Die Botschafterin regionaler Lebensmittel
"Essen ist ein politischer Akt", sagt die Kulturwissenschaftlerin Ursula Hudson. Sie ist seit 2012 die Vorsitzende von Slow Food Deutschland. Seitdem verbringt sie sehr viel Zeit damit, Menschen von den Vorteilen regionalen Essens und Einkaufens zu überzeugen.
Maximale Produktivität, Monokulturen und von der Nahrungsmittelindustrie konfektionierte Lebensmittel sind ein Gräuel für Ursula Hudson. Der Grund "Essen und Umweltschutz hängen unmittelbar zusammen", sagt sie, und sie liebt das Kochen, Gärtnern und Essen. Sie appelliert an die Verantwortung des Verbrauchers beim Einkaufen, bezeichnet ihn sogar als "Co-Produzenten", denn er entscheide mit, ob unsere Landschaft aus Monokulturen besteht oder aus bäuerlichen Kleinbetrieben:
"Wir denken Essen in der Regel als etwas ganz privates, also ich suche mir was für mich selber aus, was mir gesundheitlich gut tut oder was mir schmeckt, oder was ich mir gerade leisten will. Dem ist nicht so, denn Essen vernetzt uns mit unserer Umgebung wie kaum etwas anderes, also vor allem in der ökologischen Umgebung, also der Umwelt und den Menschen (…). Und damit ist jede Essensentscheidung eine Entscheidung darüber, wie unsere Umwelt behandelt wird und wie der Planet Erde in der Zukunft aussieht."
"Wir nehmen den Geschmack von Milch kaum noch wahr"
Den Einwand, nicht jeder könne sich teure Biolebensmittel leisten, kontert sie mit dem Hinweis, bei Billiglebensmitteln müssten auch die Folgekosten beispielsweise von Monokulturen und umfangreichen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln berücksichtigt werden und "da würde die Bio-Möhre jubeln". Bedenklich findet sie auch die große Zahl von "konfektionierten Lebensmitteln", die die Nahrungsmittelindustrie in den vergangenen Jahrzehnten entwickelt hat. Ein besonders gutes Beispiel dafür sei die Milch:
"Die Milchwirtschaft hat die Milch so standardisiert, dass wir ihren Geschmack als echtes Lebensmittel - also die frische rohe Milch - kaum noch wahrnehmen. Jemand der ein Leben lang H-Milch getrunken hat, wird beim ersten Schluck einer Rohmilch oder einer Vorzugsmilch (…) ausspucken und umgekehrt auch."
In der gegenwärtigen Krise der Milchwirtschaft fordert Slow Food deshalb unter anderem den Ausbau des Direktverkaufes von echter Bauernmilch an den Verbraucher. Das könne beispielsweise wie in Italien und Slowenien schon üblich durch Milchautomaten geschehen, denn dann ginge der Euro direkt an den Bauern.