Unter Beobachtung
In seinem Film führt Regisseur Christian Petzold ins Jahr 1980 zurück: Eine junge Ärztin stellt einen Ausreiseantrag aus der DDR - und wird daraufhin in die Provinz strafversetzt. Auf der diesjährigen Berlinale hat Petzold mit "Barbara" den Silbernen Bären für die beste Regie erhalten.
Im Radio dreht sich alles um olympischen Sommerspiele1980 in Moskau. Doch Barbara, die titelgebende Heldin von Christian Petzolds neuem Film, ist mit ihrem Kopf ganz woanders. Weil die Ärztin einen Ausreiseantrag gestellt hat, wurde sie von Berlin in die Provinz versetzt. Dort observiert sie die Staatssicherheit.
"Ist sie das?"
"Ja, sie wird nicht eine Sekunde zu früh kommen, die ist eben so."
"Wie ist sie?"
"Wenn sie sechs Jahre alt wäre, würde man das schmollen nennen."
Längst ist Barbara innerlich abwesend in diesem Land, durch das sie wie ein Phantom geistert. Ihr Freund im Westen bereitet die Flucht über die Ostsee vor, sie selbst wandelt mit hochgezogenen Schultern durch ihre letzten Krankenhausdienste im Arbeiter- und Bauernstaat. Ronald Zehrfeld spielt den Chefarzt des Krankenhauses, den Barbara zugleich misstrauisch und neugierig beäugt. Ist er wirklich der leidenschaftliche Mediziner, der er zu sein scheint? Oder ein Spitzel? Oder beides? Schon die erste Autofahrt wird zum Testfeld:
"Sie sollten sich nicht so separieren, die Leute sind sehr empfindlich hier. Berlin, Charité, Hauptstadt. Da fühlen die sich schnell wie zweite Klasse."
"Haben Sie deshalb separieren gesagt, weil sie nicht wie zweite Klasse klingen wollen? (Kurze Pause) An der Kreuzung hätten sie mich fragen müssen."
"Aber wir sind doch richtig. Also, was hätte ich sie fragen müssen?"
"Sie hätten mich fragen müssen, wo ich wohne, aber das wissen sie ja bereits."
In Christian Petzolds Film meint man, das Putzmittel im Hospital riechen zu können, glaubt man, die Badezimmerarmaturen in Barbara zugeteilter Wohnung tropfen zu hören, erlebt man in nüchternen Szenen die Bespitzelung, die Schikane durch die Stasi.
Petzold gelingt ein schwieriger Balanceakt: Das totalitäre Wesen der DDR zu erfassen, das Land aber trotzdem nicht an seiner Tristesse ersticken zu lassen. Und das, was sich zwischen Barbara und dem Arzt André abspielt, wirkt nicht nur auf Petzolds Heldin verunsichernd. Man erlebt Dialoge zwischen Kampf und Flirt:
"Gute Arbeit!"
"Sie können das Labor jederzeit benutzen, wenn sie wollen."
"Was machen Sie hier eigentlich in der Provinz? Aufpassen, dass sich niemand separiert? Mich überzeugen?"
"Wovon?"
"Den Ausreiseantrag zurückzuziehen. Die Arbeiter und Bauern haben für ihr Studium gesorgt, jetzt haben Sie die Verpflichtung, davon etwas zurückzugeben."
"Eigentlich nicht falsch."
"Barbara" zeigt, wie die Überwachung alle Beziehungen, auch die eines Menschen zu sich selbst, durchdringt. Und wie daraus trotzdem großes Kino, ein Melodram mit einer Liebesgeschichte entstehen kann.
"Ist sie das?"
"Ja, sie wird nicht eine Sekunde zu früh kommen, die ist eben so."
"Wie ist sie?"
"Wenn sie sechs Jahre alt wäre, würde man das schmollen nennen."
Längst ist Barbara innerlich abwesend in diesem Land, durch das sie wie ein Phantom geistert. Ihr Freund im Westen bereitet die Flucht über die Ostsee vor, sie selbst wandelt mit hochgezogenen Schultern durch ihre letzten Krankenhausdienste im Arbeiter- und Bauernstaat. Ronald Zehrfeld spielt den Chefarzt des Krankenhauses, den Barbara zugleich misstrauisch und neugierig beäugt. Ist er wirklich der leidenschaftliche Mediziner, der er zu sein scheint? Oder ein Spitzel? Oder beides? Schon die erste Autofahrt wird zum Testfeld:
"Sie sollten sich nicht so separieren, die Leute sind sehr empfindlich hier. Berlin, Charité, Hauptstadt. Da fühlen die sich schnell wie zweite Klasse."
"Haben Sie deshalb separieren gesagt, weil sie nicht wie zweite Klasse klingen wollen? (Kurze Pause) An der Kreuzung hätten sie mich fragen müssen."
"Aber wir sind doch richtig. Also, was hätte ich sie fragen müssen?"
"Sie hätten mich fragen müssen, wo ich wohne, aber das wissen sie ja bereits."
In Christian Petzolds Film meint man, das Putzmittel im Hospital riechen zu können, glaubt man, die Badezimmerarmaturen in Barbara zugeteilter Wohnung tropfen zu hören, erlebt man in nüchternen Szenen die Bespitzelung, die Schikane durch die Stasi.
Petzold gelingt ein schwieriger Balanceakt: Das totalitäre Wesen der DDR zu erfassen, das Land aber trotzdem nicht an seiner Tristesse ersticken zu lassen. Und das, was sich zwischen Barbara und dem Arzt André abspielt, wirkt nicht nur auf Petzolds Heldin verunsichernd. Man erlebt Dialoge zwischen Kampf und Flirt:
"Gute Arbeit!"
"Sie können das Labor jederzeit benutzen, wenn sie wollen."
"Was machen Sie hier eigentlich in der Provinz? Aufpassen, dass sich niemand separiert? Mich überzeugen?"
"Wovon?"
"Den Ausreiseantrag zurückzuziehen. Die Arbeiter und Bauern haben für ihr Studium gesorgt, jetzt haben Sie die Verpflichtung, davon etwas zurückzugeben."
"Eigentlich nicht falsch."
"Barbara" zeigt, wie die Überwachung alle Beziehungen, auch die eines Menschen zu sich selbst, durchdringt. Und wie daraus trotzdem großes Kino, ein Melodram mit einer Liebesgeschichte entstehen kann.