Unbekanntes Werk eines vernachlässigten Komponisten

23.07.2006
Luigi Cherubini war zu Lebzeiten einer der berühmtesten Komponisten, Theoretiker und Musikerzieher Europas und gehörte zu den dominierenden Persönlichkeiten im französischen Musikleben. Beethoven bewunderte seine Opern und hielt ihn für den größten Komponisten der Zeit. In krassem Widerspruch dazu steht, dass Cherubinis Schaffen fast ein Jahrhundert lang kaum noch Beachtung fand.
Ein Grund dafür ist in den Libretti seiner Opern zu suchen, die spätestens in den Jahren nach 1860 nicht mehr dem gängigen Publikumsgeschmack entsprachen. Ihnen fehlte der aktuelle sozial-politische Zündstoff, der das Denken der Zeit bestimmte. Außerdem hatte es Cherubini mit seinem kosmopolitischen Ansatz schwer angesichts der aufkommenden Nationalbestrebungen. Hinzu kommt, dass er sich in seinen letzten Lebensjahren zunehmend der Kirchenmusik widmete, was für die jüngere Komponistengeneration keine Vorbildwirkung mehr hatte.

Die wichtigen Musikverlage haben aber gerade diese Werke, viele seiner Messen, in ihrem Programm behalten. Dirigenten wie Arturo Toscanini hatten einiges von Cherubini im Repertoire und spielten es auf Schallplatte ein. Nach dem Zweiten Weltkrieg bleibt besonders der triumphale Erfolg der "Medea" an der Mailänder Scala mit Maria Callas unter Leitung von Leonard Bernstein in Erinnerung, der neues Interesse an Cherubinis Bühnenwerken geweckt hat.

In den letzten Jahren hat sich besonders Riccardo Muti für das Werk Cherubinis engagiert. Er nahm das Requiem und mehrere Messen auf. Demnächst erscheint die siebente CD mit der "Messa solenne" E-Dur. Da die Partitur der Messe weder zu Lebzeiten des Komponisten noch in den Jahren danach veröffentlicht wurde, war das Werk lange Zeit unbekannt. Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts erschien eine Bearbeitung für Singstimme und Orgel. Die Herausgabe der vollständigen Orchesterpartitur erfolgte 2002 durch den Cherubini-Forscher Pietro Spada.


Philharmonie im Gasteig München
Aufzeichnung vom 23.6.06

Ludwig van Beethoven
Sinfonie Nr. 1 C-Dur op. 21

ca. 20:00 Uhr Konzertpause mit Nachrichten
Luigi Cherubini
Messa solenne E-Dur

Ruth Ziesak, Sopran
Marianna Pizzolato, Alt
Herbert Lippert, Tenor
Ildar Abdrazakov, Bass
Chor und Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks
Leitung: Riccardo Muti