UN-Migrationspakt

"Kein Recht auf Aufnahme in einem reichen Land"

33:32 Minuten
29.06.2018, Spanien, Tarifa: Junge Migranten aus Nordafrika sitzen nach ihrer Rettung in der Straße von Gibraltar im Hafen von Tarifa in Decken gehüllt an einer Mauer. Ihre Hände wurden zuvor zusammengebunden. Die EU-Staaten haben sich bei ihrem Gipfel in Brüssel darauf geeinigt, in der EU geschlossene Aufnahmelager für gerettete Bootsflüchtlinge einzurichten. Foto: Javier Fergo/dpa | Verwendung weltweit
Gestrandete Migraten aus Marokko. © dpa
Stefan Gosepath im Gespräch mit Korbinian Frenzel |
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Migration ist kein Menschenrecht - auch der UN-Migrationspakt ändert nichts daran. Für den Pilosophen Stefan Gosepath wären weltweite Migrationsquoten eine utopische und auch schwierige Vorstellung - weil sie die Souveränität von Staaten in Frage stellten.
Am heutigen Montag haben 164 Länder in Marrakesch dem UN-Migrationspakt zugestimmt. Es war lange und heftig darüber diskutiert worden. Letztlich haben die USA nicht zugestimmt, und in Belgien ist über diesem Pakt die Regierung zerbrochen – weil dessen Gegner sich sorgen, er öffne Migranten aus aller Welt Tür und Tor.
Unser Studiogast, der Philosoph Stefan Gosepath, hat den Eindruck, dass verschiedene Dinge durcheinander gebracht werden: "Man muss zunächst einmal unterscheiden, dass es ja einen Flüchtlingspakt und einen Migrationspakt gibt." Flüchtlinge hätten ein Recht zu fliehen, wenn ihre Menschenrechte und auch ihr Leben durch Bürgerkriege oder durch politische Verfolgung gefährdet seien. Weshalb andere Länder ihnen Asyl gewähren müssen.

Migration soll nicht als Bedrohung erscheinen

Der Migrationspakt hingegen beziehe sich im Wesentlichen auf Menschen, die größtenteils aus wirtschaftlichen Gründen ihr Land verlassen wollten – weil etwa ihre Armut existenzbedrohend sei und sie in ihrem Land keine andere Chancen sähen, als auszuwandern. Dies wolle der Pakt regeln und zugleich Migration nicht als Bedrohung erscheinen lassen.
"Was aber wichtig ist: Der Pakt selbst spricht den Menschen kein Recht auf Migration, also, auf Aufnahme in einem reichen Land zu", betonte Gosepath. Dies sei oft missverständlich und falsch dargestellt worden – als seien die reichen Industrienationen verpflichtet, Migranten aufzunehmen. Entstanden sei dieses Missverständnis, weil der Pakt unter anderem betone, dass Migration auch eine gute Sache sein könne. Das sei möglicherweise eine nicht ganz so geglückte Formulierung.

Länder könnten nicht mehr entscheiden, wer reinkommen darf

Gosepath sagte weiter, wollte man Migration zu einem Menschenrecht erklären, wie von einigen Seiten gefordert, würde dies sicherlich zu erheblichen Problemen führen. Denn dies würde bedeuten, "die Souveränität der Einzelstaaten auszuhebeln, weil die dann nicht mehr in der Lage wären, zu entscheiden, wer reinkommt und wer nicht".
Der Philosoph und Autor Stefan Gosepath.
Der Philosoph und Autor Stefan Gosepath.© imago / Horst Galuschka

Stefan Gosepath lehrt am Institut für Philosophie der Freien Universität Berlin. Seine Forschungsschwerpunkte sind unter anderem Gerechtigkeit, Gleichheit, Menschenrechte, Verantwortung und Demokratie. Zuletzt war er Visiting Scholar am Department of Philosophy der New York University und der Columbia University.

Diese könne man richtig finden oder nicht – "aber Fakt ist, dass wir in einer Staatengemeinschaft leben. Und es wäre eine sehr utopische Vorstellung, zu sagen, wir wollen ein Menschenrechtsregime." Das müsse dann von der UN oder einer anderen Insitution überwacht werden, die dann "Migrationsquoten zuteilt. Und wir sehen ja in der EU, dass das nicht möglich ist – dass genau dagegen massiver nationaler Widerstand kommt."
Die Herausforderung sei nun zu schauen, wie man "das Faktum der Migration sinnvoll menschenrechtlich regeln kann, wenn man den Nationalstaat erstmal nicht antasten will".
(mkn)
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