Ulrike Draesner über Comic "Das unabwendbare Altern der Gefühle"

Zu viele Runzeln

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Buchcover: Das unabwendbare Altern der Gefühle vor Hintergrund von zwei älteren Menschen, die auf einer Bank sitzen und in die Ferne schauen.
Buchcover: "Das unabwendbare Altern der Gefühle". © Splitter Verlag / Unsplash / Matthew Bennett
Ulrike Draesner im Gespräch mit Max Oppel |
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Zidrou erzählt in "Das unabwendbare Altern der Gefühle" über die Liebe, das Alter und die Liebe im Alter. Die Schriftstellerin Ulrike Draesner, die sich selbst mit dem Altern einer Frau beschäftigt hat, erklärt, warum sie von dem Comic angetan ist.
Der Comic "Das unabwendbare Altern der Gefühle" des französischen Autors Zidrou und der niederländischen Illustratorin Aimée de Jongh erzählt die Liebesgeschichte eines pensionierten Möbelpackers mit einem früheren Fotomodell. Beide finden mit 59 und 62 Jahren zusammen - und raus aus ihrer Depression.
Die Schriftstellerin Ulrike Draesner, die selbst das Buch "Eine Frau wird älter" geschrieben hat, sagt: "Ich finde das Thema ganz toll, dass es aufgegriffen wird, dass man auch um die 60 herum sozusagen sein Leben neu erfindet, sich selbst neu erfindet, auch noch mal sich verliebt."
Die Zeichnungen, die die beiden älteren Menschen auch beim Sex zeigen, findet Draesner allerdings "ein bisschen süsslich" dargestellt. Es seien sehr gedeckte Farben, "eher pastell".
Die Schriftstellerin Ulrike Draesner auf der Frankfurter Buchmesse im Oktober 2018
Ulrike Draesner hat selbst ein Buch über das Ältern der Frau geschrieben.© imago/Manfred Segerer

"Dann löst sich das Ganze auf in eine Traumwelt"

Außerdem habe sie sich gewundert, als die um die 60-jährige Frau vor dem Spiegel dargestellt wurde. Man sehe zwar Runzeln, aber ihre 80-jährige Mutter habe nicht so viele, sagt Draesner.
Es würden so auch Klischees bedient. Einerseits werde die Frau übertrieben alt dargestellt, andererseits müsse die Frau unbedingt Fotomodel gewesen - und auch der junge Körper werde gezeigt. "Sie muss schon besonders schön gewesen sein, damit sie auch im Alter noch so eine Geschichte erleben darf." Draesner findet frappierend, "dass sie dann am Ende mit 62 noch schwanger wird. Dann löst sich das Ganze auf in so eine Traumwelt."
Beim Älterwerden erkennt Draesner Unterschiede zwischen den Geschlechtern: "Es gibt so eine lange Tradition der Diskriminierung von Frauen in dem Moment, wo sie quasi nicht mehr nützlich sind als reproduktionsfähig." Außerdem finde sie es auffällig, dass es kein einziges positives Wort im Deutschen für die ältere Frau gebe. Männer könnten weise sein - oder Elder Statesman. Draesner ergänzt jedoch: "Auch Altern als Mann ist nicht nur Zuckerschlecken."
(mhn)
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