Ablehnung allein reicht nicht
In Hessen schwelt der Konflikt um das umstrittene Fracking schon länger. Die Regierung Bouffier betont, beim "Nein" zu bleiben, Umweltschützer hören aber stets ein "Aber". Sie fordern ein klares Verbot.
Ausgerechnet das Gebiet mit möglichen Erdgasvorkommen in tiefen Gesteinsschichten ist Hessens grüne Lunge und ein riesiges Trinkwasser-Reservoire. So jedenfalls beschreibt Rudolf Schäfer vom BUND Hessen das potentielle Fördergebiet.
"Wir haben hier in Nordhessen den Nationalpark Kellerwald-Edersee. Wir haben die Landschaftsschutzgebiete um Marburg rum, den Burgwald, was Landschaftsschutzgebiet ist und auch keine Autobahn durch darf. Wir haben verschiedene Trinkwasserschutzgebiete,"
dazu Heilwasserschutzgebiete um Bad Wildungen und Bad Karlshafen. Ausgerechnet hier giftige Chemikalien in den Untergrund pressen, um Gestein zu sprengen und Erdgas aus tiefster Tiefe zu holen? Undenkbar für Tausende von Mitgliedern von Fracking freies Hessen, die um unverbaute Landschaft, sanften Tourismus und sauberes Wasser fürchten. Tatsache sei, so Tim Steindamm von der Initiative mit Blick auf den sogenannten hydraulischen Aufschluss, das „Fracturing“,
"dass es eine Hochrisikotechnologie ist, selbst unter den Auflagen und Gesetzen, die wir hier in Deutschland haben, ist das aus unserer Sicht nicht möglich, Risiken ausreichend auszuschließen, und von daher fordern wir auch ein klares Fracking-Verbot."
Generelles Verbot nicht in Sicht
Doch seltsam: Obwohl fast alle Parteien eifrig bekunden, wie heftig sie die schmutzige Schiefergas-Fördermethode ablehnen, ist ein generelles Verbot nicht in Sicht. Wer genau hinhört, vernimmt zwar allenthalben ein großes Nein, aber immer mit kleinen Einschränkungen. "Keinesfalls wollen wir Fracking", sagt zum Beispiel Bundesumweltministerin Barbara Hendricks von der SPD. Jedenfalls so lange nicht, wie dafür toxische Stoffe in den Boden gepresst werden müssten, setzt sie hinzu. Eine Ablehnung mit Verfallsdatum erkennen Fracking-Gegner darin. Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier von der CDU formuliert seine Ablehnung noch milder.
"Fracking ist immer ein Thema. Es wird dann für uns interessant, wenn wir ausschließen können, dass eine Gefährdung für die Menschen oder die Natur eintritt. Das ist für mich der Maßstab dieser Dinge. Solange man das nicht ausschließen kann, werden wir das hier nicht machen. Wenn man es ausschließen kann, wären wir töricht, wenn wir die Chancen nicht nutzen."
Ein bedingtes Nein, das schnell zum Ja werden könnte, fürchten Anti-Fracking-Aktivisten in Nordhessen. Nämlich dann, wenn die Förderindustrie verspricht, "sauberes Fracking" zu betreiben - ohne Chemikalien. Doch Umweltverbände und Bürgerinitiativen glauben nicht an das sogenannte "Clean Fracking". Denn auch ohne Chemikalieneintrag spüle der Rückfluss aus den tiefen Gesteinsschichten beim Fracken Benzol und andere Gifte an die Oberfläche. Auch Radioaktivität sei ein Problem, meint Henner Gröschner von Fracking Freies Hessen. Unterdessen verspricht die grüne Umweltministerin Priska Hinz eine Änderung des Bergrechts auf Bundesebene mit in Angriff zu nehmen.
Gemeinsame Initiative mit Schleswig-Holstein
"Ich bin mit meinen KollegInnen aus den anderen Bundesländern darüber im Gespräch. Schleswig-Holstein hat bereits ein Eckpunkte-Papier vorgelegt. Wir arbeiten jetzt an einer gemeinsamen Initiative, um das über den Bundesrat auch in den Bundestag einzubringen."
Auch diese Initiative aber, so bemängeln die nordhessischen Skeptiker, laufe nicht auf ein kategorisches Fracking-Verbot hinaus. Auch sie ziele nur darauf ab, den Einsatz von Umweltgiften beim Fracking zu unterbinden. Damit öffne sie eine Hintertür für Unternehmen, die behaupten, umweltneutrale Fracking-Technologien entwickelt zu haben. Mögen die Grünen anders als CDU und SPD betonen, dass sie chemiefreies Fracken für eine irreale Wunschvorstellung der Förderindustrie halten, die Protestszene wirft ihnen ein doppeltes Spiel und Etikettenschwindel vor. Mag die hessische Umweltministerin Priska Hinz sogar versprechen, sich für ein generelles Fracking-Verbot einzusetzen – glauben werden Umweltverbände und Bürgerinitiativen das erst, wenn sie es in einem Gesetzentwurf schwarz auf weiß lesen.