Unbekannte Seiten einer großen deutschen Diva
Neben Marlene Dietrich gehört Hildegard Knef zu den bekanntesten deutschen Schauspielern im Ausland. Aus Anlass ihres 80. Geburtstages zeigt das Filmmuseum Berlin unbekannte Facetten der Knef anhand von Fotos und Dokumenten aus ihrem Nachlass. Den hatte das Museum vor drei Jahren von ihrem letzten Ehemann Paul von Schell erworben.
Musik: "Für mich solls rote Rosen regnen…"
Ob bei diesem Chanson oder "Berlin, dein Gesicht hat Sommersprossen" - wenn die Stimme der Knef zu hören ist, jagt es manchem Zuhörer auch heute noch einen wohligen Schauer über den Rücken. Die Stimme der deutschen Greco scheint unsterblich und die Fangemeinde verjüngt sich immer wieder. Ein Phänomen.
Neben Marlene Dietrich und Romy Schneider gehört Hildegard Knef unbestritten zu den wenigen deutschen Schauspielerinnen, deren Ruhm über Deutschlands Grenzen hinausreicht. Noch bevor der VW-Käfer in den USA Anfang der 50er zum deutschen Markenzeichen schlechthin werden sollte, war die junge blonde selbstbewusste Frau mit der dunklen Stimme und dem unverbrauchten Antlitz d e r Import aus Old Germany.
Vorausgeeilt war ihr zudem der Ruf, im Nachkriegsdeutschland in zwei wichtigen Filmen vor der Kamera gestanden zu haben - in Wolfgang Staudtes "Die Mörder sind unter uns" (1946), dem ersten Spielfilm im befreiten Deutschland, wo sie eine KZ-Heimkehrerin spielt, und in Willi Forsts "Die Sünderin" (1950), in dem sie als Prostituierte für Sekunden in einer Nacktszene zu sehen war, was in der jungen Bundesrepublik damals mancherorts als Eklat empfunden wurde, ihr aber in den USA endgültigen Durchbruch im Spielfilm und am Broadway verschaffte.
Knef: " Als der Film "Die Mörder sind unter uns" in Amerika herauskam, hat man mich gefragt, was das für eine entsetzliche Dekoration sei, das sei doch nun sehr übertrieben. Wir hatten nächtelang, monatelang, am Alexanderplatz gedreht, und ich sagte, das ist keine Dekoration - so sieht Berlin jetzt aus."
Dem wieder aufgebauten Berlin sollte sie, mit einigen längeren Unterbrechungen in den USA, die Treue bis zuletzt halten. Viel ist ja über dieses Multitalent, die Schauspielerin, Sängerin, Autorin, Malerin und ihre Höhen und Tiefen geschrieben worden, was sie selbst auch oft provoziert hat. Bei einer großen deutschen Gazette war sie in fünf Jahrzehnten gar 400 Mal der Aufmacher.
Aber ziemlich unergründet bleibt jene Zeit zu Beginn ihrer Karriere, als sie 1942 bei der UFA als Trickfilmzeichenlehrling anheuerte und 1943 als Entdeckung des Reichspropagandaministers zum Schauspiel zu wechseln hatte. Diesen frühen Lebensabschnitt analysierte am Abend, vorab im Filmmuseum präsentiert, die WDR/rbb-Fernsehdokumentation "Knef - Die frühen Jahre". Museumschef Hans-Helmut Prinzler mit seiner ersten Einschätzung:
"Felix Moeller hat sehr gut recherchiert, hat auch sehr gute Gesprächspartner gefunden, die in dieser Konstellation zum ersten Mal in einem Film beisammen sind, also z.B. alle Ehemänner, die sind nicht an einer Stelle zusammengekommen, sondern er hat sie an verschiedenen Stellen aufgesucht und ich denke, dass er sehr sorgfältig gearbeitet hat, nicht spekulativ und dass insofern man ein bisschen mehr, ein bisschen genauer in diesem Film sehen kann und ich denke, dass das aus dem Film auch klar wird, dass das eine sehr verwirrende Situation für viele Menschen war, auch für Hildegard Knef und dass sie sich da auch ein bisschen zwischen den Fronten verlaufen hat."
Gemeint ist u.a. ihr Liebesverhältnis zu dem Goebbels-Intimus und Reichsfilmdramaturgen Ewald von Demandowski, der, wie Autor Felix Moeller in Moskauer Archiven herausfand, 1946 von den Sowjets hingerichtet wurde. Moeller gelingt es, bisherige Grauzonen im Leben der Knef aufzuhellen und Spekulatives zu verdrängen.
Der Sohn des "Jud Süß"-Regisseurs Veit Harlan erinnert sich an Besuche der jungen Knef in der Uniform des Volkssturms im untergehenden Berlin. Der Film offenbart dieses Kapitel ihrer Liebe im Schatten einer schrecklichen Zeit, in der aber auch schon ihre rigorose Sehnsucht nach großer Karriere mitschwingt und sich ein dazu erforderlicher unermüdlicher Durchsetzungswille bereits andeutet. Kuratorin Daniela Sannwald war in der Ausstellung um viele Lebensfacetten bemüht:
"Wenn man sich mit einem Nachlass beschäftigt, hat man die Möglichkeit, eine Person gleichzeitig in vielen verschiedenen Lebensphasen zu sehen. Man hat die Möglichkeit, Erfolge und Rückschläge mitzuverfolgen. Man sieht eine Person altern und wieder jünger werden. Man sieht sie korrespondieren, also man sieht die ersten Verehrerbriefe aus dem Jahr 1942. Man sieht beispielsweise an der Korrespondenz mit Boleslaw Barlog, wie sich jahrzehntelange Freundschaften entwickeln, ein Leben nachzuvollziehen und dann noch mit Leuten zu sprechen, die sie gekannt haben und die zusätzliche Informationspartikel beisteuern und wir hoffen, dass sich das in dieser Ausstellung niederschlägt."
"Sie hat alle Höhen und Tiefen eines faszinierenden Lebens ausgekostet", bescheinigt ein älterer Verehrer, Altbundespräsident Walter Scheel, der Künstlerin und aus ihrem geheimen Tagebuch der frühen 60er entdeckt der Besucher heraus getrennte selbstkritische Seiten. Folgeblätter sind offenbar noch in Familienbesitz, oder?
Private Fotos, viele davon noch nie zu sehen, führen wie ein roter Faden durch die Ausstellung und zeigen das bewegte Leben der Knef - demgegenüber Zeitungsartikel über Höhenflüge, Sinnkrisen und Krankheiten des Stars. Trotz ihrer 50 Umzüge (!) ist davon erstaunlich viel erhalten geblieben, registriert Sammlungsleiter Peter Mänz. Ein typisches Beispiel - die Knef gehört vielen Menschen.
"Ein Foto von der Bundesfilmpreisverleihung 1959, da erschien Hildegard Knef erstmals mit ihrem späteren Mann, David Cameron, und da gibt es einen Schnappschuss: Eddie Constantin küsst Hildegard Knef und Cameron steht im Hintergrund und man sieht, dass er nicht gerade amüsiert ist und er hat natürlich ganz die Contenance bewahrt."
Durch Radio und Fernsehen erreichte die Knef mit ihren Chansons Millionen Zuhörer. Auszüge aus legendären Konzerten und aus Talkshowauftritten bieten Monitore an, laden zum Verweilen ein und machen deutlich, wie sehr die Karriere dieser Frau mit der Mediengeschichte der Bundesrepublik verknüpft war.
Service:
Die Ausstellung Hildegard Knef. Eine Künstlerin aus Deutschland" ist bis zum 24. April 2006 im Filmmuseum Berlin zu sehen.
Die WDR/rbb-Dokumentation "Knef - die frühen Jahre" wird im WDR-Fernsehen am 25.11.05 um 23.30 Uhr ausgestrahlt wird und im rbb-Fernsehen am 28.11., 22.15 Uhr. Das Buch zur Ausstellung "Hildegard Knef. Eine Künstlerin aus Deutschland" (ISBN 3-86505-167-7), bei Bertz+ Fischer erschienen, kostet 19,90 € und zuletzt noch der Hinweis, dass das Kino Arsenal im Filmmuseum Berlin die Personalausstellung über die Knef im Dezember und im Januar mit einer Filmreihe begleiten wird.
Ob bei diesem Chanson oder "Berlin, dein Gesicht hat Sommersprossen" - wenn die Stimme der Knef zu hören ist, jagt es manchem Zuhörer auch heute noch einen wohligen Schauer über den Rücken. Die Stimme der deutschen Greco scheint unsterblich und die Fangemeinde verjüngt sich immer wieder. Ein Phänomen.
Neben Marlene Dietrich und Romy Schneider gehört Hildegard Knef unbestritten zu den wenigen deutschen Schauspielerinnen, deren Ruhm über Deutschlands Grenzen hinausreicht. Noch bevor der VW-Käfer in den USA Anfang der 50er zum deutschen Markenzeichen schlechthin werden sollte, war die junge blonde selbstbewusste Frau mit der dunklen Stimme und dem unverbrauchten Antlitz d e r Import aus Old Germany.
Vorausgeeilt war ihr zudem der Ruf, im Nachkriegsdeutschland in zwei wichtigen Filmen vor der Kamera gestanden zu haben - in Wolfgang Staudtes "Die Mörder sind unter uns" (1946), dem ersten Spielfilm im befreiten Deutschland, wo sie eine KZ-Heimkehrerin spielt, und in Willi Forsts "Die Sünderin" (1950), in dem sie als Prostituierte für Sekunden in einer Nacktszene zu sehen war, was in der jungen Bundesrepublik damals mancherorts als Eklat empfunden wurde, ihr aber in den USA endgültigen Durchbruch im Spielfilm und am Broadway verschaffte.
Knef: " Als der Film "Die Mörder sind unter uns" in Amerika herauskam, hat man mich gefragt, was das für eine entsetzliche Dekoration sei, das sei doch nun sehr übertrieben. Wir hatten nächtelang, monatelang, am Alexanderplatz gedreht, und ich sagte, das ist keine Dekoration - so sieht Berlin jetzt aus."
Dem wieder aufgebauten Berlin sollte sie, mit einigen längeren Unterbrechungen in den USA, die Treue bis zuletzt halten. Viel ist ja über dieses Multitalent, die Schauspielerin, Sängerin, Autorin, Malerin und ihre Höhen und Tiefen geschrieben worden, was sie selbst auch oft provoziert hat. Bei einer großen deutschen Gazette war sie in fünf Jahrzehnten gar 400 Mal der Aufmacher.
Aber ziemlich unergründet bleibt jene Zeit zu Beginn ihrer Karriere, als sie 1942 bei der UFA als Trickfilmzeichenlehrling anheuerte und 1943 als Entdeckung des Reichspropagandaministers zum Schauspiel zu wechseln hatte. Diesen frühen Lebensabschnitt analysierte am Abend, vorab im Filmmuseum präsentiert, die WDR/rbb-Fernsehdokumentation "Knef - Die frühen Jahre". Museumschef Hans-Helmut Prinzler mit seiner ersten Einschätzung:
"Felix Moeller hat sehr gut recherchiert, hat auch sehr gute Gesprächspartner gefunden, die in dieser Konstellation zum ersten Mal in einem Film beisammen sind, also z.B. alle Ehemänner, die sind nicht an einer Stelle zusammengekommen, sondern er hat sie an verschiedenen Stellen aufgesucht und ich denke, dass er sehr sorgfältig gearbeitet hat, nicht spekulativ und dass insofern man ein bisschen mehr, ein bisschen genauer in diesem Film sehen kann und ich denke, dass das aus dem Film auch klar wird, dass das eine sehr verwirrende Situation für viele Menschen war, auch für Hildegard Knef und dass sie sich da auch ein bisschen zwischen den Fronten verlaufen hat."
Gemeint ist u.a. ihr Liebesverhältnis zu dem Goebbels-Intimus und Reichsfilmdramaturgen Ewald von Demandowski, der, wie Autor Felix Moeller in Moskauer Archiven herausfand, 1946 von den Sowjets hingerichtet wurde. Moeller gelingt es, bisherige Grauzonen im Leben der Knef aufzuhellen und Spekulatives zu verdrängen.
Der Sohn des "Jud Süß"-Regisseurs Veit Harlan erinnert sich an Besuche der jungen Knef in der Uniform des Volkssturms im untergehenden Berlin. Der Film offenbart dieses Kapitel ihrer Liebe im Schatten einer schrecklichen Zeit, in der aber auch schon ihre rigorose Sehnsucht nach großer Karriere mitschwingt und sich ein dazu erforderlicher unermüdlicher Durchsetzungswille bereits andeutet. Kuratorin Daniela Sannwald war in der Ausstellung um viele Lebensfacetten bemüht:
"Wenn man sich mit einem Nachlass beschäftigt, hat man die Möglichkeit, eine Person gleichzeitig in vielen verschiedenen Lebensphasen zu sehen. Man hat die Möglichkeit, Erfolge und Rückschläge mitzuverfolgen. Man sieht eine Person altern und wieder jünger werden. Man sieht sie korrespondieren, also man sieht die ersten Verehrerbriefe aus dem Jahr 1942. Man sieht beispielsweise an der Korrespondenz mit Boleslaw Barlog, wie sich jahrzehntelange Freundschaften entwickeln, ein Leben nachzuvollziehen und dann noch mit Leuten zu sprechen, die sie gekannt haben und die zusätzliche Informationspartikel beisteuern und wir hoffen, dass sich das in dieser Ausstellung niederschlägt."
"Sie hat alle Höhen und Tiefen eines faszinierenden Lebens ausgekostet", bescheinigt ein älterer Verehrer, Altbundespräsident Walter Scheel, der Künstlerin und aus ihrem geheimen Tagebuch der frühen 60er entdeckt der Besucher heraus getrennte selbstkritische Seiten. Folgeblätter sind offenbar noch in Familienbesitz, oder?
Private Fotos, viele davon noch nie zu sehen, führen wie ein roter Faden durch die Ausstellung und zeigen das bewegte Leben der Knef - demgegenüber Zeitungsartikel über Höhenflüge, Sinnkrisen und Krankheiten des Stars. Trotz ihrer 50 Umzüge (!) ist davon erstaunlich viel erhalten geblieben, registriert Sammlungsleiter Peter Mänz. Ein typisches Beispiel - die Knef gehört vielen Menschen.
"Ein Foto von der Bundesfilmpreisverleihung 1959, da erschien Hildegard Knef erstmals mit ihrem späteren Mann, David Cameron, und da gibt es einen Schnappschuss: Eddie Constantin küsst Hildegard Knef und Cameron steht im Hintergrund und man sieht, dass er nicht gerade amüsiert ist und er hat natürlich ganz die Contenance bewahrt."
Durch Radio und Fernsehen erreichte die Knef mit ihren Chansons Millionen Zuhörer. Auszüge aus legendären Konzerten und aus Talkshowauftritten bieten Monitore an, laden zum Verweilen ein und machen deutlich, wie sehr die Karriere dieser Frau mit der Mediengeschichte der Bundesrepublik verknüpft war.
Service:
Die Ausstellung Hildegard Knef. Eine Künstlerin aus Deutschland" ist bis zum 24. April 2006 im Filmmuseum Berlin zu sehen.
Die WDR/rbb-Dokumentation "Knef - die frühen Jahre" wird im WDR-Fernsehen am 25.11.05 um 23.30 Uhr ausgestrahlt wird und im rbb-Fernsehen am 28.11., 22.15 Uhr. Das Buch zur Ausstellung "Hildegard Knef. Eine Künstlerin aus Deutschland" (ISBN 3-86505-167-7), bei Bertz+ Fischer erschienen, kostet 19,90 € und zuletzt noch der Hinweis, dass das Kino Arsenal im Filmmuseum Berlin die Personalausstellung über die Knef im Dezember und im Januar mit einer Filmreihe begleiten wird.