Ist Martin Schulz ein Opfer der Medien?
Er kam als Hoffnungsträger, und ist nun auf Normalmaß zurückgestutzt: Martin Schulz hat die SPD nicht längerfristig aus dem Umfragetief befreien können. Für Aufstieg und Fall von Schulz macht die Journalistin Franziska Augstein auch ihre eigene Branche verantwortlich.
Vor ein paar Monaten, als er gerade die politische Bühne in Berlin betreten hatte, war Martin Schulz ganz oben. Popularitäts- und andere Umfragewerte machten ihn zu einem ernsthaften Rivalen für Angela Merkel. Plötzlich schien es möglich, dass Schulz die Sozialdemokraten aus dem Tal der Tränen führen kann.
Ein paar Monate später ist die SPD wieder da, wo sie in den Umfragen vor Schulz war: weit abgeschlagen und ohne jede Chance, die Union bei der Bundestagswahl ernsthaft in Bedrängnis zu bringen. Für das "Abschmieren" von Kanzlerkandidat Schulz und seiner Partei lassen sich wohl mehrere Ursachen finden - es hat aber nach Auffassung der Journalistin Franziska Augstein vor allem viel mit ihrer eigenen Branche zu tun.
"Man kann sagen: Damals war den Medien ein bisschen langweilig, und dann kam eine neue Figur auf die Bühne. Und dann will man schöne Titelzeilen produzieren, und schreibt den (Mann) größer, als er in der Wirklichkeit ist", sagte Augstein im Deutschlandfunk Kultur. Hinzu kam, dass Angela Merkel zu diesem Zeitpunkt wegen ihrer Flüchtlingspolitik schwer unter Beschuss gestanden habe.
Schulz ist nur dann gut, wenn er frei redet
Fehler sieht sie aber auch bei den Sozialdemokraten selbst: So habe sich Schulz zu lange zurückgenommen. Auf dem Marktplatz komme er nämlich bei den Leuten sehr gut an: "Weil er frisch von der Leber weg redet." Wenn er sich hingegen zurücknehme, sei er einfach nicht mehr überzeugend, betonte Augstein: "Und das hat er ein paar Wochen lang zu seinem eigenen Schaden leider betrieben, bis sie das endlich in der SPD-Zentrale gemerkt haben, dass sie den Mann reden lassen müssen, so, wie er will. Kam aber sehr, sehr spät."
Auch strategische Fehler lastet sie den Sozialdemokraten an. So habe die Partei ein Problem mit Rot-Rot-Grün, obwohl das ihre einzige Chance sei, eine Regierung zu führen. "Solange sie das kategorisch ausschließen, kommen sie auf keinen grünen Zweig", betonte Augstein.
(ahe)