"Lügenpresse" - ein gefährlicher Kampfbegriff
Kampfbegriffe wie "Lügenpresse" beziehen einmal scharf Position und verdecken zugleich, sagt der Literaturredakteur Kolja Mensing. Er begrüßt deshalb die Entscheidung für das neue Unwort des Jahres.
"Wenn ich also von Lügenpresse spreche, dann klingt das im ersten Moment so ganz harmlos", sagte Kolja Mensing im Deutschlandradio Kultur zur Wahl des Unwort des Jahres. Schließlich wisse ja jeder, dass nicht alles stimme, was in der Zeitung stehe. "Auf den zweiten Blick allerdings ist dieser Begriff 'Lügenpresse', den die Pegida-Bewegung leider zu einem sehr werbewirksamen Slogan gemacht hat, auf den zweiten Blick stellt er tatsächlich den Minimalkonsens unserer Gesellschaft in Frage." Die öffentliche Meinungsbildung sei schließlich der Kern der Demokratie. Der Begriff werde von Menschen benutzt, die an die Kraft der Rede schon nicht mehr glaubten.
Von zwei Seiten unter Beschuss
Nach dem Anschlag in Paris sei eine "irre Allianz" entstanden, bei der die Presse von zwei Seiten unter Beschuss gerate. "Einmal durch Wörter und einmal ganz wörtlich durch Maschinenpistolen", so unser Literaturredakteur. Interessanterweise habe dieser Widerspruch zum Geschichtsbegriff der "Lügenpresse" immer schon dazu gehört. Er sei immer wieder von allen Seiten instrumentalisiert worden und gerade dies mache ihn so gefährlich.