Unterdrückung, Terror, Krieg

Düster und hoffnungslos beschreibt der Exil-Somalier Nuruddin Farah das Leben in Mogadischu. In seinem Roman "Gekapert" will der Schriftsteller unbequeme Wahrheiten über seine Heimat öffentlich machen. Dieses Anliegen hat er etwas zu belehrend umgesetzt.
Nuruddin Farah hat es sich zu seiner Lebensaufgabe gemacht, über Somalia zu schreiben, damit sein Heimatland nicht in Vergessenheit gerät. Dabei lebt er seit fast 40 Jahren im Exil. Wer sich mit ihm auf diese Reise begeben will, sollte einen Atlas zurate ziehen, denn das Wissen über die Region ist nach wie vor gering. Wenn selbst bei einer Lesung vonseiten des Verlages Südafrika , der Wohnort des Autors, Somalia seine Heimat und Afrika , der Kontinent, in einen Topf geworfen werden, zeigt sich deutlich, wie wenig wir von diesem Kontinent und seinen einzelnen Ländern wissen.

Nuruddin Farah will den Leser aufmerksam machen, ihm unbequeme Wahrheiten nahe bringen. Dazu schreibt er sehr direkt, immer kurz an der aktuellen Zeitlinie entlang. In seinem Buch "Gekapert" ist ein wesentliches Thema die Frage der Piraterie, die von Somalia ausgehen soll. Die Botschaft des Autors lautet: Die Somalier sind keine Piraten im landläufigen Sinne, weil sie sich gut um die entführten Seeleute kümmern, nur mithilfe von außen überhaupt diese Entführungen stattfinden können und schließlich das meiste Geld nie in die Hände der Somalier gelangt.

Konturlose Figuren, platte Dialoge
Der Roman setzt im Dezember 2006 ein, sechs Tage vor dem Einmarsch Äthiopiens in Somalia. Die ehemals herrschenden Warlords sind von der islamischen Union und der extremen islamischen Gruppierung Al Shabaad abgelöst worden. Drei Männer aus den USA haben sich auf den Weg nach Mogadishu gemacht, um sich mit ihrer eignen Geschichte auseinanderzusetzen. Und um Ahls Stiefsohn, der sich wahrscheinlich von einem islamistischen Himmelfahrtskommando hat anwerben lassen, zu suchen. Sie treffen Freunde, werden von diesen geschützt, aber auch viele zwielichtige Gestalten. Besonders der Journalist Malik geht viele Kontakte ein, die nicht ungefährlich sind, und wird schließlich Opfer eines Attentats.

Die Situation der von Unterdrückung, Terror und Krieg bedrohten Menschen in Mogadischu ist kaum zu auszuhalten. Düster und hoffnungslos beschreibt Nuruddin Farah das Leben dort - ein Stoff, der nur schwer zu ertragen ist. Sein Anliegen, dem Leser die Situation zu erklären und die politischen Hintergründe aufzuzeigen, ist deutlich zu spüren. Drei Seiten sind die Verweise auf Zeitungsartikel und Bücher lang, die als Grundlage des Romans in der Danksagung erwähnt werden. Leider kommt das Bemühen überdeutlich zum Ausdruck. Die Figuren bleiben konturlos und oberflächlich gezeichnet. Besonders die Dialoge wirken teilweise platt und belehrend. Vermutlich tut eine wenig gelungene Übersetzung ein Übriges. So bleibt der Leser nicht nur wegen des Inhalts verstört zurück.

Besprochen von Birgit Koß

Nuruddin Farah: Gekapert
Roman, aus dem Englischen von Susann Urban
Suhrkamp Verlag, Berlin 2013
464 Seiten, 26,95 Euro
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