert", sagt Khuon: "Es wird ja schon wieder beigedreht, man spricht von Schicksalsgemeinschaft, nachdem man vorher - und das ist schon Shakespeare - ganz großes Tennis gespielt hat, ganz groß die Existenzfrage gestellt hat der Koalition, dieses Verbunds CDU/CSU - die SPD kam schon gar nicht mehr vor." Und wie wird das Ganze enden? Von einer Politik eines "Deutschland first" hätte keiner etwas, so die Überzeugung des DT-Intendanten. Seine Prognose:
"Die werden zurückrudern, wir haben wieder ein Riesen-Sommertheater gehabt und es hat niemandem genützt, vor allem nicht der CDU/CSU."
(bth)

Das gesamte Gespräch mit Ulrich Khuon hören Sie hier:
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