30 Jahre Spectrum Concerts Berlin
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Das "Tafelsilber des Berliner Konzertlebens" wurden sie genannt; Risikofreude und Qualität ihres Musizierens immer wieder gerühmt. Seit 30 Jahren hält der Cellist Frank Dodge die "Spectrum Concerts Berlin" am Leben.
Die Begegnung neuer amerikanischer Werke mit den Schätzen des alten Europa stand von Anfang an auf dem Programm der Spectrum Concerts Berlin und erfuhr im Laufe der Jahre immer neue und überraschende Ausprägungen. Die Idee des Brückenschlags führte die Musiker nicht nur in die USA an die Wirkungs- und Zufluchtsstätte so vieler aus Deutschland vertriebener Komponisten, sondern auch ins Kosovo zum begabten, nach Musik hungernden Nachwuchs. Alle Widrigkeiten organisatorischer oder finanzieller Art ließen sich durch Geduld und Einfallsreichtum umschiffen, vor allem aber durch den Spaß am hinreißenden Musizieren, der das Spectrum-Ensemble immer wieder zu einer großen Familie zusammenschweißt.
Die Spectrum Concerts Berlin traten am 22. Januar 1988 zum ersten Mal an die Öffentlichkeit, knapp zwei Jahre, ehe die Mauer fiel. Für das Ensemble der Spectrum Concerts Berlin gewann Frank Dodge, gebürtiger Amerikaner, Musikerkollegen, die international als Solisten konzertieren, und junge Künstler, die am Anfang einer verheißungsvollen Karriere stehen, unter ihnen sind seit Auflösung der starren Machtblöcke auch zunehmend Musiker aus Osteuropa.
Kontinuität und ständige Erneuerung spielen bei Spectrum belebend und qualitätsfördernd ineinander. Die Künstler sind von dem gemeinsamen Wunsch beseelt, Kammermusik auf bestem Niveau aufzuführen, denn darin ist jeder als Solist und zugleich als sensibler Teil einer Gemeinschaft gefordert; Freiheit und Verantwortung verbinden sich, die Künstler wollen nicht in ihrer Vereinzelung, sondern als Gemeinschaft brillieren.
Als offenes Ensemble kann Spectrum in jedem Programm mit verschiedenen Besetzungen auftreten; die Programmgestaltung gewinnt dadurch größere Flexibilität und inhaltliche Dichte als bei Ensembles, die nur in einer gleichbleibenden Zusammensetzung auftreten können.
Spectrum Concerts Berlin hat Komponisten wie John Harbison, Tison Street, David Del Tredici, Stanley Walden und Laura Schwendinger bekannt gemacht. Robert Helps wurde besondere Aufmerksamkeit zuteil, denn er symbolisiert in seiner Person und in seiner Musik die Idee des Brückenschlags, die für Spectrum Concerts grundlegend ist. Er war Komponist und Interpret, komponierte vom Instrument, vom Klang her. Gebürtiger Amerikaner, stand er in engem Kontakt mit Emigranten aus Europa und setzte sich für die Aufführung ihrer Werke ein. Der Geist der produktiven Auseinandersetzung bestimmte auch sein Komponieren, eine klangfreudige Moderne von unmittelbarer Überzeugungskraft.
2005, in einer Zeit, in der amerikanische Berufsorchester und Kulturinstitutionen unter starken finanziellen Einschränkungen litten und ihre Aktivitäten zum Teil deutlich reduzieren mussten, gründete Frank Dodge "Spectrum Concerts Berlin–USA, Inc." Im November 2006, im April 2008 und im Dezember 2011 gastierte das Spectrum Ensemble in den USA, konzertierte in der New Yorker Carnegie Hall, gestaltete im New Yorker Times Center, am College of Staten Island, im Goethe Institut Los Angeles und in der Villa Aurora Konzerte als Hommages an die Exilkünstler Ernst Toch und Paul Hindemith. Im Dezember 2011 wurde das Robert-Helps-Projekt in der Heimat des Komponisten vorgestellt.
Zitat John Beck:
"Die Welt, in der wir leben, verlangt uns Beschleunigung ab und lenkt unsere Aufmerksamkeit auf alles gleichzeitig. Sie versucht, unsere Gefühle zu Geld und uns zu gefügigen Zahnrädern in der globalen ökonomischen Maschinerie zu machen. Darin einen Raum zu schaffen, in dem wir ungestört mit unserem Denken und Fühlen in Kontakt treten, mit dem, was uns im Kern als Menschen ausmacht, kommt einem Akt des Widerstands gleich und erfordert große Hingabe. Spectrum Concerts Berlin versteht genau das als seine Verantwortung und Mission."