Umbau bei Google

Teilen, um zu herrschen

Google bekommt eine neue Konzernstruktur.
Google bekommt eine neue Konzernstruktur. © dpa / picture-alliance / Boris Roessler
Von Wolfgang Stuflesser |
Google lief Gefahr, durch seine vielen Unternehmensteile Staaten im Staate zu fördern. Durch die Gründung einer neuen Mutterfirma vollzieht der Konzern einen notwendigen Schritt. Verbraucher werden davon erst einmal wenig merken, meint Wolfgang Stuflesser.
Es gibt im Silicon Valley eine Firma, die allen entweder als Vorbild dient oder zumindest imponiert: Apple. Und eine andere wird gern als Beispiel angeführt, wie man's nicht machen sollte: Microsoft.
Microsoft schien in den 90ern eine unerschütterbare Macht, der Konzern, der das Zeug hat, die Welt zu beherrschen. Dann haben sie das Internet verschlafen, auch den Umstieg auf mobile Geräte - und nun hat Microsoft alle Hände voll zu tun, überhaupt wieder den Anschluss zu finden. Diese Geschichten kennen natürlich auch Larry Page und Sergey Brin, die beiden Google-Gründer, die die Suchmaschine 1998 in einem Labor der Uni Stanford gestartet haben, das - Treppenwitz der Geschichte - Microsoft-Gründer Bill Gates gestiftet hatte.
Großes Vorbild Apple
Gegenbeispiel Apple: Der Konzern häutet sich immer wieder neu, stand zwar in den 90ern am Abgrund, hat dann aber mit dem bunten knubbeligen iMac und dem Musikspieler iPod den Nerv der Zeit getroffen, ist in neue Branchen vorgedrungen wie seinerzeit das Raumschiff Enterprise in neue Galaxien. Apple hat mit iTunes die Musikindustrie auf den Kopf gestellt, mit dem iPhone die Telekommunikationsbranche. Heute macht das iPhone - ein Produkt, das es erst acht Jahre gibt, fast zwei Drittel von Apples gewaltigem Umsatz aus. Firmengründer Steve Jobs sagte selbst, er habe mehrmals sein Unternehmen auf neue Produkte, neue Ideen verwettet.
Larry Page und Sergey Brin, die Google-Gründer, sahen in Steve Jobs lange eine Art väterlichen Ratgeber. Und jetzt waren sie selbst in der Situation, dass Google an eine Grenze gestoßen ist: Vor 17 Jahren gegründet, hat die Firma inzwischen fast 60.000 Mitarbeiter, ist weltweit aktiv, steht für weit mehr als nur die Suchmaschine, mit der alles anfing: Google, das ist auch Google X, das Labor, das selbststeuernde Autos entwickelt. Außerdem die Medizinfirma Calico, die unser Leben verlängern will und zum Beispiel an einer Kontaktlinse arbeitet, die bei Diabetikern den Blutzucker messen soll. Natürlich YouTube, die Videoplattform. Oder Google Ventures, eine Risikokapitalfirma, die in Startups investiert.
Die neue Struktur macht den Konzern flexibler
Die Aufzählung zeigt schon: Google ist riesig, und irgendwie passt das alles nur bedingt zusammen. Da wächst die firmeneigene Bürokratie und die Gefahr, dass a nicht mit b redet, das einzelne Unternehmensteile zum Staat im Staate werden. Microsoft lässt grüßen. Dann lieber gleich teilen und herrschen: Auftritt Alphabet. Eine neue Mutterfirma, die alle vorherigen Unternehmensteile beinhaltet: die Suchmaschine, klar, aber auch die selbststeuernden Autos, die Kontaktlinsen und so weiter - nur eben als einzelne Firmen. Die gezielt auf- und abgewertet können. Wenn in zehn Jahren nach dem Thema Internet-Suche wirtschaftlich kein Hahn mehr kräht, aber die Nachfrage nach selbststeuernden Autos durch die Decke geht, dann kann Google, pardon, Alphabet, die Suche einfach abstoßen - so wie Apple seinen iPods heute nur noch ein Gnadenbrot gewährt, während die geballte Entwicklungsmacht in neue Konzepte wie die Apple Watch fließt.
Google hat sich mit der Gründung von Alphabet ein bisschen weniger wie Microsoft, ein bisschen mehr wie Apple positioniert. Das ist für uns Nutzer erst mal kaum spürbar - aber wer weiß, vielleicht kennen unsere Enkel Google nur noch als Kapitel in den Geschichts-Ebooks - und Alphabet ist der Konzern, der bis dahin in weiten Teilen das digitale Leben durchwirkt - und das reale. Wenn ja, dann wäre die Strategie von Larry Page und Sergey Brin voll aufgegangen.
Mehr zum Thema