Umbruch im Norden

Von Almuth Knigge |
Ein Bundesland - drei große Tageszeitungen. Die Pressevielfalt in Mecklenburg-Vorpommern ist überschaubar. Dennoch droht Gefahr. Ob Schweriner Volkszeitung, Nordkurier oder Ostsee-Zeitung - überall wird eisern gespart.
Die Zeitungskrise ist im Kino angekommen: In dem neuen Sommerthriller "State of Play – Stand der Dinge", ist der Held einer mit langen, schmierigen Haaren, Speck um die Hüften, über 40. Ein Journalist alter Schule. Der unbestechliche Idealist gegen digitale Pressezombies, deren einziges ehrgeiziges Ziel es ist, alles so schnell wie möglich - und deshalb meistens ungeprüft - in die virtuelle Welt zu blasen. Ein Investigativ-Journalist wie er im Nostalgie-Buche steht.

Der Film singt das Hohelied der Zeitungen - vielleicht, weil weltweit schon der Schwanengesang auf die Druckerschwärze angestimmt wurde. Wort und Totschlag auch im Buch. Der ehemalige Journalist Michael Connelly hat einen Krimi über den Niedergang der amerikanischen Zeitungen geschrieben. Die Plots könnten aber auch genauso gut hierzulande gefunden worden sein: Zeitung verkauft und Chefredakteurin kämpft um den richtigen Weg der Anpassung an die neue Medienwelt. Oder: Alter Reporter wird zugunsten jungen, billigeren Nachwuchses gekündigt.

Neben der spannenden Krimi-Handlung erzählt das Buch aber auch über den Niedergang des Journalistenberufes. Die Redaktionsräume eine intellektuelle Geisterstadt - keine Diskussionen mehr über das, was wichtig ist oder auch nur so scheint. Die Presse als Gerüst für das gesellschaftliche Leben ist zusammengebrochen - genau wie in Mecklenburg-Vorpommern.

Szenenwechsel: Blick in die nordostdeutsche Realität.

Birgitt Hamms Büro ist im vierten Stock des Verlagshauses der Schweriner Volkszeitung. Der Weg dorthin führt durch verlassene Büroräume, menschenleere Gänge. Da, wo noch Kollegen sind, werden auch schon Kartons gepackt. Mehreren Dutzend Mitarbeitern wurde gekündigt. Die zweite Entlassungswelle in recht kurzer Zeit. Die erste kam, als der Burda-Verlag das Blatt 2005 an den Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlag verkauft hat.

Der Flensburger Verlag wäre schon Anfang der 90er-Jahre gern nach Schwerin gekommen, als die Treuhand die ehemaligen SED-Bezirkszeitungen mit ihren hohen Auflagen verkaufte. Damals aber durften Nachbarverlage nicht zum Zug kommen, um Monopole zu vermeiden. Und gleich hatte der neue Besitzer in Schwerin Zeichen gesetzt. Ein bisschen bunter, ein bisschen moderner – wie im Westen.

Vor allem aber: Von 340 Mitarbeitern wurden 100 entlassen. 50 davon aus der Redaktion. Vor allem Layouter und Sekretärinnen. Angst herrscht in den Redaktionsstuben: Wer noch einen Vertrag hat, will keine öffentliche Kritik äußern - vielleicht auch, weil die Kündigungswelle selbst vor dem Chefredakteur nicht halt machte. Birgitt Hamm traut sich. Sie hat nichts mehr zu verlieren.

Die Journalistin wird bald 57 Jahre und war vor 1990 Mitarbeiterin beim ADN, dem Nachrichtendienst der DDR. Seit der Wende betreut sie das Anzeigenblatt der Schweriner Volkszeitung. Auch ihr wurde jetzt gekündigt.

Hamm: "Betriebsbedingt. Das Unternehmen hat sich entschieden diese Plätze nur noch durch Freiberufler zu ersetzen - ich könnte mich aber bewerben."

Auch Heidemarie Wahls, vorsitzende Betriebsrätin, wurde ungeachtet des besonderen Kündigungsschutzes entlassen.

Wahls: "Wenn ich zu meinem Arbeitgeber sage: ‚Wissen Sie auch, dass sie eine soziale Verantwortung gegenüber Ihren Arbeitnehmern haben?’, dann guckt der mich an, als ob ich Fred vom Jupiter bin. Das ist nichts, was ich mir selber ausgedacht habe - das sind alles Sachen, die wir mal in der blanken Theorie in der Schule früher gelernt - das erlebe ich jetzt alles live. Der doppelt freie Lohnarbeiter, ich hab nur meine Arbeitskraft zu verkaufen - das passiert jetzt alles live."

"Sie erleben jetzt den brutalstmöglichen Kapitalismus sozusagen?"

Hamm: "Ja, den wir früher nur in der Theorie kannten und gedacht haben, so schlimm kann es ja nicht werden."

Wahls: "Also ich finde wir sind jetzt in der Phase des aggressiven, sterbenden Kapitalismus."

Hamm: "Aber du weißt, was wir gelernt haben, was darauf folgt."

Wahls: "Ja, noch schlimmer."

Der "Schweriner Express" erscheint einmal in der Woche und hat eine Auflage von rund 285.000 Exemplaren. Das war früher schon mal mehr, aber auf jeden Fall ist es immer noch mehr als beim Mutterschiff "Schweriner Volkszeitung": Deren Auflage liegt bei rund 100.000 Exemplaren täglich - Tendenz weiter sinkend.

Das Anzeigenblatt ist für viele Schweriner und Mecklenburger im Einzugsbereich aber die einzige Zeitung, die sie im Briefkasten haben. Überregionale Zeitungen werden kaum gelesen und die Regionalzeitungen verlieren Jahr für Jahr zwei bis vier Prozent ihrer Abonnenten. Das hat vielleicht nicht direkt etwas mit der Qualität der Blätter zu tun, viel aber mit dem Bevölkerungsschwund in Mecklenburg-Vorpommern, mit Armut und Arbeitslosigkeit: Wer sparen muss, spart zuerst bei der Zeitung. Auch, weil sie kaum noch eine eigene "Farbe" haben. Diese Bestandsaufnahme gilt für alle drei Zeitungen im Land.

Hamm: "Ich glaube, der Leser kann sich nicht mehr identifizieren mit dem, was in der Zeitung steht und mit den Schreibern vor allen Dingen."

Und deshalb hat Birgitt Hamm immer gerne auch Themen aufgegriffen, die sonst nicht in einem Anzeigenblatt stehen. Auch wenn sie eigentlich kaum noch Zeit hatte, weil sie 25 Seiten und mehr pro Woche produzieren musste. Die Leser haben es ihr gedankt, aber:

Hamm: "Das wurde mir im September verboten. Das sei eine Konkurrenz zur Tageszeitung."

Viele Leser haben reagiert, doch die Chefredaktion lenkte nicht ein. Obwohl oder weil die Anzeigenblätter landesweit längst die publizistische Oberhoheit haben. Birgitt Hamm findet die Presselandschaft langweilig:

"Kann man uniform sagen, ich finde sie eintönig, zumal man immer wieder merkt, wie die Zeitung dominiert wird von Pressemitteilungen."

Das deckt sich mit einer Studie der Universität Hamburg, geleitet von Elke Grittmann vom Institut für Journalismus. Sie sollte im Auftrag der Gewerkschaften eine Inhaltsanalyse zur Qualität der Tageszeitungen in Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein machen.

Grittmann: "Unsere Studie hat erbracht, dass relativ selten etwas aufwändigere Darstellungsweisen eingesetzt werden - Standards sind Meldungen und Berichte. Aufwändigere Formen wie Reportage oder Feature oder auch Interviews, die ja auch interessant sind, weil sie Informationen ja auch gut vermitteln können oder auch Porträts, kommen nur zu einem geringen Anteil vor."

Arbeitsverdichtung, keine Zeit zur Recherche. Das ist ein weiter Befund der Studie. Ein anderer Befund der Wissenschaftler ist:

Grittmann: "dass die Beiträge eine relativ geringe analytische Tiefe aufweisen, also wenig Hintergrund in den Berichten und sowieso sehr wenig Hintergrundberichte insgesamt."

Drei Regionalzeitungen gibt es im Land, deren Verbreitungsgebiete sich nur an wenigen Orten überschneiden. Ansonsten sind die Grenzen abgesteckt zwischen der "Schweriner Volkszeitung", der "Ostsee-Zeitung" und dem "Nordkurier" - und zwar nach den alten DDR-Bezirksgrenzen. Das Land ist also quasi von Beginn an in drei Zeitungsmonopole aufgeteilt. Das heißt, der Leser hat die Wahl zwischen einer Meinung oder gar keiner.
Grittmann: "Und dann werden die noch zusammengekürzt und haben immer schlechtere Möglichkeiten zu recherchieren - dann sieht man einfach, wie publizistische Leistung nachlässt."
Als die Abgeordneten des Schweriner Landtages vor Jahren einmal grundsätzlich wissen wollten, wie es so um die Qualität und Vielfalt der Presse bestellt ist in ihrem Land, baten sie zu einer öffentlichen Anhörung in den Landtag.

"Die Politik…"

- das ist die Auffassung des medienpolitischen Sprechers der CDU damals und heute, Armin Jäger -

"…lebt auch davon, dass Presse transformiert, richtig übersetzt. Wir brauchen eine Zeitung, die uns auch mal auf die Nase haut. Man schimpft dann auf den Journalisten, ist ihm vielleicht auch mal einen Tag böse, aber irgendwo ist das sehr hilfreich."

Doch der Verband der Zeitungsverleger Nord nutzte die Gelegenheit, um den Abgeordneten mal grundsätzlich ein paar markwirtschaftliche Grundsätze klarzumachen. Pressefreiheit sei zuerst die Freiheit vom Staat. Zeitungsverlage seien dann stark, wenn sie sich frei entwickeln dürften.

Jäger: "Das mag ja alles sein, dass man heute alles rationaler betreiben muss und dass man Kosten sparen muss. Nur, ich hab den Eindruck, man rationalisiert sich den Ast weg, auf dem man sitzt."

Armin Jäger ist von den publizistischen Verhältnissen im Land zunehmend erschüttert.

" Also ich gebe ja zu, dass ich immer noch mit Genuss Zeitung lese, weil ja immer noch was dabei ist, was mich erheitert oder was mich einfach aufregen kann - aber es wird aus meiner Sicht nicht mehr so recherchiert, dass ich als Zeitungsleser sage: Jetzt haben sie mich aber gut informiert. Das fehlt mir. Und das kann an Personen liegen und das kann am System liegen. Das, was ich höre, spricht bei mir dafür, dass es am System liegt: Es wird ausgetrocknet und irgendwann geht es dann nicht mehr, und das will ich jetzt gar nicht bewerten, welche der drei Zeitungen die wir haben. Aber es fällt mir auf."

Eigentlich sind es jetzt sogar nur zwei - oder vielleicht zweieinhalb: Seit April dieses Jahres produziert die ausgelagerte Mantelredaktion der SVZ auch die Seiten für den Nordkurier in Neubrandenburg. Schon seit dem letzten Jahr wird der Mantel für die Ostseezeitung in Lübeck produziert.

Ein Mantel ist der überregionale Teil einer Tageszeitung - also alles, was nicht lokal ist. Laut Definition bilden Zeitungen mit einem gemeinsamen Mantel eine publizistische Einheit. Das heißt, ganz Mecklenburg-Vorpommern und Teile von Schleswig-Holstein haben nur noch zwei unterschiedliche Zeitungen. Irgendwann, so befürchten viele, gibt es dann wieder ein Zentralorgan - wie zu DDR-Zeiten. Eine Zeitung für alle.

Jäger: "Wenn ich aber nur eine Einheitsmeinung habe, dann bin ich in einem System gelandet, das ich nie wollte."

Über 100 Ausgaben mit mehr als 2000 Artikeln aus den Jahren 2003 und 2008 haben die Forscher ausgewertet – auch, um eben die Auswirkung durch die Zusammenlegung der Mantelredaktionen zu untersuchen

Grittmann: "Und auffällig war, dass die Seiten gleich waren. Es ging um die Finanzkrise und Rezession: Die Ostseezeitung und die Lübecker Nachrichten haben identische Seiten produziert - der einzige Unterschied in der Berichterstattung bestand darin, dass die Ostseezeitung unten eine Leiste hatte mit Personen, die sie befragt haben aus Rostock, wie es ihnen in der Rezession geht, und die Lübecker haben die Lübecker befragt."

Fazit: Eigenständige regionale Tageszeitungen setzen unterschiedliche Akzente bei der Berichterstattung über Bundespolitik und -wirtschaft. Die Bildung von Gemeinschaftsredaktionen fördert eine einförmige Bearbeitung überregionaler Themen. Vor allem die Einordnung von komplexen Ereignissen werde vielfach nicht geleistet.

Wie also soll der Leser die immer komplexer werdende Welt um sich herum verstehen? Gar nicht – vor lauter Überforderung ist er für besonders einfache Erklärungen offen. In manchen Gegenden sind zum Beispiel die Propaganda-Blättchen der NPD daher die einzigen Zeitungen, die noch gelesen werden. Eine Entwicklung, die in ganz Deutschland zu beobachten ist, aber im Nordosten besonders extrem ist. Parteiübergreifend wird das mit Besorgnis beobachtet, auch wenn im Moment die ganze Wucht des Zorns den Nordkurier trifft.

Im Frühjahr sollte es neue Rahmenverträge für freie Mitarbeiter geben. Der Deutsche Journalistenverband konnte eine einstweilige Verfügung gegen die Honorarbedingungen des Nordkuriers erwirken - denn die hatten es in sich. DJV-Vorsitzender in Mecklenburg-Vorpommern, Kai Voigtländer:

"Und auch das ist vor Gericht ja sehr deutlich geworden - egal, wie wirtschaftlich schlecht es den Verlagen geht - es gibt ihnen nicht das Recht, rechtswidrige Geschäftsbedingungen den Mitarbeitern aufzudiktieren."

Der Verlag wollte sich mit seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen von sämtlichen Risiken freikaufen und gleichzeitig auch die Urheberrechte für sämtliche auch nur ansatzweise vorstellbaren Nutzungsarten bekommen - inklusive der Eigentumsrechte an Manuskripten, Illustrationen und Bildern, plus der Negative. Also eigentlich alles.

Die dritte Zivilkammer des Landgerichtes Rostock befand: Nein, so geht es nicht. Diese Klauseln stünden mit "wesentlichen Grundgedanken " gesetzlicher Regelungen, insbesondere dem Urhebergesetz, nicht im Einklang und zögen eine "unangenehme Benachteiligung" der freien Mitarbeiter nach sich, die sowieso schon kaum von den Honoraren leben können.

Allerdings darf auch keiner mehr behaupten, der Nordkurier versteigere seine Aufträge an die freien Mitarbeiter nach My-Hammer-Manier, bei der das niedrigste Angebot gewinnt, weil das so dann auch nicht stimme. Zwar beugt sich der Nordkurier der Entscheidung des Gerichtes, trotzdem fühlt sich der Chefredakteur, Michael Seidel, im Umbau des Verlages zu einem Medienhaus gebremst. Dabei sei es unumgänglich, so der Journalist, wolle man wieder wirtschaftlich eine Zeitung machen. Momentan investiert der Verlag viel in neue Redaktionssysteme und in sozialverträglichen Abbau von Arbeitsplätzen.

Seidel: "Früher hat eine Zeitungsredaktion auf den Redaktionsschluss hingearbeitet und jetzt ist Redaktionsschluss ständig. Ich erfasse alle Inhalte - Text, Bild, Video, Podcast - alle Formate, die man sich denken kann, medienneutral, und muss mir künftig überlegen - von vorne herein - was kann ich online daraus machen - gegebenenfalls mobile - und wie muss ich es dann Print in anderer Form noch mal aufbereiten."

Das hört sich nach viel Arbeit an.

Seidel: "Die Arbeitsverdichtung wird zunehmen, das ist keine Frage."

Ohne Neueinstellungen.

Seidel: "Mehr eingestellt wäre natürlich sehr schön, aber in einer Phase, wo wir uns erstens in einer Medienkrise, in einer Zeitungskrise, befinden und zweitens noch in einer Wirtschaftskrise - und das in der strukturschwächsten Gegend der Republik - muss ich schon froh sein, dass ich niemanden entlassen muss."

Ein zuzahlungspflichtiges Ehrenamt das Verfassen von Artikeln, konnte man in der Verbandszeitung des Journalistenverbandes lesen. Hier rechnete ein freier Autor vor, dass man pro Artikel pauschal kaum mehr als 20 Euro bekäme - Aufwand und Fahrtkosten seien dabei noch abzuziehen. Vor-Ort-Recherche, Zeit für Hintergründe, konzentriertes Formulieren - Fehlanzeige.

Seidel: "Natürlich hat eine Zeitung eine aufklärerische Aufgabe - das bestreite ich gar nicht, das habe ich immer so gesehen und als Korrespondent versucht zu leben. Wir haben auch eine demokratieerzieherische Aufgabe. Wenn man es mal ganz nüchtern betrachtet, gibt es ein Landespressegesetz, darin ist eine öffentliche Aufgabe der Presse beschrieben und die heißt - insbesondere in Angelegenheiten von öffentlichem Interesse - Nachrichten zu beschaffen, zu bewerten, zu verbreiten, Kritik zu üben, zur Bildung beitragen. Das ist unser Auftrag, ja."

Doch de facto wird der Journalist zum bloßen Seitenfüller. Vermittlung und Einordnung von Sachverhalten bleiben auf der Strecke. Die Studie der Uni Hamburg zeigt das deutlich. In allen drei Regionalzeitungen sucht man Hintergründe, Fakten und konkurrierende Meinungen vergeblich. Das gefährdet die offiziell beschworene Qualität, so die Gewerkschaften, die seit fast zwei Jahren mit der Initiative "Qualität und Vielfalt sichern" die Diskussion über die Bedeutung einer funktionierenden vierten Macht angeschoben haben.

Seidel: "Wir müssen doch mal versuchen zu definieren, was ist Qualitätsjournalismus - unter welchem Aspekt wird denn die Debatte geführt? Bitte nichts verändern, heißt das. Ich brauche Zeit zum Recherchieren, heißt das. Ich muss warten bis mich die Muse küsst. Jetzt mal ganz drastisch: Aufklärerischer Impetus - ja, unterschreibe ich alles, aber es ist die Frage, ob diese Kriterien an einen qualitativ hochwertigen Journalismus daran gekoppelt sind, ob es feste oder freie Arbeitsplätze sind, ob es von der Honorarhöhe abhängt - wobei wir jetzt immer über Verhältnismäßigkeiten reden. Dass man von einer solchen Arbeit auch leben können muss durch die Honorarhöhen, ist auch unstrittig."

Die norddeutschen Landesverbände der Journalisten-Gewerkschaften haben einen Aufruf an die Verleger geschickt, ihre publizistische und soziale Verantwortung wahrzunehmen. Eine Forderung, die auch von der Politik kommt. Armin Jäger:

" Bisher war es immer so: Die Verlegerseite hat gesagt: Uns sind die Anzeigen weggebrochen, deshalb haben wir keine Knete, wir müssen auf der Kostenseite sparen. Jeder weiß, dass man auf der Kostenseite zwar sparen kann, dass ich aber, wenn das Produkt mickrig wird, im Endergebnis keine Gewinne mehr erwirtschafte, weil dann verkaufe ich es nicht mehr."

Grittmann: "Zu befürchten ist einfach - das bestätigen auch alle Redakteure - dass keine Zeit für Recherche ist und dadurch wird wahrscheinlich nicht in dem Umfang berichtet, der wünschenswert wäre. Also, das lässt sich klar beobachten, das zeichnet sich bei den Zeitungen ab. Gefährdet es dadurch die Pressefreiheit? Es gefährdet in dem Sinne vielleicht nicht offensichtlich die Pressefreiheit, aber es macht es eigentlich unmöglich, diese Pressefreiheit zu leben und zu praktizieren."

Jäger: "Unser Grundgesetz geht davon aus, dass wir eine freie engagierte Presse haben. Dass Presse Politik kontrolliert. Davon geht das System aus - und wenn Presse nur noch unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten gesehen wird, kann sie ihre Aufgabe nicht erfüllen."