Ursachen der Polizeigewalt in den USA

Rassismus, Angst und schlechte Ausbildung

08:20 Minuten
Eine Kirche in Florida demonstriert auf ihrer Ankündigungstafel gegen Polizeigewalt. Der Text lautet: "George Floyd wurde heute von der Polizei ermordet. Wir können nicht atmen!"
Eine Kirche in Florida demonstriert auf ihrer Ankündigungstafel gegen Polizeigewalt. © picture alliance/ZUMA Press/ Tampa Bay Times
Michael Hochgeschwender im Gespräch mit Sigrid Brinkmann |
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Der Fall des Afroamerikaners George Floyd sorgt für Empörung und Entsetzen. Er starb durch massive Polizeigewalt. Die Ursprünge dieser Gewalt liegen in der Sklaverei und der sozialen Realität in den USA, sagt der Anthropologe Michael Hochgeschwender.
Der Fall des Afroamerikaners George Floyd, der durch massive Polizeigewalt starb, reiht sich ein in eine lange Kette von Gewalttaten seitens der Polizei gegen Schwarze.
Dass Afroamerikaner schnell verdächtigt und bei Kontrollen und Festnahmen übermäßig brutal behandelt werden, habe zwei Ursachen, erklärt der Kulturanthropologe Michael Hochgeschwender.
Noch aus der Sklavenzeit stamme die Vorstellung "des schwarzen Gewalttäters, des Wilden, der unter der Maske des servilen Sklaven lauert. Mit der Freilassung der Sklaven wuchs die Angst in den USA, dass diese schwarzen Gewaltverbrecher dann jetzt letztlich zum Ziel kommen würden."

Alltägliche Gewalterfahrung

Der andere wichtige Aspekt sei die "soziale Realität" in den USA. Diese liege begründet in der Armut der schwarzen, aber auch der hispanischen und anderer Minderheiten und führe zu organisierter Kriminalität und Gewalt, vor allen Dingen von Jugendgangs.
Die Polizei sehe sich mit dieser ganz realen Gewaltstruktur konfrontiert und sei zu schlecht ausgebildet, um richtig zu reagieren, meint Hochgeschwender.

"Mangelnde Professionalität"

Diese "mangelnde Professionalität" unter den Polizisten zeige sich auch im aktuellen Fall, wo ein unbewaffneter Verdächtiger mit solch heftiger Gewalt in Schach gehalten werde.
"Nun haben wir es in diesem Fall ja mit jemandem zu tun, der eines gewaltlosen Deliktes, nämlich der Geldfälschung verdächtig war. Da war von vornherein eigentlich nicht zu erwarten, dass es zu einem großen Schusswechsel kommen würde. Man hatte die Situation ja eigentlich unter Kontrolle. Und das ist der Moment, wo mangelnde Professionalität durchschlägt."
Dazu käme noch eine "Form von Machismo": "Da scheint jemand es offensichtlich zu genießen, was er da tut." Es kämen also verschiedene Aspekte zusammen, die mit Rassismus nur bedingt etwas zu tun hätten.
Trumps polarisierende Politik spiele dabei eher eine kleinere Rolle, so Hochgeschwender. "Trump schürt Rassenhass gar nicht so sehr gegen Schwarze, sondern bevorzugt gegen Latinos." Das habe durchaus einen Effekt in der Black Community.
"Nicht umsonst zeigt Biden eine gewisse Angst, dass Schwarze Trump wählen könnten. Seine jüngste, sehr unglückliche Äußerung, dass ein Schwarzer, der Trump will, kein richtiger Schwarzer wäre, zielt ja genau in diese Richtung."

Besserer Kontakt durch Fußstreife

Die Entwicklung verschlimmert habe auch der "Rückzug in die Autos" seitens der Polizei. Denn dadurch sei der Kontakt verloren gegangen. Es gebe auch kaum noch Fußstreifen.
Glücklicherweise gebe es in manchen Städten Initiativen, bei denen Polizisten versuchen, durch Sportangebote wie gemeinsames Basketballspielen wieder mit den Jugendlichen aus den Minderheiten in Kontakt zu kommen.
Außerdem ginge die Polizei wieder vermehrt auf Fußstreife. Dies seien gute Ansätze: "Wir haben wieder den Cop vor Ort, der seine Leute kennt und die ihn kennen, und das hat sich eigentlich in vielen amerikanischen Städten bewährt."
(kpa)
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