"Zwei Männer schweigen sich an, und beide wissen danach Bescheid"
Das umstrittene Telefonat zwischen SPD-Politiker Oppermann und BKA-Chef Ziercke zum Fall Edathy war heute Thema im Bundestag. Die Opposition hält die Erklärungen zu dem Gespräch für unplausibel.
Viele Fragen im Innenausschuss richten sich heute an die SPD. Opposition und Union kritisieren vor allem den Anruf Thomas Oppermanns beim Chef des Bundeskriminalamts. Kurz vor dem Telefonat hatte der damalige Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) SPD-Chef Sigmar Gabriel über die Causa Edathy informiert. Nach seiner Aussage im Innenausschuss erklärte BKA-Chef Jörg Ziercke am Mittag vor Journalisten, das Gespräch sei so verlaufen,
"dass Herr Oppermann mich darüber informierte, dass Bundesinnenminister Dr. Friedrich Herrn Gabriel informiert und schließlich Herrn Oppermann und Herrn Steinmeier dann auch in Kenntnis gesetzt worden waren von dem Gesprächsinhalt, dass der Name Sebastian Edathy bei Auslandsermittlungen in Zusammenhang mit Online-Bestellungen mit Ausrichtung auf die pädophile Szene aufgetaucht sei und das Bundeskriminalamt von den kanadischen Behörden entsprechendes Beweismaterial erhalten habe. Das sichergestellte Material soll aber strafrechtlich nicht relevant gewesen sein. So die Anmerkung von Herrn Oppermann."
"Ich will Sie nicht in Schwierigkeiten bringen"
Möglicherweise habe Oppermann gespürt, dass er, Ziercke, angespannt gewesen sei. "Als ich ihm sagte, ich werde das nicht kommentieren, sagte er sinngemäß: 'Ich will sie ja auch gar nicht in Schwierigkeiten bringen.' Ich muss an dieser Stelle einräumen, dass ich seine Darstellung aber auch nicht dementiert habe. Möglicherweise hat er daraus geschlossen, dass ich durch mein Schweigen seine Worte bestätigen würde, doch dies wäre ein Fehlschluss. Denn die Alternative, dass ich die Information des Ministers an Herrn Gabriel dementieren könnte, die hatte ich nicht."
Unterschiedliche Bewertungen von Seiten der Fraktionen. Unplausibel findet der Grüne Konstantin von Notz ein Gespräch ohne Ziel und ohne Inhalt:
"Zwei Männer schweigen sich an, und beide wissen danach Bescheid. Wer soll denn das glauben, bitte?"
Zwei Männer schweigen sich an und wissen #Bescheid @KonstantinNotz zu Telefonat #Zierke #Oppermann .— K. Göring-Eckardt (@GoeringEckardt) 19. Februar 2014
Wolfgang Bosbach (CDU), der Innenausschussvorsitzende, ist von Zierckes Darstellung überzeugt, was seines Erachtens aber den SPD-Politiker Oppermann nicht entlastet. Einzig SPD-Fraktionsvize Eva Högl zeigt sich gewiss,
"dass das Telefonat zwischen Herrn Ziercke und Herrn Oppermann völlig zu Unrecht skandalisiert wird."
Dass es einzig die SPD ist, deren Verhalten in der Kritik steht, liegt auch daran, dass Hans-Peter Friedrich nicht erscheinen wollte, wie er, auch ohne offizielle Ladung, zu verstehen gegeben hatte.
Grüne und Linke erwägen Untersuchungsausschuss
Inhaltlich wurde als Ergebnis des Ausschusses bekannt, wie die Ermittler auf den Namen Edathy aufmerksam geworden sein sollen. Erst dem Polizeipräsidium in seinem Heimatort Nienburg sei der Name aufgefallen. Dort habe man auch festgestellt, dass es sich um den damaligen Abgeordneten handelte, so Ziercke. In dem Moment waren die Listen bereits bundesweit an die Landeskriminalämter verschickt. Ob Edathy gewarnt wurde, ist nach Aussagen des niedersächsischen Justizministeriums nach wie vor offen.
Wolfgang Bosbach hat keine Zweifel:
"Ich gehe davon aus, dass Herr Edathy gewarnt worden ist. Es genügt doch völlig, wenn Herr Edathy fragt: Was wird eigentlich aus mir? Also aus meiner Karriereerwartung? Und wenn man dann zur Antwort gibt: Herr Edathy, tut mir Leid, für Sie ist aber in der Regierung kein Platz. Und Sie wissen auch warum. Denken Sie mal verschärft drüber nach. Reicht völlig."
Damit zielt der CDU-Politiker auf die SPD-Spitze. Am Abend, frisch zurück aus Paris von den deutsch-französischen Regierungskonsultationen, wird sich Wirtschaftsminister und SPD-Chef Sigmar Gabriel gegen diesen Vorwurf verteidigen können. Und gegen Mutmaßungen von Seiten der Grünen, er, Gabriel, habe Thomas Oppermann zum Anruf bei Ziercke gedrängt.
Auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier, als damaliger SPD-Fraktionschef von Gabriel unterrichtet, soll befragt werden. Und als Dienstherr des Bundeskriminalamts Thomas de Maizière (CDU). Es könnte spät werden. Je nach Ergebnis der heutigen Sitzung schließen Grüne und Linke, aber auch die Union einen Untersuchungsausschuss nicht aus.