UN-Bericht zu Nordkoreas Cyber-Raubzügen

Experte fordert mehr Sicherheit für IT-Systeme

06:59 Minuten
Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un beobachtet mit einem Fernglas einen Raketentest.
Kim Jong Un steht unter Verdacht, hinter den nordkoreanischen Cyberattacken zu stecken. © YNA/picture-alliance
Sven Herpig im Gespräch mit Nicole Dittmer |
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Nordkorea wird in einem UN-Bericht beschuldigt, mit Hackerangriffen Milliarden zu erwirtschaften. Sicherheitslücken in den eigenen IT-Systemen besser zu schützen, empfiehlt der Experte Sven Herpig als bestes Mittel der Selbstverteidigung.
Büro 121 ist der Name der Behörde in Nordkorea. Sie wurde 1998 gegründet und ist Teil des "Amtes für Allgemeine Aufklärung", einer Spionageabteilung des Militärs. Schwerpunkt versteckte Aktionen im In- und Ausland. Das Büro 121 ist verantwortlich für den "geheimen Krieg" sprich Cyberkrieg.
UN-Experten stellen nun in einem aktuellen Bericht fest, dass nordkoreanische Hacker im Internet Geldwerte im Wert von zwei Milliarden US-Dollar gestohlen haben sollen. Von Online-Raubzügen ist die Rede. Diplomaten bestätigten, dass der Bericht an die Mitglieder des Sanktionsausschusses verschickt worden sei. Im September soll er dem UN-Sicherheitsrat vorgelegt und danach veröffentlicht werden.

Cyber-Raubzüge für den Staatshaushalt

Vieles davon sei bereits bekannt, aber die Summe von zwei Milliarden Dollar sei neu, sagte Sven Herpig, Leiter für Internationale Cyber-Sicherheitspolitik bei der Berliner Stiftung Neue Verantwortung, im Deutschlandfunk Kultur. Wenn man sich vor Augen führe, dass das nordkoreanische Bruttoinlandsprodukt bei etwa 18 Milliarden Dollar liege, dann würden rund zehn Prozent offenbar durch Cyber-Raubzüge und Hackingaktivitäten eingenommen. "Es ist besorgniserregend im Sinne von, dass sie das Geld natürlich einsetzen können, um ihre Waffenforschung weiter auszubauen", sagte Herpig.
Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un überwacht auf einem Monitor einen Raketentest. 
Einer der seltenen Einblicke in das Zentrum der Macht von Kim Jong Un. © YNA/picture-alliance
"Ich würde das Problem nicht auf Nordkorea eingrenzen", sagte der Wissenschaftler. "Fast alle Länder dieser Welt haben inzwischen Cyberoperationen, sie führen Hackeroperationen durch, sie klauen sich gegenseitig Daten." Nordkorea gerate gerade in den Blick, weil man gegen den Staat vorgehen und dessen Waffenprogramm eingrenzen wolle. In den USA werde derzeit eine Militärdoktrin umgesetzt, nach der Russland, China und Iran stärker gehackt werden sollten, "um sich mit ihnen im Wettbewerb zu messen".

Eigene IT-Systeme sichern

Online-Raubzüge verliefen ganz anders und unspektakulärer als im Kino, sagte Herpig. Es werde oft viel Planung benötigt und Schwachpunkte gezielt gesucht. "Um Hacker dingfest zu machen, muss man erst herausfinden, wer dahinter steckt – das ist viel Arbeit." Das seien technische Analysen, die Jahre dauerten. Selbst wenn man wisse, dass Hacker aus Nordkorea oder aus China stammten, sei es schwer, dort gegen sie vorzugehen.
Leider drehe sich die Diskussion in letzter Zeit vor allem um die Frage, wie man zurückschlagen könne, kritisierte der Experte. Dabei sollte man sich besser darauf konzentrieren, die eigenen IT-Systeme sicherer und widerstandsfähiger zu machen. "Da ist noch sehr viel Luft nach oben."
(gem)
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