Ein Job für brenzlige Momente
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Wenn im Wald ein Feuer entsteht, kommt es auf Minuten an. In der Haard, der grünen Lunge des Reviers, halten Brandwächter auf hohen Türmen Ausschau nach Rauchentwicklungen. Die Waldbrandgefahr ist seit dem heißen Sommer letztes Jahr besonders hoch.
"Wir befinden uns hier in der Haard, das ist ein 55 Quadratkilometer großes Waldgebiet."
Kersten Blaschczok steht an einer Lichtung vor einem großen Metallturm, einem Feuerwachturm. Die warme Sonne scheint durch die Baumwipfel, vereinzelt kommen Spaziergänger vorbei.
"Die Haard ist die grüne Lunge des Reviers. Wir haben hier so um die 155 ausgewiesene Reitwege und Wanderwege in einer Länge von 95 Kilometern. Es ist also ein Eldorado für die Freizeitnutzung."
Blaschczok ist Forstdirektor beim Unternehmen Ruhr Grün des Regionalverbandes Ruhr, zuständig für die Haard – quasi der Chef des Waldes. Er kümmert sich um die Gesundheit dieses Fleckchens Natur – und um die Gefahren, die dem Forst drohen. Zurzeit ist das vor allem die Waldbrandgefahr.
Zwei Feuerwachtürme, rund 36 Meter hoch
"Je früher ein Waldbrand entdeckt werden kann, umso geringer sind die Schäden. Und da kommt es auf Minuten an. Insbesondere, wenn es dann noch windig ist."
Deshalb stehen in der Haard zwei Feuerwachtürme, im angrenzenden Waldgebiet Hohe Mark ein weiterer. Wenn es lange warm und trocken ist, sind sie mit sogenannten Brandwächtern besetzt.
"Die Wachtürme sind alle so zwischen 35 und 37 Meter hoch, hier bei diesem Feuerturm Rennberg müssen wir jetzt so 174 Stufen hoch steigen."
Ganz oben auf dem Feuerwachturm, auf einer etwa fünfmal fünf Meter großen Plattform, steht Heinrich Bolle. Seit März ist er Rentner und jetzt aushilfsweise Brandwächter.
"Ich bin seit elf Uhr im Dienst. Ich muss erstmals sehen, dass ich alles einrichte, ja, und dann gucken wir immer rund, dass auch nichts brennt."
Fahrlässigkeit des Menschen häufigste Waldbrandursache
In der Mitte der metallenen Plattform thront eine etwas erhöhte Kabine, rundumverglast – das Büro und der Ausguck des Brandwächters. Häufig ist es dort aber zu warm und stickig. Heinrich Bolle steht deshalb lieber im leichten Wind vor der Kabine und hält von dort Ausschau nach ersten Anzeichen für ein Feuer.
"Wenn es brennt, müssen wir das schnell melden, das ist ganz wichtig."
Neben der Feuerwehr wird immer auch der Förster informiert, häufig sogar zuerst. Dann kann er schon losfahren und nach der exakten Stelle des Feuers suchen.
"Wenn es irgendwo raucht, das sehen Sie mit Sicherheit, da können Sie von ausgehen."
Heute ist alles ruhig. Bis auf ein paar Spaziergänger, die nach oben kamen, um den Ausblick zu genießen, ist nichts passiert. Manchmal gibt Bolle den Waldbesuchern noch ein paar Tipps mit auf den Weg.
"Nicht rauchen im Wald, kein Glas wegwerfen, keine Flaschen, das ist schon wichtig."
"Die Fahrlässigkeit des Menschen, das ist auf alle Fälle die häufigste Waldbrandursache", sagt Förster Kersten Blaschczok.
"So etwas wie letztes Jahr hatte ich noch nicht erlebt"
Die derzeitige Trockenheit, vor allem aber der extrem trockene vergangene Sommer, machen dem Waldexperten Sorgen. Seit mehr als 25 Jahren ist er schon in diesem Job, aber: "So etwas wie letztes Jahr hatte ich noch nicht in dieser Massivität erlebt."
Wochenlang kein Regen, dazu heiße Temperaturen – eine Tortur für den Wald. Die Auswirkungen erkennt der Förster bis heute.
"Gerade die tieferen Bodenschichten, die sind noch sehr trocken."
Das sorgt nicht nur dafür, dass schon ein kleiner Funke einen großen Waldbrand auslösen kann. Die Trockenheit belastet auch die Bäume und macht sie anfällig, zum Beispiel für den Borkenkäfer.
"Der Borkenkäfer ist ein Sekundärschädling in aller Regel, der an kränkelnde Fichten geht und nicht unbedingt an gesunde. Und aufgrund dieser knappen Wasserversorgung geht es natürlich den Fichten nicht besonders gut."
Hat der Borkenkäfer die Fichte erst einmal befallen, ist sie meist nicht mehr zu retten, erklärt Förster Blaschczok.
"Da vorne haben wir dann auch einen Braunbestand. Das waren mal Fichten, die jetzt aufgrund der Borkenkäfer-Kalamität abgestorben sind."
Vertrocknete Fichten erhöhen die Waldbrandgefahr
Dieses tote Gehölz erhöht die Waldbrandgefahr zusätzlich, deshalb versuchen Blaschczok und sein Team, das Holz schnell abzutransportieren.
"Dennoch, sie sehen es hier vom Feuerwachturm sehr schön, gibt es immer noch vertrocknete Fichten, die herumstehen, und wenn es da brennt, kann sich natürlich ein Feuer viel schneller ausbreiten."
Wie schnell sich so ein Feuer ausbreiten kann, zeigt sich in einem anderen Teil des Waldes, ein paar Autominuten entfernt.
"Das ist hier ein Streifen von 30 Meter und in der Länge 70 Meter, wo es gebrannt hat und wo wir in dem unteren Stammfußbereich die verkohlte Rinde der Bäume sehen."
Der Förster zeigt auf ein Dutzend Baumstämme, die bis in etwa ein Meter Höhe auf einer Seite schwarz verkohlt sind. Die Krone darüber sieht noch gesund aus.
"Dem Baum hilft hier sicher die dicke Rinde und Borke, dass dadurch die Wachstumsschicht nicht geschädigt wurde und der Baum weiter wachsen kann und nicht abgestorben ist."
Letztes Jahr kam es zu diesem Feuer, das durch einen Spaziergänger entdeckt worden war. Lange habe es nicht gebrannt, sagt Blaschczok.
"Ich gehe mal davon aus, vielleicht eine Stunde."
Mehr als zweihundert Quadratmeter Brandfläche, Flammen bis zu einem Meter hoch – kaum vorstellbar, wie das Gebiet hier ausgesehen hätte, wäre der Brand später entdeckt worden.
Kersten Blaschczok ist froh, dass sein Waldgebiet in den letzten Jahren von wirklich großen Waldbränden verschont blieb, auch dank seiner Brandwächter.