Uri Avnery: In den Feldern der Philister
Uri Avnery ist als ein streitbarer Publizist und Politiker weit über Israel hinaus bekannt. Im israelischen Parlament, der Knesset, war er insgesamt zehn Jahre lang Abgeordneter, blieb im eigenen Land aber ein politischer Außenseiter. Er tritt engagiert für die Verständigung zwischen Israel und den Palästinensern ein, und dafür wurde er vielfach mit Friedens- und Menschenrechtspreisen geehrt.
Im westfälischen Beckum geboren, in Hannover zur Schule gegangen, als zehnjähriger Junge Ende 1933 mit seinen Eltern aus dem nationalsozialistischen Deutschland nach Palästina emigriert, wurde Avnery als knapp 15-jähriger Mitglied einer militärischen Untergrundorganisation, die gegen die britische Mandatsmacht kämpfte. Er war dann Soldat im israelischen Unabhängigkeitskrieg von 1948 gegen die Armeen der arabischen Nachbarn.
Im Abstand von 50 Jahren begründete Avnery in einem Interview, warum er sich freiwillig als Soldat meldete:
"Ich habe den Krieg mitgemacht, um das Unsrige zu verteidigen."
Ende November 1947 hatten die Vereinten Nationen beschlossen, Palästina in einen jüdischen und in einen arabischen Staat aufzuteilen:
"Als ich am 30. November las, dass der erste israelische Bus von arabischen Kämpfern angegriffen worden war, wusste ich, dass ich nur noch die eine Pflicht hatte: mich zu melden."
"Ich war für einen Bund unserer nationalen Bewegung mit der arabischen nationalen Bewegung und besonders mit der palästinensischen nationalen Bewegung schon vor dem Krieg. Aber als der Krieg ausbrach, glaubte ich, dass dieser Krieg unabwendbar ist, geworden war, dass dieser Krieg gar keine Entscheidung zulässt. Die Parole dieses Krieges war bei uns: es gibt keine Alternative und das hat gestimmt."
Über die Einsätze und Kämpfe seiner Einheit schrieb Avnery für die Abendausgabe der Zeitung "Ha’aretz" Reportagen, die später unter dem Titel "In den Feldern der Philister" als Buch erschienen. Anschaulich und eindringlich, manchmal etwas drastisch im Soldatenjargon, schildert er die Situation, porträtiert einfühlsam Kameraden. Die Härten und Grausamkeiten, die schweren Verluste unter den Soldaten, Sorgen und Hoffnungen werden in knappen Skizzen erfasst:
"Es war ein Krieg zwischen zwei Völkern, die dasselbe Land für sich beanspruchten, das ganze Land, dass jedes der beiden Völker die Existenz und die Rechte des anderen bestritten."
Im Mai 1948, einen Tag nach der Proklamation des Staates Israel, marschierten reguläre Truppen der arabischen Nachbarn ein. Israel sah sich mit einem übermächtigen Gegner konfrontiert. Die israelische Bevölkerung, schreibt Avnery, "befand sich im Krieg mit dem ganzen Nahen Osten".
Die Schilderung vieler Einzelheiten aus den Kämpfen, die Fülle von Ortsnamen ist für Leser, die mit dem Land nicht vertraut sind, etwas ermüdend. Doch die Dramatik der Ereignisse erschließt sich durchaus. Und Avnery bezeugt Mitgefühl auch mit den gefallenen arabischen Soldaten, grübelt, unter welchen Umständen sie in den Krieg zogen, ob sie Frau und Kinder zurückließen.
Seine Berichte aus dem Krieg seien in Israel ein großer Erfolg gewesen, schreibt Avnery in der Einleitung zur deutschen Ausgabe. Doch sein zweites Buch "Die Kehrseite der Medaille" zu den "dunklen Seiten des Krieges" habe einen Skandal ausgelöst, über Nacht sei er damit vom Helden des Tages zum Volksfeind Nummer eins geworden. Avnery, der kurz vor Kriegsende schwer verwundet wurde, reflektiert seine Erlebnisse, spricht von einem "idiotischen Bruderkrieg", einige derbe Soldaten-Dialoge mit herablassenden Äußerungen über Araber sind eingestreut, er erwähnt Flucht, Vertreibung und Tötung arabischer Dorfbewohner.
Den entscheidenden Unterschied zwischen den Gegnern in diesem Krieg sieht Avnery in der Motivation der Soldaten:
"Ich versuche, in meinem Herzen die Ägypter zu verfluchen. Aber in meiner Fantasie taucht eine ägyptische Kompanie auf. Sie ist armselig, geschrumpft und ihre letzten Soldaten liegen am Boden wie wir hier. Sie verfluchen den Krieg mit den gleichen Worten. Sie haben es sogar schwerer. Denn ihnen fehlt das Gefühl, dass sie in den Krieg gezogen sind, um sich selbst zu verteidigen. Ohne dieses Gefühl wären wir längst alle desertiert."
In seinen jetzt erneut vorgelegten Texten sind immer wieder Sätze eingestreut, in denen Avnery seine Hoffnung auf Versöhnung zwischen Israelis und Arabern umschreibt. Dieses Buch, einprägsam geschrieben, ist keine leichte Lektüre. Es vermittelt einen Eindruck von Verbitterung, Misstrauen, Angst und Hass - von der schweren historischen Last auf beiden Seiten.
Uri Avnery: In den Feldern der Philister - Meine Erinnerungen aus dem israelischen Unabhängigkeitskrieg
Aus dem Hebräischen von Michael K. Nathan
Verlag Diederichs im Heinrich Hugendubel Verlag, Kreuzlingen 2005
Im Abstand von 50 Jahren begründete Avnery in einem Interview, warum er sich freiwillig als Soldat meldete:
"Ich habe den Krieg mitgemacht, um das Unsrige zu verteidigen."
Ende November 1947 hatten die Vereinten Nationen beschlossen, Palästina in einen jüdischen und in einen arabischen Staat aufzuteilen:
"Als ich am 30. November las, dass der erste israelische Bus von arabischen Kämpfern angegriffen worden war, wusste ich, dass ich nur noch die eine Pflicht hatte: mich zu melden."
"Ich war für einen Bund unserer nationalen Bewegung mit der arabischen nationalen Bewegung und besonders mit der palästinensischen nationalen Bewegung schon vor dem Krieg. Aber als der Krieg ausbrach, glaubte ich, dass dieser Krieg unabwendbar ist, geworden war, dass dieser Krieg gar keine Entscheidung zulässt. Die Parole dieses Krieges war bei uns: es gibt keine Alternative und das hat gestimmt."
Über die Einsätze und Kämpfe seiner Einheit schrieb Avnery für die Abendausgabe der Zeitung "Ha’aretz" Reportagen, die später unter dem Titel "In den Feldern der Philister" als Buch erschienen. Anschaulich und eindringlich, manchmal etwas drastisch im Soldatenjargon, schildert er die Situation, porträtiert einfühlsam Kameraden. Die Härten und Grausamkeiten, die schweren Verluste unter den Soldaten, Sorgen und Hoffnungen werden in knappen Skizzen erfasst:
"Es war ein Krieg zwischen zwei Völkern, die dasselbe Land für sich beanspruchten, das ganze Land, dass jedes der beiden Völker die Existenz und die Rechte des anderen bestritten."
Im Mai 1948, einen Tag nach der Proklamation des Staates Israel, marschierten reguläre Truppen der arabischen Nachbarn ein. Israel sah sich mit einem übermächtigen Gegner konfrontiert. Die israelische Bevölkerung, schreibt Avnery, "befand sich im Krieg mit dem ganzen Nahen Osten".
Die Schilderung vieler Einzelheiten aus den Kämpfen, die Fülle von Ortsnamen ist für Leser, die mit dem Land nicht vertraut sind, etwas ermüdend. Doch die Dramatik der Ereignisse erschließt sich durchaus. Und Avnery bezeugt Mitgefühl auch mit den gefallenen arabischen Soldaten, grübelt, unter welchen Umständen sie in den Krieg zogen, ob sie Frau und Kinder zurückließen.
Seine Berichte aus dem Krieg seien in Israel ein großer Erfolg gewesen, schreibt Avnery in der Einleitung zur deutschen Ausgabe. Doch sein zweites Buch "Die Kehrseite der Medaille" zu den "dunklen Seiten des Krieges" habe einen Skandal ausgelöst, über Nacht sei er damit vom Helden des Tages zum Volksfeind Nummer eins geworden. Avnery, der kurz vor Kriegsende schwer verwundet wurde, reflektiert seine Erlebnisse, spricht von einem "idiotischen Bruderkrieg", einige derbe Soldaten-Dialoge mit herablassenden Äußerungen über Araber sind eingestreut, er erwähnt Flucht, Vertreibung und Tötung arabischer Dorfbewohner.
Den entscheidenden Unterschied zwischen den Gegnern in diesem Krieg sieht Avnery in der Motivation der Soldaten:
"Ich versuche, in meinem Herzen die Ägypter zu verfluchen. Aber in meiner Fantasie taucht eine ägyptische Kompanie auf. Sie ist armselig, geschrumpft und ihre letzten Soldaten liegen am Boden wie wir hier. Sie verfluchen den Krieg mit den gleichen Worten. Sie haben es sogar schwerer. Denn ihnen fehlt das Gefühl, dass sie in den Krieg gezogen sind, um sich selbst zu verteidigen. Ohne dieses Gefühl wären wir längst alle desertiert."
In seinen jetzt erneut vorgelegten Texten sind immer wieder Sätze eingestreut, in denen Avnery seine Hoffnung auf Versöhnung zwischen Israelis und Arabern umschreibt. Dieses Buch, einprägsam geschrieben, ist keine leichte Lektüre. Es vermittelt einen Eindruck von Verbitterung, Misstrauen, Angst und Hass - von der schweren historischen Last auf beiden Seiten.
Uri Avnery: In den Feldern der Philister - Meine Erinnerungen aus dem israelischen Unabhängigkeitskrieg
Aus dem Hebräischen von Michael K. Nathan
Verlag Diederichs im Heinrich Hugendubel Verlag, Kreuzlingen 2005