Plagiatsvorwürfe? Nicht schon wieder!
Nein, eigentlich will Frank Capellan nichts mehr hören von Politikern, die über Doktorarbeiten stolpern. Und doch müssen die Vorwürfe gegen die stets korrekt daherkommende Verteidigungsministerin ernst genommen werden, kommentiert er. Leider.
Nicht schon wieder! Nicht schon wieder ein Politiker, der über eine vor vielen Jahren verfasste Doktorarbeit stolpert. Wollen wir es noch hören? Eigentlich nicht! Allerdings lässt der Name Ursula von der Leyen aufhorchen.
Ausgerechnet die Verteidigungsministerin, die doch immer so perfekt und korrekt daherkommt, die sich im Kabinett Merkel unter Kontrolle hat wie niemand anderes, ausgerechnet sie soll beim Schreiben ihrer Doktorarbeit geschummelt und geschludert haben? Sogar schlimmer noch als es Annette Schawan getan hat - wie es der Berliner Juraprofessor Gerhard Dannemann heute gegenüber unserem Sender noch einmal bestätigt hat?
Eines scheint jetzt schon klar: Diese Affäre wird am Image der scheinbar makellosen Vorzeige-Politikerin kratzen, selbst dann, wenn sich die Vorwürfe als nicht so schwerwiegend erweisen sollten, dass sie ihren Doktortitel abgeben muss. Richtig ist, dass den Anschuldigungen, in ihrer Dissertation von 1990 nicht korrekt zitiert zu haben, nachgegangen wird.
Natürlich sollte uns alle viel mehr interessieren, wie wir mit den Herausforderungen der Zuwanderung klarkommen. Das darf aber nicht bedeuten, dass wir uns mit den Plagiatsvorwürfen erst gar nicht mehr zu beschäftigen haben, wie es CDU-Vize Thomas Strobl suggeriert. Er möchte seiner Partei, die derzeit wahrlich andere Probleme hat, ganz offensichtlich eine unangenehme Diskussion ersparen. Zudem ist Ursula von der Leyen neben Julia Klöckner aus Rheinland-Pfalz derzeit die einzige Kandidatin, die als Nachfolgerin von Angela Merkel infrage käme.
Wird ihr die große Popularität helfen?
Zwar ist sie in den eigenen Reihen nicht sonderlich beliebt, manche Christdemokraten mögen sich heute schon die Hände reiben – in der Bevölkerung aber genießt die Ministerin große Popularität. Das könnte ihr am Ende vielleicht sogar den Verbleib im Amt sichern.
Schon wird vorsorglich argumentiert, an eine Bildungsministerin – an Annette Schavan – seien höhere Maßstäbe anzulegen als an die Verteidigungsministerin, da könne ja vielleicht ein Auge zugedrückt werden. Auch wird der schlechte Ruf des Doktors der Medizin ins Feld geführt, auf Arbeiten verwiesen, die sich wegen der geringen Anforderungen mal eben in wenigen Monaten dahin schreiben lassen und eigentlich ja keine echten Dissertationen seien. Das aber darf alles nicht zählen.
Es darf nicht mit zweierlei Maß gemessen werden! Immerhin steht von der Leyen auch den Bundeswehr-Hochschulen vor. Doktorarbeit ist Doktorarbeit, und falsch zitiert bleibt falsch zitiert oder abgeschrieben, unabhängig davon, wer es gemacht hat. Die Ministerin kann jetzt nur auf die unabhängige Kommission der Medizinischen Hochschule Hannover hoffen, darauf, dass die Plagiatsvorwürfe entkräftet werden so wie bei Außenminister Frank-Walter Steinmeier oder Bundestagspräsident Norbert Lammert.
Muss sie ihren Titel abgeben, wird es eng für sie, nicht zuletzt, weil sie mit sich selbst immer besonders streng gewesen ist. Wir müssen uns also wohl oder übel mit Plagiatsvorwürfen beschäftigen – leider doch schon wieder!