Ulrich Wickert, geboren 1942 in Tokio, war viele Jahre lang Moderator der ARD-"Tagesthemen" sowie Korrespondent in Frankreich und den USA. Er ist Autor zahlreicher Sachbücher und Kriminalromane. Zuletzt erschienen von ihm bei Hoffmann und Campe "Frankreich – muss man lieben, um es zu verstehen" und "Identifiziert euch! Warum wir ein neues Heimatgefühl brauchen" bei Piper.
"Ich sehe ein modernes Land mit vielen Freiheiten"
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In Deutschland über "Identität" und "Heimat" zu sprechen, ist oft nicht ganz einfach. Der Journalist Ulrich Wickert hat ein Buch darüber geschrieben und sagt: Man darf diese Begriffe nicht den Rechten überlassen.
Der Journalist Ulrich Wickert beschäftigt sich in seinem neuen Buch "Identifiziert euch! Warum wir ein neues Heimatgefühl brauchen" mit dem Thema Heimat: Warum wir sie brauchen und wie wir sie definieren. Wickert beschreibt darin unter anderem auch seine Sorge um den Zustand der deutschen Gesellschaft, denn diese drohe auseinanderzufallen.
"Heimat", sagt Wickert, sei für ihn gleichbedeutend mit Zusammenhalt - und an ebendiesem Zusammenhalt fehle es. "Die Leute haben die Parteien verlassen, die Leute gehen nicht mehr in die Gewerkschaften. Und jeder hat eher seinen eigenen Vorteil im Sinn." Deshalb sei es notwendig, sich darüber Gedanken zu machen, wie man den Zusammenhalt erneuern und stärken könne. "Identifiziert euch" bedeute: "Identifiziert euch mit eurer Gesellschaft." Denn tue man dies nicht, fühle man auch keinen Antrieb, sich zu engagieren.
Was man selbst für die Gemeinschaft tun kann
Begriffe wie "nationale Identität" oder auch "Heimatgefühl" sind in den zurückliegenden Jahren ins Zwielicht und in die Diskussion geraten. Trotzdem tritt Wickert bewusst dafür ein, denn: "Wir dürfen diese Worte nicht den Rechten überlassen."
Dass für ihn persönlich diese Worte positiv besetzt sind, hat auch mit seinen langjährigen Aufenthalten in Frankreich zu tun - erst als Jugendlicher, später als Korrespondent. Auch seine Zeit als Student in den USA und ein Satz von John F. Kennedy hätten ihn geprägt, berichtet er: "Frage nicht was dein Land für dich tun kann, sondern was du für dein Land tun kannst!" Daraus leite sich für ihn die Verpflichtung ab, sich politisch und sozial zu engagieren.
Die Franzosen beispielsweise seien stolz auf ihr Land. "Und ich glaube, das macht etwas aus, wenn man sich mit seinem Land identifiziert. Und wenn man sein Land auch als Heimat empfindet", betont Wickert.
Stolz auf eine moderne Demokratie
Mit "Heimat" sei aber nicht "Blut und Boden" im Sinne der Rechten oder der Identitären gemeint, betont der Journalist. Die schwierige deutsche Vergangenheit fordere dazu auf, sich über eine moderne, humane Gesellschaft Gedanken zu machen: "Ich höre immer wieder Leute, die sagen: Wir können stolz darauf sein, wie wir eine moderne Demokratie geschaffen haben. Wie wir mit unserer Vergangenheit umgegangen sind: Wir haben sie nicht geleugnet, wir sind immer noch daran, sie abzuarbeiten. Aber wir sollten nach vorne gucken."
Wenn er auf Deutschland blicke, so Ulrich Wickert weiter, dann sehe er "ein modernes Land, mit vielen Freiheiten - auch gesellschaftliche Freiheiten -, die in anderen Demokratien in der Form gar nicht vorhanden sind."
(mkn)
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