Und sie strahlen doch ...

Von Michael Engel |
Bei allen Vorteilen, die uns die elektronische Welt beschert, stand immer auch das Risiko zur Debatte. Doch einen wissenschaftlichen Beleg dafür, dass die elektromagnetischen Felder, die von Handys, Funkweckern oder Fön ausgehen, gibt es bislang nicht. Dennoch raten Experten zu Vorsicht im Umgang mit den bestimmten Elektrogeräten.
"Mozart 40" nennt Nokia die digitale Variante seiner Symphonie, eigens dafür gedacht, vermeintliche "Klassikliebhaber" auf einen Anruf unterwegs aufmerksam zu machen. Wolfgang Amadeus würde sich wohl im Grabe umdrehen.

Doch nicht nur der Klingeltöne wegen gehen Handys manchmal ganz schön auf die Nerven. Hinzu kommt die hoch frequente, elektromagnetische Strahlung, die von Geräten und Funkmasten ausgeht: 1,9 Gigahertz können ziemlich belastend sein.

"Also, seitdem die Antenne hier steht, kann ich ganz schlecht schlafen, ich leide also unter Schlafstörungen, ich schlafe schlecht ein oder schlafe überhaupt nicht durch. Ich habe vermehrt Kopfschmerzen, sehr starke Kopfschmerzen."

Ein Einzelfall? Unter Millionen von Mobilfunktelefonierern, die keinerlei Beschwerden äußern? Gewiss! Schon zehn Meter von einer Antennenanlage entfernt ist die Strahlenbelastung durch das Handy höher als durch die Basisstation. Denn ein Handy hält man direkt ans Ohr – ohne Abstand. Wissenschaftlich betrachtet ist überhaupt nicht klar, ob es tatsächlich Funkwellen sind, die strahlenempfindliche Menschen belasten, urteilt Strahlenmediziner Prof. Wolfram Knapp von der Medizinischen Hochschule Hannover.

"Natürlich spielt das Bewusstsein, dass man möglicherweise einem schädlichen Einfluss ausgesetzt ist, schon ganz objektiv eine Rolle. Dass dann Veränderungen auftreten, die man auch messen kann. Aber! Ob das primär eine psychisch induzierte Störung ist oder ob es tatsächlich einen physikalischen Zusammenhang gibt, das ist nicht ganz klar."

So konnten elektrosensible Menschen, die für einen Versuch in einem elektromagnetisch völlig abgeschirmten Raum saßen, nicht beurteilen, ob die elektromagnetischen Felder gerade ein- oder ausgeschaltet waren.
Aber vielleicht lösen Handy-Wellen - ohne dass wir es merken - organische Krankheiten aus. Gerade bei Hirn- und Halstumoren, also jene Bereiche, die beim Telefonieren besonders belastet sind, schauen die Mediziner genau hin. Ergebnis bisher: Keine erhöhten Krebszahlen bei Handynutzern. Vorsicht ist gleichwohl die Mutter der Porzellankiste, selbst wenn die Strahlungsintensität wie bei unseren Handys sehr gering ist.

"Also ich telefonieren erst mal im Auto, und zwar so, wie man telefonieren darf."

Sagt Prof. Peter Wiedemann vom Forschungszentrum Jülich. Der Wissenschaftler benutzt eine Freisprechanlage und zusätzlich eine Außenantenne. Damit bleiben die Funkwellen schon mal draußen.

"Das Zweite: Ich schau’ schon darauf, ob ich eine gute Empfangsbedingung habe und telefoniere eigentlich nicht unter schlechten, soweit ich das feststellen kann. Das sind die zwei Grundregeln, die ich befolge, und ich telefoniere auch nicht stundenlang, das wäre mir auch zu teuer."

Nach internationalen Richtlinien dürfen Handys den so genannten SAR-Wert von zwei Watt/kg Körpergewicht nicht überschreiten. Die meisten Handys allerdings liegen weit darunter – mit Werten zwischen 0,5 und 0,8.
Doch sind es nicht nur die Handys, von denen eine Gefahr für unsere Gesundheit ausgehen könnte. Auch die schnurlosen Telefone daheim, die mit dem DECT-Standard, senden elektromagnetische Felder aus. Dr. Peter Neitzke vom Ecolog-Institut mahnt: Abstand halten!

"Also die schnurlosen Telefone, die haben nur einen entscheidenden Nachteil, dass sie – auch die Basisstation – dass sie permanent Strahlung abgeben und nicht nur in dem Moment, wo man es benutzt. Da würde es sich empfehlen, diese DECT-Basisstation nicht gerade neben seinem Lieblingsplatz zu stellen, auch nicht da, wo sich überwiegend Kinder aufhalten, sondern schon dafür sorgen, dass man mindestens zwei Meter Abstand einhalten kann."

Sicherheitsempfehlungen gibt es nicht nur bei den mobilen Kommunikationsgeräten. Auch Magnetfelder, die von Haushaltsgeräten wie Haarfön, Elektrorasierer, Radiowecker oder Stromschienen für Halogenlampen ausgehen, sollten mit einer gehörigen Portion Respekt behandelt werden. Petra Kristand von der Verbraucherzentrale:

"Wir empfehlen ja nicht, dass sie jetzt alle Geräte rausschmeißen sollen, sondern wir sagen, es reicht oft zum Beispiel, einen Abstand zu halten von Geräten. Es reicht oft zum Beispiel, sie anders zu montieren, gerade bei Halogenanlagen, dass man hier eine andere Montage wählt, oder wie beim Mikrowellengerät, dass man hier eine ordentliche Wartung jedes Jahr durchführt, und dann haben Sie das Problem Elektrosmog einigermaßen im Griff."

Wem das alles nicht reicht, der kann sich immer noch auf eine einsame Insel fernab von unseren elektronischen Welten zurückziehen. Solche "Insellösungen" gibt es neuerdings auch für daheim: Häuser aus Lehm mit Gras auf dem Dach schirmen alles rigoros ab. Außerdem ist die Akustik in einem Lehmhaus fantastisch: Mozart klingt wunderbar! Aber bitte nicht vom Handy.