Unbegründete Angst vor kleinen Risiken
Als Autor populärer Sachbücher schreibt Walter Krämer gegen irrationale Ängste und verbreitetes Unwissen an. In seinem neuen Buch "Die Angst der Woche" erklärt der Professor für Wirtschafts- und Sozialstatistik, wie man der nächsten Massenhysterie als Verbraucher erfolgreich widerstehen kann.
Der Rinderwahnsinn BSE ließ den Rindfleischmarkt innerhalb von Tagen zusammenbrechen. Wenige mit Dioxin belastete Hühnereier reichten aus, um den Deutschen die Lust auf das Frühstücksei zu nehmen, und als die Schweinegrippe drohte, machten die Impfstoffhersteller große Geschäfte. Sinnvoller Schutz vor Risiken sieht anders aus, wie der Dortmunder Statistikprofessor Walter Krämer nicht zum ersten Male vorrechnet.
Am Schwarzen Brett haben er und seine Studenten jahrelang die mediengemachten "Ängste der Woche" gesammelt und verschiedene mehr oder weniger aufgebauschte Risiken gesichtet und verglichen. Dabei erwiesen sich die deutschen Zeitungen als besonders aktive und unkritische "Panikmacher". Immer wieder schüren sie insbesondere die Angst vor Strahlung, Chemikalien oder Gentechnik im Essen.
Aus Sicht des Statistikers haben diese Risiken in unserem Alltag jedoch keinerlei Bedeutung. Besser sollte man sich vor dem Bluthochdruck in acht nehmen, der jeden vierten Deutschen betrifft und das Risiko für viele Krankheiten nachweisbar erhöht. Aber vielleicht brauchen wir die Angst vor den kleinen, unbedeutenden Risiken, um die großen zu verdrängen, spekuliert Krämer. Wie schon in früheren Büchern präsentiert er nicht nur Fakten, sondern macht auch Stimmung und drischt auf alle ein, die zu anderen Einsichten gekommen sind.
Eine Ursache für unsere Ängstlichkeit findet Walter Krämer in der biologischen Evolution der Menschheit. In vielen Tausend Jahren haben sich immer wieder die Ängstlichen durchgesetzt. Sie überlebten, auch wenn sie oft unnötig die Flucht ergriffen. Die Angsthasen waren erfolgreicher als die Mutigen, die vom Löwen gefressen wurden oder sich mit verseuchtem Wasser vergifteten. Außerdem ist der Mensch ein Herdentier. Wenn andere ängstlich reagieren oder flüchten, empfiehlt es sich vorsichtig zu sein, auch wenn anscheinend kein Grund zur Panik besteht. Was unsere Vorfahren einst schützte, entwickelt sich heute jedoch zum Hemmschuh, so Krämer. Weil unser Leben immer sicherer geworden ist, suchen wir nach Sündenböcken, vor denen wir Angst haben können.
Walter Krämer schreibt leicht verständlich und erklärt statistische Zusammenhänge so, dass sie jeder Leser verstehen kann. Er weist schließlich schlüssig nach, warum sein wiederholter Ruf "Keine Panik!" nichts bewirken kann. Denn wer seiner angeborenen, wenn auch übertriebenen Vorsicht gehorcht und zeitweise oder dauerhaft auf Rindfleisch oder sein Frühstücksei verzichtet, schadet eben nicht seiner Gesundheit. Walter Krämer versucht sich nicht zum ersten Mal als Missionar der Aufklärung. Leider vermischt er dabei, genau wie die von ihm kritisierten Panikmacher, sachliche Information und persönliche Meinung. Immer wieder streut er kleine Spitzen gegen seine Lieblingsgegner ein: Verbraucherverbände, Umweltorganisationen und Journalisten.
Deshalb wird auch dieses Buch seine Gegner nicht überzeugen. Menschen, die dem technischen Fortschritt skeptisch gegenüberstehen, werden weiterhin lieber Greenpeace vertrauen und das Buch schnell zur Seite legen. Wer lässt sich schon gerne von besserwisserischen Wissenschaftlern beleidigen? Wer jedoch schon bisher gegen den Strom der Ängstlichen geschwommen ist, erhält gute Argumente, die seine Ansicht untermauern.
Besprochen von Michael Lange
Walter Krämer: Die Angst der Woche – Warum wir uns vor den falschen Dingen fürchten
Piper, München 2011
286 Seiten, 19,99 Euro
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Eine Ursache für unsere Ängstlichkeit findet Walter Krämer in der biologischen Evolution der Menschheit. In vielen Tausend Jahren haben sich immer wieder die Ängstlichen durchgesetzt. Sie überlebten, auch wenn sie oft unnötig die Flucht ergriffen. Die Angsthasen waren erfolgreicher als die Mutigen, die vom Löwen gefressen wurden oder sich mit verseuchtem Wasser vergifteten. Außerdem ist der Mensch ein Herdentier. Wenn andere ängstlich reagieren oder flüchten, empfiehlt es sich vorsichtig zu sein, auch wenn anscheinend kein Grund zur Panik besteht. Was unsere Vorfahren einst schützte, entwickelt sich heute jedoch zum Hemmschuh, so Krämer. Weil unser Leben immer sicherer geworden ist, suchen wir nach Sündenböcken, vor denen wir Angst haben können.
Walter Krämer schreibt leicht verständlich und erklärt statistische Zusammenhänge so, dass sie jeder Leser verstehen kann. Er weist schließlich schlüssig nach, warum sein wiederholter Ruf "Keine Panik!" nichts bewirken kann. Denn wer seiner angeborenen, wenn auch übertriebenen Vorsicht gehorcht und zeitweise oder dauerhaft auf Rindfleisch oder sein Frühstücksei verzichtet, schadet eben nicht seiner Gesundheit. Walter Krämer versucht sich nicht zum ersten Mal als Missionar der Aufklärung. Leider vermischt er dabei, genau wie die von ihm kritisierten Panikmacher, sachliche Information und persönliche Meinung. Immer wieder streut er kleine Spitzen gegen seine Lieblingsgegner ein: Verbraucherverbände, Umweltorganisationen und Journalisten.
Deshalb wird auch dieses Buch seine Gegner nicht überzeugen. Menschen, die dem technischen Fortschritt skeptisch gegenüberstehen, werden weiterhin lieber Greenpeace vertrauen und das Buch schnell zur Seite legen. Wer lässt sich schon gerne von besserwisserischen Wissenschaftlern beleidigen? Wer jedoch schon bisher gegen den Strom der Ängstlichen geschwommen ist, erhält gute Argumente, die seine Ansicht untermauern.
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Walter Krämer: Die Angst der Woche – Warum wir uns vor den falschen Dingen fürchten
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