"Klimaschutzpolitik verlässt ihre Komfortzone"
Bei der UN-Klimakonferenz in Marrakesch geht es nach Meinung des Politikwissenschaftlers Dennis Tänzler ans Eingemachte. Auch Deutschland müsse endlich seine Hausaufgaben bei der Umsetzung des Klimaschutzes machen. Er rechne dabei mit Konflikten.
Ein großer Erfolg für den Klimaschutz: Alle wichtigen Staaten haben die Vereinbarungen der letztjährigen Un-Klimaschutzkonferenz in Paris ratifiziert. Bei der diesjährigen Konferenz in Marrakesch, die heute beginnt, geht es nach Meinung des Politikwissenschaftlers und Klimapolitikexperten Dennis Tänzler jedoch ans Eingemachte.
"In der Tat ist es so, dass mit Marrakesch – um es zuzuspitzen – die Klimaschutzpolitik ihre Komfortzone verlässt. Das heißt: Mit den Umsetzungsbemühungen geht es jetzt daran, die einzelnen Verpflichtungen konkret zu machen", betonte Tänzler, der bei der Berliner Denkfabrik adelphi den Bereich Internationale Klima- und Energiepolitik leitet.
Erhebliche Verzögerungen
Er sei jedoch vorsichtig optimistisch, was die Umsetzung der Vereinbarungen für eine weltweite deutliche Reduzierung des CO2-Ausstoßes anbelange. Denn die bisherigen Erfahrungen hätten gezeigt, dass von der konkreten Projektidee über die Skizze bis zur Einreichung "doch erhebliche Verzögerungswirkungen auftreten".
Zum Teil vergingen mehrere Jahre für eine Antragsvorbereitung – Jahre, in denen "noch keine Tonne CO2 eingespart" worden sei. Zudem sei der direkte Zugang zum Green Climate Fund der UN, der Klimaprojekte finanziell unterstützt, derzeit nur zehn Staaten möglich – es sei also noch einiges an Kapazitätsaufbau nötig.
Kein Kuscheln bei der Energiewende
Was die Situation in Deutschland anbelange, so sei der Nationale Klimaschutzplan 2050 "keine Kuschelveranstaltung". Tänzler sagte weiter, er rechne mit "erheblichen Konflikten", weil viel verschiedene Bereiche wie Energie, Verkehr und Agarwesen von einer notwendigen Wende betroffen seien.
Tänzler kritisierte, der Anteil, den die Industrie zu leisten habe, sei in den verschiedenen Ressorts der Ministerien "noch nicht hinreichend abgebildet". Es gehe darum, "unmittelbar jetzt zu reagieren, wenn sich abzeichnet, dass 2020 die selbstgesteckten Ziele nicht erreicht werden".
Wer, so wie Deutschland, für sich in Anspruch nehme, eine Führungsrolle beim Klimaschutz einzunehmen, müsse "seine Hausaufgaben machen": Defizite müssten erkannt und Maßnahmen nachjustiert werden.