Zukunft des Weltalls

Wie endet das Universum?

Der Pferdekopfnebel, 1375 Lichtjahre entfernt, wurde vom „Euclid“-Weltraumteleskop fotografiert. Die Mission könnte auch neue Erkenntnisse über das Ende des Universums liefern.
Der Pferdekopfnebel, 1375 Lichtjahre entfernt, wurde vom „Euclid“-Weltraumteleskop fotografiert. Die Euclid-Mission könnte in den kommenden Jahren auch neue Erkenntnisse über das Ende des Universums liefern. © IMAGO / Cover-Images / IMAGO
Alles hat ein Ende – auch das Weltall. Vom neuen Urknall über eisige Dunkelheit bis zur kosmischen Apokalypse: Welches Szenario ist am wahrscheinlichsten? Und warum spielt die Dunkle Energie dabei eine Schlüsselrolle? Ein Überblick.
Irgendwann wird auch der letzte Stern verglüht sein. Doch wie genau sieht das Ende des Universums aus? Drei mögliche Szenarien stehen in der Forschung derzeit im Fokus: Dass das Weltall in eisiger Dunkelheit erlischt, dass der Kosmos quasi zerrissen wird oder dass es einen neuen Urknall gibt.

Was verrät uns der Urknall über die Zukunft des Universums?

Noch vor gut 100 Jahren dachte man, das Universum sei ewig gleich und unveränderlich. Heute ist bekannt: Es dehnt sich aus. Doch um das Ende des Universums vorhersagen zu können, muss zunächst sein Ursprung klar sein: der Urknall – ein Zustand von extremer Hitze und Dichte, aus dem alles entstanden ist.
Wissenschaftler wie Volker Springel vom Max-Planck-Institut für Astrophysik nutzen Simulationen, um diese Frühzeit des Universums zu rekonstruieren. „Wir beginnen relativ kurz nach dem Urknall, so etwa vor 100 Millionen Jahren. Damals war das Universum ganz anders als heute“, sagt Springel.
Mithilfe der Simulationen wird ein sogenannter „digitaler Zwilling“ des Universums geschaffen, der zeigen soll, wie sich aus der anfänglichen Verteilung von Materie Galaxien, Sterne und andere Strukturen geformt haben. Die Kräfte, die beim Urknall entstanden – wie die Gravitation und die Dunkle Energie – bestimmen bis heute die Entwicklung des Universums.

Wieso hängt die Zukunft des Universums von der Dunklen Energie ab?

Vor allem die Dunkle Energie wird darüber entscheiden, wie das Universum endet. Sie ist letztlich der Schlüssel, um die Zukunft des Kosmos zu verstehen – eine mysteriöse Kraft, die die beschleunigte Expansion des Universums antreibt und dabei der Gravitation entgegenwirkt.
Obwohl Dunkle Energie gemeinsam mit der Dunklen Materie über 95 Prozent des Universums ausmachen, wissen wir so gut wie gar nichts über sie. Je nach Verhalten der Dunklen Energie ergeben sich dabei völlig unterschiedliche Szenarien für das Ende des Universums.

Welche drei möglichen Szenarien für das Ende des Universums gibt es?

Drei Szenarien zum Ende des Universums stehen derzeit im Mittelpunkt der wissenschaftlichen Diskussionen: der Big Freeze, der Big Rip und der Big Crunch:

1. Big Freeze – der Kältetod des Universums

Bleibt die Stärke der Dunklen Energie konstant, wie es das Standardmodell (Lambda-CDM-Modell) annimmt, führt dies vermutlich zum „Big Freeze“. Die Dunkle Energie beschleunige die Ausdehnung des Universums immer weiter, erklärt Sherry Suyu, Kosmologin am Max-Planck-Institut für Astrophysik. Die Galaxien entfernen sich voneinander. Der Astronom Günther Hasinger erklärt: „Dann würde das Universum sich in alle Ewigkeit exponentiell ausdehnen und immer dünner werden und immer kälter – also würde quasi den Kältetod sterben.“
Nach und nach erlöschen alle Sterne, weil der Vorrat an Wasserstoff – dem Treibstoff für die Sternentstehung – aufgebraucht ist. Das Universum wird zu einer finsteren, eiskalten Ansammlung von Sternleichen und Schwarzen Löchern. „Im Wesentlichen wird das Universum dunkel sein. Es wird durch diese dunklen Reste dominiert, die langsam auskühlen,“ sagt Hasinger.

2. Big Rip – das große Zerreißen

In diesem Szenario bleibt die Dunkle Energie nicht konstant, sondern wird immer stärker. Das würde dazu führen, dass sie die Gravitation überwindet und das Universum buchstäblich zerreißt. Wie die Astrophysikerin Victoria Grinberg erklärt, würden zunächst die Galaxien voneinander weggezogen, dann Sterne und Planeten aus ihren Systemen gerissen. Schließlich könnten sogar Atome und ihre Bestandteile zerrissen werden. Dieses Szenario wäre die ultimative kosmische Apokalypse – alles würde in seine kleinsten Bestandteile zerlegt. Einige Wissenschaftler vermuten, dass ein solches Ende des Universums in etwa 22 Milliarden Jahren eintreten könnte.

3. Big Crunch – ein neuer Urknall entsteht

Sollte die Dunkle Energie hingegen schwächer werden oder ihr Einfluss nachlassen, könnte die Gravitation die Oberhand gewinnen und das Universum dazu bringen, sich wieder zusammenzuziehen – ein Szenario, das „Big Crunch“ genannt wird. „Das Universum könnte komplett zusammenstürzen, umgekehrt zum Urknall, und dann vielleicht zyklisch neu entstehen,“ erklärt Volker Springel. Dieses Modell erinnert an die Idee eines ewigen Kreislaufs, bei dem das Universum aus einem Urknall entsteht, sich ausdehnt, wieder kollabiert und erneut „geboren“ wird.

Welches Szenario ist am wahrscheinlichsten?

Das derzeit nach Ansicht von Forschern wahrscheinlichste Szenario für das Ende des Universums ist der Big Freeze, also dass die dunkle Energie konstant bleibt und die Expansion des Universums weiterhin beschleunigen wird.
Für das zweite Szenario, den Big Rip, also dass die Dunkle Energie zunehmend stärker wird, gibt es bisher keine Beweise. Und beim Big Crunch, also einem Universum, das unter seiner eigenen Gravitation kollabiert und in einem neuen Urknall endet, müsste die Expansion irgendwann stoppen. Doch laut dem Astronomen Bruno Leibundgut von der Europäischen Südsternwarte (ESO) ist die Dunkle Energie dafür zu stark. Das kosmische Idyll vom pulsierenden All und sich ewig wiederholenden Urknall scheint also erst einmal vom Tisch.
Eine Illustration des Urknalls vor 13,8 Milliarden Jahren.
Wird es einen erneuten Urknall geben? Dieses Szenario gilt derzeit als das unwahrscheinlichste.© Getty Imag / Future Publishing / All About Space Magazine / Tobias Roetsch
Fest steht: Am Ende hängt alles von der Dunklen Energie ab. Volker Springel nennt sie daher auch ein „großes Rätsel der modernen Physik.“ Solange wir ihre Natur nicht besser verstehen, bleibt die Frage nach dem endgültigen Schicksal des Universums unbeantwortet.

Die Hubble-Spannung: Könnten neue Entdeckungen alles verändern?

Im Kern geht es bei der Hubble-Spannung um die sogenannte Hubble-Konstante – eine Zahl, die angibt, wie schnell sich das Universum ausdehnt. Allerdings gibt es derzeit unterschiedliche Werte, je nachdem, wie die Konstante berechnet wird: Messungen der kosmischen Hintergrundstrahlung ergeben andere Werte als Beobachtungen entfernter Galaxien. Dieser Widerspruch, bekannt als „Hubble-Spannung“, wirft die Frage auf, ob unser bisheriges Verständnis des Universums vollständig ist.
Die Hubble-Konstante beeinflusst auch unsere Berechnungen zum Alter, zur Größe und zur Zukunft des Universums. „Wenn dieser Widerspruch bestehen bleibt, dann bedeutet das, dass wir etwas Neues jenseits unseres Standardmodells der Kosmologie brauchen“, erklärt Sherry Suyu vom Max-Planck-Institut für Astrophysik.
Antworten liefert möglicherweise die Euclid-Mission, ein neues Weltraumteleskop der Europäischen Weltraumorganisation (ESA). Die Mission soll das Universum neu vermessen, herausfinden, wie Dunkle Materie die Galaxien beeinflusst und wie Dunkle Energie die Expansion des Universums beschleunigt. Außerdem könnte sie helfen, die Hubble-Konstante genauer zu bestimmen und klären, ob der Widerspruch in den Messungen ein Fehler ist oder eine neue Physik erfordert. „Die Euclid-Mission hat gerade die Beobachtungen begonnen – und die Bilder sind spektakulär“, so Suyu.
Die Mission könnte nicht nur neue Erkenntnisse über Dunkle Energie, Dunkle Materie und die grundlegenden Naturgesetze liefern, sondern auch entscheidende Antworten auf die Frage nach der Zukunft des Universums geben.

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