Unbeliebtes Gotteshaus
Am Westrand von Warschau wird gerade die erste Moschee der Stadt gebaut. Dagegen hat sich bereits eine Bürgerinitiative gegründet - obwohl islamgläubige Tataren als Teil der polnischen Nationalkultur verstanden werden.
Der modernistische Stahl-Glas-Beton-Bau wächst empor, von dem geplanten 18-Meter-Turm - kein klassisches Minarett - ist noch nichts zu sehen. In Warschau gibt es bereits mehrere muslimische Gebetshäuser in den Vororten für die rund 10.000 Muslime, die hier leben. Doch die Moschee am "Platz der Verbannten nach Sibirien" ist der erste echte Moscheebau, zu dem auch eine Kultur- und Begegnungsstätte gehören soll. Der Bau entsteht am Westrand der Innenstadt in unmittelbarer Nähe von zwei Schnellstraßenviadukten und einem Einkaufszentrum.
"Es gefällt mir nicht. Polen ist doch ein christliches Land. Ich verstehe, dass ein Christ tolerant gegenüber anderen Religionen sein sollte, aber es muss doch nicht im Zentrum von Warschau sein…"
… bemängelt dieser Mann aus der Nachbarschaft. Auch sonst ist manchem nicht ganz wohl bei dem Gedanken an die Moschee. Eine Demonstration mit knapp 300 Teilnehmern gab es bereits. Und es gibt eine kleine Bürgerinitiative namens "Europa der Zukunft". Sie erklärt, nichts gegen den Islam an sich zu haben, kritisiert aber den Bauherrn der Warschauer Moschee. Es handelt sich um die 2004 gegründete "Muslimische Liga". Die "Liga" verbreite in ihren Schriften Fundamentalismus und gefährde die Grundlagen der offenen Gesellschaft, warnt Piotr Sebastian Ślusarczyk, Sprecher der Bürgerinitiative:
"Aus ihren Schriften erfahren wir, dass der Dschihad, verstanden als Krieg gegen Andersgläubige, etwas sehr Positives ist, dass Frauen nicht grundlos ihr Haus verlassen sollten, dass Jesus nichts anderes als den Islam verkündet habe. Meiner Meinung nach ist das eine Gefahr für die demokratische Ordnung in Europa. Und Polen sollte Konsequenzen aus den schmerzhaften Erfahrungen in Westeuropa ziehen."
Ślusarczyk betont, es gehe seiner Gruppe nicht darum, Moscheebauen in Warschau generell zu verhindern. Man unterstütze sogar Baupläne einer islamischen Reformgemeinde in der Nähe, die ausdrücklich zu Frieden und Toleranz aufrufe. Die Bürgerinitiative kritisiert ausschließlich die "Muslimische Liga". In der Tat haftet dieser Liga, in der arabische Zuwanderer der jüngeren Zeit dominieren, etwas Undurchsichtiges an. Nachfragen werden nicht beantwortet, Bitten um Interviews geflissentlich übersehen, selbst der Bauleiter der Moschee spricht nicht mit Journalisten.
Dennoch: Alles in allem wird der Islam in Polen mit weniger Misstrauen betrachtet als in anderen Ländern. Polen steht einerseits vor den gleichen Problemen wie viele Länder Westeuropas, andererseits dominiert ein positives Bild der Muslime, das sich vor allem aus der positiven Erfahrung mit der Integration der Tataren speist. Die Muslime selbst sehen es so:
"Bei den Polen habe ich beobachtet: Wenn jemand Moslem ist und sich als Moslem bekennt, dann wird er auch geachtet. Und es gibt überhaupt kein Problem."
Nezar Charif verschlug es vor rund zwei Jahrzehnten aus Syrien an die Weichsel. Charif ist der Imam der Warschauer muslimischen Gemeinde. Diese Gemeinde gehört zum bereits 1925 gegründeten "Muslimischen Religionsverband" und ist nicht zu verwechseln mit der "Muslimischen Liga". Im "Muslimischen Religionsverband" engagieren sich viele Menschen aus den arabischen Staaten, die oft noch zu kommunistischen Zeiten nach Polen kamen, aber auch viele Tataren, die seit langem in der polnischen Gesellschaft fest verwurzelt sind. Bereits im Mittelalter kämpften die Tataren als Söldner an der Seite des polnischen Königs gegen den Deutschen Ritterorden, und Józef Piłsudski, Gründer der polnischen Republik zwischen den Weltkriegen, umgab sich mit tatarischen Beratern. Die muslimischen Tataren gelten in Polen als vorbildliche Patrioten und bestens integriert.
"Nach den Vorfällen in New York, klar, da war das Verhältnis zu den Muslimen gespalten. Doch uns behandelt ja niemand als Muslime, man behandelt uns als Polen-Tataren..."
… sagt Dżemil Gębicki aus der muslimischen Gemeinde des ostpolnischen Tatarendorfs Kruszyniany. Ihren "Muslimischen Religionsverband" sehen die Tataren sowie ihre viel später nach Polen eingewanderten Glaubensbrüder indes nicht als Gegenpol zur "Muslimischen Liga", vor allem nicht, wenn es um den Bau der Moschee in Warschau geht. Der sei unbedingt notwendig, nicht zuletzt aus wirtschaftlichen Gründen, beteuert der Sekretär der zum "Muslimischen Religionsverband" gehörenden Warschauer Gemeinde Rashad Eltayeb:
"Warschau hat über eine Million Einwohner, und es ist die einzige Hauptstadt in Europa, in der es noch keine Moschee gibt. Ich weiß aus meinen Erfahrungen, dass Geschäftsleute, große Geschäftsleute, dorthin reisen, wo es Moscheen gibt. Das ist für sie eine heilige Sache. Wenn es hier keine Moschee gibt, dann reisen sie lieber nach Rom, Paris oder nach Großbritannien."
"Es gefällt mir nicht. Polen ist doch ein christliches Land. Ich verstehe, dass ein Christ tolerant gegenüber anderen Religionen sein sollte, aber es muss doch nicht im Zentrum von Warschau sein…"
… bemängelt dieser Mann aus der Nachbarschaft. Auch sonst ist manchem nicht ganz wohl bei dem Gedanken an die Moschee. Eine Demonstration mit knapp 300 Teilnehmern gab es bereits. Und es gibt eine kleine Bürgerinitiative namens "Europa der Zukunft". Sie erklärt, nichts gegen den Islam an sich zu haben, kritisiert aber den Bauherrn der Warschauer Moschee. Es handelt sich um die 2004 gegründete "Muslimische Liga". Die "Liga" verbreite in ihren Schriften Fundamentalismus und gefährde die Grundlagen der offenen Gesellschaft, warnt Piotr Sebastian Ślusarczyk, Sprecher der Bürgerinitiative:
"Aus ihren Schriften erfahren wir, dass der Dschihad, verstanden als Krieg gegen Andersgläubige, etwas sehr Positives ist, dass Frauen nicht grundlos ihr Haus verlassen sollten, dass Jesus nichts anderes als den Islam verkündet habe. Meiner Meinung nach ist das eine Gefahr für die demokratische Ordnung in Europa. Und Polen sollte Konsequenzen aus den schmerzhaften Erfahrungen in Westeuropa ziehen."
Ślusarczyk betont, es gehe seiner Gruppe nicht darum, Moscheebauen in Warschau generell zu verhindern. Man unterstütze sogar Baupläne einer islamischen Reformgemeinde in der Nähe, die ausdrücklich zu Frieden und Toleranz aufrufe. Die Bürgerinitiative kritisiert ausschließlich die "Muslimische Liga". In der Tat haftet dieser Liga, in der arabische Zuwanderer der jüngeren Zeit dominieren, etwas Undurchsichtiges an. Nachfragen werden nicht beantwortet, Bitten um Interviews geflissentlich übersehen, selbst der Bauleiter der Moschee spricht nicht mit Journalisten.
Dennoch: Alles in allem wird der Islam in Polen mit weniger Misstrauen betrachtet als in anderen Ländern. Polen steht einerseits vor den gleichen Problemen wie viele Länder Westeuropas, andererseits dominiert ein positives Bild der Muslime, das sich vor allem aus der positiven Erfahrung mit der Integration der Tataren speist. Die Muslime selbst sehen es so:
"Bei den Polen habe ich beobachtet: Wenn jemand Moslem ist und sich als Moslem bekennt, dann wird er auch geachtet. Und es gibt überhaupt kein Problem."
Nezar Charif verschlug es vor rund zwei Jahrzehnten aus Syrien an die Weichsel. Charif ist der Imam der Warschauer muslimischen Gemeinde. Diese Gemeinde gehört zum bereits 1925 gegründeten "Muslimischen Religionsverband" und ist nicht zu verwechseln mit der "Muslimischen Liga". Im "Muslimischen Religionsverband" engagieren sich viele Menschen aus den arabischen Staaten, die oft noch zu kommunistischen Zeiten nach Polen kamen, aber auch viele Tataren, die seit langem in der polnischen Gesellschaft fest verwurzelt sind. Bereits im Mittelalter kämpften die Tataren als Söldner an der Seite des polnischen Königs gegen den Deutschen Ritterorden, und Józef Piłsudski, Gründer der polnischen Republik zwischen den Weltkriegen, umgab sich mit tatarischen Beratern. Die muslimischen Tataren gelten in Polen als vorbildliche Patrioten und bestens integriert.
"Nach den Vorfällen in New York, klar, da war das Verhältnis zu den Muslimen gespalten. Doch uns behandelt ja niemand als Muslime, man behandelt uns als Polen-Tataren..."
… sagt Dżemil Gębicki aus der muslimischen Gemeinde des ostpolnischen Tatarendorfs Kruszyniany. Ihren "Muslimischen Religionsverband" sehen die Tataren sowie ihre viel später nach Polen eingewanderten Glaubensbrüder indes nicht als Gegenpol zur "Muslimischen Liga", vor allem nicht, wenn es um den Bau der Moschee in Warschau geht. Der sei unbedingt notwendig, nicht zuletzt aus wirtschaftlichen Gründen, beteuert der Sekretär der zum "Muslimischen Religionsverband" gehörenden Warschauer Gemeinde Rashad Eltayeb:
"Warschau hat über eine Million Einwohner, und es ist die einzige Hauptstadt in Europa, in der es noch keine Moschee gibt. Ich weiß aus meinen Erfahrungen, dass Geschäftsleute, große Geschäftsleute, dorthin reisen, wo es Moscheen gibt. Das ist für sie eine heilige Sache. Wenn es hier keine Moschee gibt, dann reisen sie lieber nach Rom, Paris oder nach Großbritannien."