Ungarische Konditorei

Die Tortenqueen von Budapest

Teller mit Tortenstücken
Teller mit Tortenstücken - viel zu gewöhnlich für die Tortenqueen von Budapest © Imago / Westend61
Von Karla Engelhard |
Ihre Torten backt Rachel Raj auch in ungewöhnlichen Formen - als Handy oder Puppe. Denn sie sollen nicht nur lecker sein, sondern auch schön. In den Cafés der gelernten Modedesignerin in Budapest können sie bewundert werden.
In der kleinen Konditorei "Tortaszalon" in der Budapester Innenstadt ist alles süß:
Der Marzipangeruch in der Luft , die Ausstattung in Pastellfarben und Rachel Raj in ihrem taillebetonten Kleid:
"Alles begann in dieser Konditorei und mit Flodni. Flodni öffnete mir Türen, denn unser Flodni machte mich bekannt. Der Kuchen war so gut, dass ich eine eigene Kochschau im ungarischen Fernsehen bekam. Mich machte es glücklich, weil ich dadurch unsere jüdische Kultur zeigen konnte. Gut, vielleicht hat die Aufmerksamkeit für mich, auch damit zu tun, das mein Vater ein bekannter Rabbi war."
Und Rachel seine schöne, telegene Tochter, die Modedesign studiert hat und dann doch das Konditoreihandwerk der Mutter übernahm und das Familienrezept von Flodni - ein jüdischer Apfel-Mohn-Walnuss-Pflaumenmus-Schichtkuchen. Allein Flodni zu backen ist schon eine Kunst. Rachel kreiert darüber hinaus Torten - Kunstwerke mit Marzipanbildern. Einige davon sind im Museum für angewandte Kunst in Budapest zu bewundern. Einer ihrer Bewunderer der ersten Stunde ist ihr Mann Miklosch. Er lernte sie in der Konditorei kennen, in der Rachel mit ihrer Mutter Kuchen verkaufte.
"Er nannte mich das Mädchen, das nach Kuchen riecht."
Echtes Marzipan, leichte Cremes und keine Tierfette
Das Mädchen das nach Kuchen duftet und Miklosch haben mittlerweile zwei Söhne und drei Läden in Budapest. Miklosch ist für das Geschäft zuständig und Rachel für die Kunst. An der Wand der Konditorei hängt das Foto einer liegenden Frau aus Schokolade.
"Es ist eine Frau in Lebensgröße als Torte - einen Meter siebzig groß, liegend. Vier Leute mussten sie Tragen. Sie war eine Bestellung für ein Gala-Dinner in der Galerie der feinen Künste anlässlich einer Design-Ausstellung. Sie lag gleich am Eingang. Einige dachten es sei eine Mumie. Aber die Frau aus Schokokuchen und Marzipan mit Schokoladenglasur ist lecker und lässt sich schön essen. Sie liegt auch nicht schwer im Magen. Sie ist nicht nur Dekoration, sie ist ein Nahrungsmittel."
Echtes Marzipan, leichte Cremes und keine Tierfette - kurz: Koscher Style.
"Fett und Milch geht nicht zusammen deswegen - laktosefrei".
Rachel und Miklosch haben zwei Söhne, drei und fünf Jahre alt. Sie besuchen natürlich gern ihre Eltern im Geschäft:
"Sehr gefährlich. Meine Jungs lieben es und es ist schwer ihnen beizubringen, dass das ein Arbeitsplatz ist und kein Tortenselbstbedienungsparadies für sie. Torten machen viel Arbeit, wir zeigen es ihnen. Sie malen schon Torten und lernen dabei. Torten sind Arbeit vor dem Vergnügen..."
Rachel Raj versteht sich als Vermittlerin zwischen den Kulturen. Vor allem durch Flodni, das noch am meisten über den Ladentisch geht. Rachels Flodni trägt das Gütesiegel "Bester Flodni von Budapest". Das Rezept ist ein Familiengeheimnis, doch so viel verrät Rachel:
"Apfel-Wahlnuss-Mohn-Pflaumenmus, diese vier Dinge sind alle sehr reichhaltig - das kann zu viel sein, zu süß, zu heavy. Eine solche Menge guter Dinge kann einfach zu viel des Guten sein - wie eine jüdische Mutter, die ihren Kindern alles gibt".
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