"Verlierer ist die spanische Demokratie"
Katalonien hat gewählt, die Separatisten verkünden den Sieg. Doch gewonnen hat im Grunde niemand, meint der Romanist Albrecht Buschmann. Wie es nun weitergeht, ist völlig unklar.
Kataloniens Regionalregierung sieht sich als Sieger beim umstrittenen Unabhängigkeits-Referendum, doch politische Beobachter sehen nur Verlierer. Der Romanist Albrecht Buschmann sagte im Deutschlandfunk Kultur, die öffentliche Wahrnehmung der Geschehnisse rund um die Abstimmung sei völlig "verdreht", was "Recht, Gesetz, Ordnung, Geschichte und Legitimität" angehe. Das Referendum sei weder frei noch geheim und transparent gewesen, sondern illegal. Zugleich habe die spanische Zentralregierung in den letzten Monaten jeden Dialog verweigert. "Verlierer ist die Demokratie in Spanien", sagte Buschmann.
Nach Angaben der katalanischen Separatisten hat das "Ja"-Lager deutlich gesiegt. 90 Prozent der Wahlberechtigten hätten für die Abspaltung von Spanien gestimmt, hieß es. An der Wahl haben sich demnach knapp 2,3 Millionen Menschen beteiligt.
Der gestrige Tag wurde zugleich von schlimmen Bildern überschattet: Bei Polizeieinsätzen gegen das Referendum wurden mehr als 800 Menschen verletzt. Polizei und Guardia Civil setzten Schlagstöcke und Gummigeschosse ein. Unsere Korrespondentin vor Ort, Julia Macher, beschreibt die Situation in Barcelona dennoch als "relativ ruhig". Es habe keine große Jubelfeier in der Nacht gegeben – vielmehr habe eine "bedrückte, trotzige Stimmung" geherrscht.
Der gestrige Tag wurde zugleich von schlimmen Bildern überschattet: Bei Polizeieinsätzen gegen das Referendum wurden mehr als 800 Menschen verletzt. Polizei und Guardia Civil setzten Schlagstöcke und Gummigeschosse ein. Unsere Korrespondentin vor Ort, Julia Macher, beschreibt die Situation in Barcelona dennoch als "relativ ruhig". Es habe keine große Jubelfeier in der Nacht gegeben – vielmehr habe eine "bedrückte, trotzige Stimmung" geherrscht.
Wahlkampf für Selbstbestimmung - nicht für die Abspaltung
Buschmann attestiert den Befürwortern eines unabhängigen Kataloniens eine kluge Strategie – denn diese hätten für Selbstbestimmung, und nicht für die Abspaltung geworben. Und gegen Selbstbestimmung könne man schlecht sein. Das Einschreiten der Polizei habe den Separatisten in die Karten gespielt, der spanische Staat sei in die Falle gegangen.
Was in den nächsten Tagen passieren wird, ist derzeit noch völlig unklar. Die Gewerkschaften in Katalonien wollen streiken. Der Ministerpräsident der Region, Carles Puigdemont, sagte noch vor der Bekanntgabe des vorläufigen Ergebnisses, er werde innerhalb von 48 Stunden die Unabhängigkeit erklären, sollte sich mehr als die Hälfte der Wähler dafür aussprechen.
Jörg Espelta von der katalanischen Nationalversammlung ANC betonte im Deutschlandfunk Kultur, die Eskalation hätte verhindert werden können, wenn auf europäischer Ebene vermittelt worden wäre. Jetzt schaue Europa endlich hin. Die Katalanen haben laut Espelta jedes Vertrauen in den spanischen Staat verloren - ohne weitere Vermittlung wird es seiner Ansicht nach keine Lösung geben.
Insgesamt gab es rund 5,3 Millionen Wahlberechtigte, die zum Teil aber an ihrer Stimmenabgabe gehindert wurden. Die spanische Regierung hatte Tausende von Polizisten in die Region geschickt, welche die Abstimmung eigentlich unterbinden sollten. Das gelang nicht, zum Teil wurden aber Stimmzettel und Wahlurnen beschlagnahmt. (ahe)